Politiker nimmt 40 Flüchtlinge auf

Seit März arbeiten fünf Flüchtlinge ehrenamtlich im Altenheim in Gols. Wo derzeit noch der Schutt eines abgerissenen Hauses beseitigt werden muss, soll ein Garten entstehen
Während der Bund neue Zelte aufstellt, wächst das Angebot Privater – und der Widerstand der Lokalpolitik.

Er wartete nicht darauf, dass andere handeln, sondern zeigte Privatinitiative. Im Nationalrat kündigte Neos-Abgeordneter und Hotelier Sepp Schellhorn am Mittwoch an, 40 Flüchtlingen ein Dach über den Kopf geben zu wollen. 24 Stunden später war die Unterkunft fertig für den Einzug. "In Bad Gastein habe ich vor einem halben Jahr ein ehemaliges Zwei-Sterne-Hotel gekauft, das derzeit leer steht. Die Betten sind gemacht", schildert Schellhorn. Fehlen nur mehr die Flüchtlinge. "Wenn Menschen bei drei Grad und Dauerregen in Zelten hausen müssen, ist das einfach unmenschlich", sagt der Neos-Abgeordnete.

Wenn es um Flüchtlinge geht, scheint Helfen aber gar nicht leicht zu sein: Kaum meldete Schellhorn sein Angebot bei der grünen Salzburger Landesrätin Martina Berthold, regte sich der erste Widerstand in Bad Gastein. Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP) kündigt in einem scharfen Brief an, alle Mitteln einzusetzen, damit Schellhorn die 40 Flüchtlinge nicht im Skiort einquartieren kann (den Brief finden Sie hier).

Haus für 40 Flüchtlinge

Politiker nimmt 40 Flüchtlinge auf
Sepp Schellhorn, NEOS-Politiker
Denn in dem 4500-Einwohner-Ort sind bereits jetzt 60 Asylwerber untergebracht, also 1,43 Prozent der Wohnbevölkerung. Kommen nun bei Schellhorn noch weitere 40 Flüchtlinge hinzu, "würde sich dieser Anteil auf 2,38 Prozent erhöhen". Das ist für den schwarzen Bad Gasteiner Bürgermeister einfach inakzeptabel. "Ich verstehe dieses Vorgehen nicht. Das sind ja keine Wilden, sondern schwer traumatisierte Menschen", so Schellhorn. Der Mandatar und Gastronom hofft auch auf Nachahmer in seiner Branche: "Wir Hoteliers sollten zeigen, dass wir nicht nur Gäste aus dem Ausland mit viel Geld wollen."

Eine Initiative gibt es auch im nö. Waldviertel: "Da haben bis vorigen November noch 100 Senioren gelebt", erklärt Geschäftsführer Florian Pressl und zeigt auf das "alte" Stephansheim in Horn. Jetzt steht das große Gebäude leer, weil der Eigentümer, das Institut "Haus der Barmherzigkeit" übersiedelt ist.

Das alte Seniorenheim bietet die Stadt Horn gemeinsam mit dem Eigentümer dem Bund für die Unterbringung von 100 Asylwerbern an. Bei einem Lokalaugenschein präsentierten Pressl und die Horner Vizebürgermeisterin Gerda Erdner dem KURIER das Innere des Gebäudes. "Natürlich gibt es ein paar Dinge zu reparieren, vielleicht gehören auch neue Matratzen in die Betten. Die Zimmer sind aber gut nutzbar, es gibt überall behindertengerechte Badezimmer", sagt Pressl. "Außerdem Aufenthaltsräume für soziale Kontakte. Es geht darum, dass die Menschen gut betreut werden", meint Erdner.

Ehrenamtlich

Politiker nimmt 40 Flüchtlinge auf
Altes Stephansheim Horn Geschäftsführer Florian Pressl
Wie gut sich Asylwerber in einer Gemeinde integrieren können, zeigt ein Beispiel der Gemeinde Gols im Bezirk Neusiedl am See: "Es ist für alle ein Gewinn. Für die Flüchtlinge, weil sie nicht untätig herumsitzen und für das Altenheim, weil es viele fleißige Hände mehr gibt, die anpacken", sagt Christian Göltl, Leiter des Diakonie-Altenheims Gols.

Seit März bietet er fünf Asylwerbern aus Syrien, die in Gols leben, die Möglichkeit, im Altenheim ehrenamtlich mitzuarbeiten. "Obwohl einige anfangs kein Wort Deutsch gesprochen haben, hat die Zusammenarbeit gleich geklappt", erklärt Göltl.

