"Kampls Haltung wird abgewählt"

"Kampls Haltung wird abgewählt"
Politologin Stainer-Hämmerle über die Dreierkoalition und die Gemeinderatswahl 2015.

Die 45-jährige Politologin und Professorin für Politikwissenschaft an der Fachhochschule Kärnten, Kathrin Stainer-Hämmerle, äußert sich im KURIER-Interview zur brandheißen Asylfrage, zur Performance der Kärntner Dreierkoalition, zur "Causa Kampl" sowie zur Gemeinderatswahl 2015.

KURIER: Die Asylfrage scheint die Hypo als bundesweit brisantestes Thema abgelöst zu haben. Sehen Sie das ebenso und wie interpretieren Sie den Druck, den der Bund auf die Länder ausübt? Diese sprechen vom "Drüberfahren".

Kathrin Stainer-Hämmerle: Die Asylfrage steht inzwischen europaweit ganz oben auf der Agenda, da die zahlreichen Krisenherde befürchten lassen, dass sich der Zustrom von Schutzbedürftigen auch mittelfristig eher vergrößert und das Problem der Unterbringung damit ebenfalls. Da jeden Tag inzwischen Dutzende von Menschen aufgegriffen werden, braucht es dazu gemeinsame Anstrengungen. Gemeinden und Länder handeln aber meist nach dem Floriani-Prinzip, das heißt: "Verschone meine Gemeinde, zünde andere an." Wenn Freiwilligkeit nicht zum erwünschten Erfolg führt, bleibt nur die Verpflichtung von Seiten des Ministeriums.

Wie sehen Sie die Rolle von Peter Kaiser, der als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, Landeshauptmann und Gastgeber der Flüchtlingskonferenz in Pörtschach auf vielen Hochzeiten tanzt?

Kaiser hat Kärnten mit leeren Kassen übernommen und damit ein schweres politisches Erbe angetreten. Der Beginn seiner Amtszeit war geprägt von Reaktionen rund um die Entscheidungen zur Hypo-Bank. Somit bietet der Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz eine wichtige Bühne, aus der passiven, verteidigenden Rolle für Kärnten herauszukommen. Vielleicht reicht ihm aber die Zeit, um neben dem Asylthema noch andere Akzente zu setzen.

Wie interpretieren Sie die Kärntner Dreierkoalition (SPÖ, ÖVP, Grüne, Anm.), die zwar nicht immer einer Meinung ist, aber nach außen hin Einigkeit demonstriert?

Der Wechsel an der ÖVP-Spitze hat etwas Unruhe gebracht, doch der Wille zum gemeinsamen Regieren scheint ideologische Gräben noch zu überwinden. Das politische Experiment einer Dreierkoalition, die erste in Österreich, hat zunächst die Gegnerschaft zur FPÖ geeint. Das wird nicht ausreichen für eine gesamte Regierungsperiode. Aber durch den Umstand, dass die SPÖ jeweils mit Grünen oder ÖVP allein auch eine knappe Mehrheit findet, ist der Verhandlungsspielraum dann doch wieder größer.

Können Themen wie der Mölltaler Gletscher (Investor plant Hotelprojekt und Skipiste soll durch Naturschtzgebiet gehen, Anm.) in der Koalition Probleme machen?

Auch bei Budget, Pflege oder Kinderbetreuung sind sich die Parteien nicht einig, und vielleicht wird es ja irgendwann einen Anlass geben, dass die Dreierkoalition platzt. Da aber außer der SPÖ keine Partei einzeln Neuwahlen erzwingen kann, werden sich sowohl Grüne als auch ÖVP einen Ausstieg gut überlegen.

Kärnten versucht, den Spagat zwischen Sparen und Investieren zu schaffen. Was sehen Sie als größte Zukunftsaufgabe der Regierung?

Arbeitsplätze schaffen, Bildungschancen sichern, den Kärntner Wirtschaftsstandort stärken und soziale Gerechtigkeit erhöhen sind für alle Parteien Ziele, aber die Wege dorthin unterscheiden sich. Dazu braucht es Gesetze und Investitionen sowie eine Image- und gesellschaftliche Klimapflege. Das sind die Stellschrauben, an denen Politik drehen kann.

Am 1. März 2015 finden in Kärnten Gemeinderatswahlen statt. Klagenfurt hat mit Otto Umlauft (VP) und Frank Frey (Grüne) zwei neue Bürgermeisterkandidaten. Sind dadurch die Karten neu gemischt? Wie groß sind die Chancen, dass FP-Chef Christian Scheider im Amt bleibt?

Für Scheider ist die FPÖ der größte Klotz am Bein und falls es sogar zu einer Gegenkandidatur aus den eigenen Reihen kommt, tendiert seine Wiederwahlchance gegen Null. Wie die neuen Kandidaten Frey und Umlauft sich positionieren und angenommen werden, entscheidet sich erst im Wahlkampf. Chancen sind aber wegen des eigentlich nicht vorhandenen Bürgermeisterbonus gegeben, für Otto Umlauft als richtiger Quereinsteiger mit höherem Bekanntsheitsgrad vielleicht noch mehr. Entscheidend wird aber sein, wie sehr sich die Parteien hinter ihren Kandidaten einen. Hier dürfte der größte Vorteil bei der SP liegen.

Ist das Abhalten von Betriebsversammlungen ein legitimes Mittel im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen, wenn es sich bei den "Streikenden" um Ärzte handelt (wie am Donnerstag bei den Landesspitälern)?

Streiken ist in Österreich ein Grundrecht, egal um welche Berufsgruppe es sich handelt. Allerdings kann mit einem Streik politisch nur dann erreicht werden, wenn es zu einer Solidarisierung innerhalb der Gruppe aber auch zur Solidarisierung mit der Bevölkerung kommt. Das heißt, die Mehrheit in der Bevölkerung muss Verständnis für die Anliegen der Streikenden haben. Ob das den Ärzten gelingt, ist fraglich.

Siegfried Kampls NS-Aussagen haben nicht das erste Mal für Aufsehen gesorgt. Wie interpretieren Sie diese? Wie die Tatsache, dass er im Amt bleiben bzw. wiederkandidieren wird?

Kampl hat als Bürgermeister eine Vorbildfunktion. Er sollte sich also gut überlegen, welche Meinung er in der Öffentlichkeit vertritt, auch wenn diese privat ist. Eine Verharmlosung des Nationalsozialismus darf auch heute in Österreich in keiner Weise geduldet werden. Bei seiner Wiederkandidatur werden die Wähler eine derartige Haltung entsprechend deutlich abwählen. Soviel Vertrauen habe ich in die Demokratie.

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