SP-Parteitag: "Für Faymann geht es ums nackte Überleben"

Im Stimmungstief: Werner Faymann muss ein noch schlechteres Ergebnis als vor zwei Jahren auf dem Parteitag (83 Prozent) fürchten
Die Gründe für die Unzufriedenheit in der SPÖ.

Kaum ein Parteitag der SPÖ hat im Vorfeld für so viel Spannung gesorgt wie dieser. Die Stimmung in der Partei ist im Keller, und der Ärger fokussiert sich auf jenen Mann, der sich auf dem Parteitag am 28./29. November seiner Wiederwahl stellen muss: Werner Faymann.

"Wäre morgen der Parteitag, würde Faymann nur 60 Prozent bekommen", befindet ein Basis-kundiger Funktionär. Die Gründe für die Unzufriedenheit lassen sich so zusammenfassen:

-Partei Faymann habe in seiner Zeit als SPÖ-Chef die Parteizentrale abgewirtschaftet und ausgeräumt. "Die Löwelstraße ist nur noch ein schwarzes Loch", konstatieren entsetzte Funktionäre.

- Regierungsarbeit Aus Sicht der SPÖ erhebt sich die Frage, wozu sie den Kanzler stellt, wenn das Ergebnis eine Rekordsteuerlast für Arbeitnehmer ist. Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian sprach es kürzlich im Standard offen aus: "Es stellt sich die Sinnfrage der Koalition." Mächtige Gruppen innerhalb der SPÖ, Gewerkschafter und Pensionisten, lassen sich mit der üblichen Ausrede auf die bockige ÖVP nicht mehr abspeisen.

-Perspektive In der SPÖ schwindet das Zutrauen, mit Faymann an der Spitze noch siegen zu können. Realisten in der SPÖ gehen davon aus, dass die ÖVP mit dem unbestrittenen Talent Sebastian Kurz in die nächste Wahl gehen wird. Die SPÖ würde daneben verblassen, statt einer Trend-Koalition Rot-Grün-Neos hieße es: Ab in die Opposition. Immer häufiger wird daher ÖBB-Generaldirektor Christian Kern als Retter aus der Not genannt.

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Faymann sei sich seiner prekären Lage bewusst, wollen Eingeweihte wissen. "Für ihn geht es ums nackte Überleben", sagt ein Funktionär. Als Beleg für die kolportierte Nervosität des Kanzlers werden diverse Aktivitäten aufgelistet, mit denen Faymann die Stimmung zu seinen Gunsten drehen wolle. In der SPÖ-Steiermark etwa weiß man von einem Abendessen Faymanns mit Landeshauptmann Franz Voves zu berichten. Dabei soll es auch darum gegangen sein, die Steirer milde zu stimmen.

In Kärnten wiederum erwarb sich Faymann die Dankbarkeit von Landeshauptmann Peter Kaiser, indem er Kärnten vor finanziellen Demütigungen in der Hypo-Causa rettete.

In der Wiener SPÖ ist Faymanns Rückhalt größer als gemeinhin angenommen. "Im rein theoretischen Fall, dass morgen ein neuer Bürgermeister zu küren wäre, hätte Faymanns Vertraute Doris Bures reale Chancen, das Match gegen Michael Ludwig zu gewinnen", sagen Intimkenner der SPÖ-Wien. Bures gilt auch als mögliche Stadtchefin, falls die SPÖ-Wien 2015 die Wahl verliert.

Die SPÖ-Oberösterreich umwirbt Faymann, indem er deren langjährigen Parteisekretär, Christian Horner, zu sich ins Kanzler-Kabinett holte. Aus glaubwürdiger Quelle ist zu hören, dass Faymann Horner sogar zum Bundesgeschäftsführer befördern wolle (Horner dementiert). Jedenfalls kursiert das Ondit, Faymann wolle noch vor dem Parteitag Norbert Darabos in der Bundesgeschäftsstelle ablösen, um Kritik am desaströsen Zustand der Partei abzufangen.

"Ein Bauernopfer in der Partei wird das Kraut nicht fett machen", glaubt jedoch ein Basis-Kenner. "Faymann muss einen Erfolg bei der Steuersenkung bringen, sonst bekommt er ein schlechtes Wahlergebnis und muss abtreten." Faymann sieht das anders: "Gewählt ist man mit 50 Prozent plus einer Stimme", sagte er unlängst im KURIER.

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