Seither haben Omar, Wisam, Ahmad, Atheer und Atiqullah einen geregelten Tagesablauf mit Zielen vor Augen: "Wir wollen einen Garten für die Bewohner errichten. Dafür muss erst ein Haus abgerissen und der Schutt beseitigt werden", erzählt der Heimleiter. Außerdem haben sie täglich eine Stunde Deutschunterricht. "Die Sprache ist das Um und Auf, obwohl sie sich mit den Heimbewohnern auch ohne Reden gut verstehen. Die Sympathie ist ausschlaggebend und wie man auf die Menschen zugeht", meint Göltl.

Den jungen Männern gefällt die Arbeit, sie sind mit Eifer dabei. Abgelenkt werden sie nur einmal am Tag, wenn der Briefträger kommt. "Wir warten jeden Tag auf einen positiven Asylbescheid."

Bis zu 15 Plätze könnten die SOS Kinderdörfer spontan für die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Zumindest vier Plätze wurden der Steiermark angeboten, fünf dem Burgenland und zumindest drei Kärnten. Nur: Zu- oder Absage gab es aus den Ländern bislang keine: "Die Bürokratie lähmt uns, aber bei den Kindern müssen wir jetzt einmal angasen", sagt Susanne Maurer, Geschäftsleiterin des SOS-Kinderdorf in der Region Süd. Das Angebot habe sie am Freitag der Vorwoche den drei Ländern unterbreitet. Auf ihr Schreiben reagiert habe bisher nur Kärnten, aber auch nur mit einer kurzen Nachfrage – geschehen sei auch dort nichts. Aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) heißt es, dass die Plätze für Flüchtlingskinder bis Ende des Jahres auf 90 aufgestockt werden.

In der Steiermark bestätigt man den Erhalt des Schreibens, bisher habe man aber "keine Zeit gehabt", darauf zu reagieren. "Wir überprüfen derzeit 1000 Plätze. Um das Angebot der Kinderdörfer kümmern wir uns umgehend", sagt Heinrich Fischer, Sprecher der Sozialabteilung.

Im Burgenland sei bisher keine offizielle Anfrage eingegangen: "Hätten wir die, würden wir natürlich zusagen", sagt der Sprecher von Landesrat Peter Rezar (SPÖ).

Im Nieselregen haben Polizisten und Rotkreuzmitarbeiter am Freitagnachmittag zwölf neue Flüchtlingszelte auf dem Linzer Polizeisportplatz aufgebaut. Insgesamt gibt es in Linz nun 24 Notunterkünfte für bis zu 192 Asylwerber. Auch in Salzburg wurden bei der Landespolizeidirektion zwölf neue Zelte samt Container-Duschen errichtet.

"Wir haben nun die doppelte Kapazität zu bewältigen, daher waren zusätzliche Sanitäranlagen notwendig", informiert Polizeisprecherin Eva Wenzl. Nach Linzer Vorbild wurden Holzstege auf den viel genutzten Gehwegen zwischen den Zelten verlegt, um ein Schlamm-Chaos zu verhindern. "Es regnet weiter, aber die Lage ist derzeit entspannt", sagt Wenzl.

Wie in Linz werden die meisten der Acht-Mann-Zelte bis auf weiteres leer stehen: Derzeit sind nur 15 bzw. zwölf (Linz) Asylwerber auf dem Polizeisportplatz untergebracht, weitere 31 bzw. 38 schlafen in Turnsälen. "Der nächste Ansturm kommt aber bestimmt", glaubt man bei der Polizei.

Zwischen Innenministerium und Land Oberösterreich haben sich die Wogen inzwischen etwas geglättet. Soziallandesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) wandelte die vom Bund zunächst abgelehnten Ersatzunterkünfte in Landesnotquartiere um. 34 Personen aus den Zeltstädten wurden bis Freitag übernommen. Insgesamt kamen im Europacamp der SJ am Attersee 30 Personen unter, auch im Gemeindezentrum von Frankenburg sollen 40 Flüchtlinge aufgenommen werden. Dafür gab es Lob von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

In Salzburg will Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) die Flüchtlinge möglichst rasch in regulären Unterkünften unterbringen. Eine Vermischung der Asylfrage und die Zukunft der Struckerkaserne in Tamsweg sei aber kontraproduktiv. Wie berichtet, hatte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) die Lungauer Kaserne auf Ersuchen der Innenministerin als mögliche Notunterkunft für die Flüchtlinge vorgeschlagen. "Die Kaserne soll weiter militärisch genutzt werden", sagt Haslauer.

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