Wie Mitterlehner die ÖVP auf Disziplin umpolt

Schwarze Hälfte der „Viererbande“: Mitterlehner (li.) und Schelling
Mitterlehner und Spindelegger unterscheidet nicht nur die VP-interne Herkunft.

Am 26. August hatte Michael Spindelegger Polit-Freund und -Feind überrascht – mit dem Abgang als Vizekanzler, Finanzminister und ÖVP-Chef. Mit innerparteilicher Kritik an seinem Wirken begründete er ihn. Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner folgte ihm als Werner Faymanns Regierungsvize und Vormann der Christlichsozialen nach. Die beiden unterscheidet nicht nur die VP-interne Herkunft (Spindelegger ist ÖAABler, Mitterlehner Wirtschaftsbündler); sie haben auch einen unterschiedlichen Arbeits- und Umgangsstil.

Spindelegger hatte sich immer mehr abgekapselt, nur ein paar Leute – darunter sein Kabinettschef Thomas Schmid und der damalige Finanzstaatssekretär Jochen Danninger – ließ er an sich heran. Nicht kommuniziert habe Spindelegger, sagen ÖVPler. Selbst seine Minister hätten vieles "aus der Zeitung erfahren". Die Folge: Der eine oder andere Ressortchef tat, von Journalisten befragt, die eigene Meinung kund – die jene Spindeleggers mitunter konterkarierte. Die ÖVP erschien als unkoordinierter Haufen.

Auch Mitterlehner nervte das. Er wollte es anders, besser machen. Die ersten Weichen sind gestellt. In Sitzungen mit den ÖVP-Ministerkollegen dekretiert der neue Chef: "Ab jetzt wird an einem Strang gezogen." Zu ressortfremden Themen sei unabgesprochen nicht mehr öffentlich zu gackern (das hatte etwa Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter getan. Stichwort: Adoptionsrecht für Homosexuelle). Mit Flegeleien gegen den Koalitionspartner – bevorzugt von Parteisekretären – müsse Schluss sein. "Es reicht nicht, in Bildern zu signalisieren, dass es einen neuen Stil gibt. Das muss für die Bürger spürbar sein", sagt Mitterlehner dem KURIER. Was wird in schwarzen Ministerbüros verspürt? Disziplinierter gehe es zu, "die Zügel werden fester angezogen". Und Zeit wird nicht vergeudet. Er sei "ein Fan von Pünktlichkeit", sagt Mitterlehner: "Sitzungen beginnen punktgenau." Auch mit den Länder- und Bündeobleuten wird er regelmäßig sitzen – um sie stärker einzubinden. Alle sechs Wochen gibt es in Wien ein Stelldichein. Das erste demnächst: "Wir koordinieren uns. In informeller Atmosphäre werden Themen dargelegt." Wie weiland unter ÖVP-Vormann Wolfgang Schüssel.Koalitionsintern hat sich ebenfalls etwas geändert. Faymann und Spindelegger trafen einander ein Mal pro Woche – zum Polit-Frühstück vor dem Dienstagsministerrat. "Da war der Zeitdruck immer groß", sagt Mitterlehner. Nun gibt es eine "Viererbande", die jeweils freitags in Faymanns Büro tagt, zumindest eine Stunde: "Eine steuernde Rolle" hätten ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling, SPÖ-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, der Kanzler und er, sagt Mitterlehner. "Das ist für den Ablauf besser."

Noch läuft es. Frostige Stimmung habe es bis dato im Ministerrat nicht gegeben, heißt es in der SPÖ. In beiden Parteien wird gelobt, solche auch künftig nicht aufkommen zu lassen.

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