Endspurt in der Regierungsarbeit

Faymann und Spindelegger gehen nicht auf Urlaub. Arbeit bis Juli, dann nur noch Wahlkampf.

Am Freitag trudelte ein hochrangiger Termin am Ballhausplatz ein. Die deutsche Regierungschefin Angela Merkel lädt ihren österreichischen Amtskollegen Werner Faymann zu einer Konferenz gegen Jugendarbeitslosigkeit nach Berlin. Das Treffen wird am 3. Juli stattfinden.

Merkel hat sich entschlossen, die ursprünglich als Konferenz der Arbeitsminister der 28 EU-Staaten konzipierte Tagung auf die Ebene der Regierungschefs zu heben. Faymann wird in Begleitung von Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer nach Berlin reisen.

Faymann und Hundstorfer sind gefragte Referenten, die Jugendarbeitslosigkeit ist in Österreich, gemeinsam mit Deutschland, auch nach der jüngsten von Eurostat publizierten Statistik die niedrigste in der EU. Während hierzulande acht von hundert Jugendlichen keinen Job haben, sind es im EU-Durchschnitt 24 von hundert. In 19 der 28 EU-Staaten gibt es krisengeplagte Regionen, in denen mehr als jeder zweite Jugendliche arbeitslos ist. Die EU hat vorerst sechs Milliarden Euro für Jugendbeschäftigung bereit gestellt, Merkel will diese Summe in zwei statt der geplanten sechs Jahre ausgeben. Faymann will noch mehr tun: „Die sechs Milliarden sollten eigentlich das Budget pro Jahr sein.“

Endspurt in der Regierungsarbeit
Inner-koalitionär sollen in den kommenden Wochen noch zwei heiße Eisen geschmiedet werden. Faymann wünscht den Abschluss eines neuen Lehrerdienstrechts. VizekanzlerMichael Spindelegger(Bild) will die direkte Demokratie ausbauen. Das Lehrerdienstrecht scheitert bisher vorwiegend an der ÖVP, die direkte Demokratie hauptsächlich an der SPÖ. Nun nennt SPÖ-KlubchefJosef Caperstmals Bedingungen, unter denen sich die SPÖ ein Plebiszit (Volksbefragung) als Folge eines erfolgreichen Volksbegehrens vorstellen kann. Das Ganze riecht nach politischem Abtausch mit zwei Möglichkeiten: Entweder es kommt beides oder gar nichts.

Der Endspurt in der Regierungsarbeit dauert bis in die erste Juliwoche, wenn die letzte reguläre Parlamentssitzung stattfindet. Danach wollen sich Faymann und Spindelegger tageweise zum Ausspannen zurück ziehen. Urlaub haben beide nicht gebucht.

Faymanns Familie fährt jeweils eine Woche nach Venedig und eine nach Salzburg, der Kanzler will zeitweise nachkommen. „Ich hoffe, sie haben ein Dreibettzimmer gebucht, sonst muss ich auf dem Balkon übernachten“, scherzt der Regierungschef.

Spindeleggers Familie fährt wie üblich ins Salzkammergut zum Mondsee, der Vizekanzler wird sich tageweise dazugesellen. Spindelegger geht im August auf Bundesländer-Tour, für Faymann beginnt der Intensivwahlkampf mit dem Bundesparteirat der SPÖ Anfang August. Faymanns Österreich-Tournee läuft bereits und wird Anfang Juli mit einem Event in Wien abgeschlossen.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig hat im Juli zwei Wochen Urlaub am heimatlichen Millstätter See eingeplant, FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache hat noch gar nichts gebucht.

Das Team Stronach wartet noch auf die Entscheidung des Milliardärs, ob er selbst Spitzenkandidat wird. TS-Klubchef Robert Lugar: „Wir gehen derzeit davon aus, dass Frank Stronach selbst antritt. Und wenn er es macht, wird er sich voll im Wahlkampf engagieren und auch sämtliche TV-Konfrontationen bestreiten.“

Die letzten Wochen des Wahlkampfs werden diesmal hauptsächlich im Fernsehen stattfinden. Ab 29. August gibt es wöchentlich vier Zweier-Konfrontationen, der ORF hält trotz Kritik an den 15 Polit-Talks fest. Einzige Planungsänderung: Am Dienstag, den 10. September, regiert der Fußball – da spielt Österreich gegen Irland in der WM-Qualifikation. Die Politik muss auf Montag, den 9. September ausweichen. Für 24. September ist das Kanzler-Duell Faymann gegen Spindelegger geplant, für 26. September die Elefantenrunde mit den sechs Spitzenkandidaten.

Am 29. September wählt Österreich, am 22. September Deutschland. Merkels CDU/CSU liegt nach aktuellen Umfragen bei 40 bis 42 Prozent, das ist ein Anstieg um rund sieben Prozentpunkte seit der letzten Bundestagswahl im September 2009. Von solchen Umfragewerten können Merkels österreichischer Amtskollege Faymann und Merkels österreichischer Parteikollege Spindelegger nur träumen: Sie liegen beide unter 30 Prozent.

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