Kärnten: Poker um Millionen-Kredit geht weiter

Finanzminister Schelling wehrt ab: Die Finanzmarktaufsicht, nicht er, sei nun Herrin des Hypo-Verfahrens.
Wie es mit den Hypo-Anleihen weitergehe, sei Sache der FMA, sagt Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Kärntens Finanzlandesrätin Gabriele Schaunig (SPÖ) und Rechtsreferent Christian Ragger (FPÖ) verhandeln heute im Finanzministerium in Wien über die Bedingungen für einen prinzipiell bereits zugesagten Notkredit des Bundes. Harte Verhandlungen stehen an, denn Kärnten will nicht unter Kuratel des Bundes gestellt werden.

Außerdem ist das Problem der Kärntner Landeshaftungen für die Altschulden der früheren Hypo Alpe-Adria nach wie vor ungelöst. Die heiße Kartoffel wird zwischen Bund und Land hin und her gereicht.

Konkret geht es heute um jene 343 Millionen Euro, die das südliche Bundesland in diesem Jahr benötigt. Markanter Unterschied zur ersten Verhandlungsrunde: Am vergangenen Donnerstag kam die Kärntner Landesregierung geschlossen nach Wien und traf im Bundeskanzleramt auf Kanzler, Vizekanzler und Finanzminister.

Heute wird hingegen auf Beamtenebene verhandelt – wenn auch mit den Sparauflagen von Finanzminister Hans Jörg Schelling quasi im Hinterkopf seiner Beamten und der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA).

Nicht kreditwürdig

Die Materie ist relativ komplex: Kärnten kann sich seit der Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit infolge des Zahlungsstopp des Bundes bei der Hypo-Abwicklungsgesellschaft HETA kein Geld mehr auf dem Finanzmarkt besorgen. Kärnten ist deshalb von einer Finanzierung durch den Bund abhängig.

Hintergrund sind die Landeshaftungen: Da Kärnten noch immer für die Anleihen der früheren Hypo Alpe-Adria im Volumen von rund elf Milliarden Euro gerade steht – und damit das Damoklesschwert einer Insolvenz über dem Bundesland schwebt – bekommt es auf dem internationalen Finanzmarkt kein Geld mehr.

Unter welchen Bedingungen die OeBFA Kärnten den Notkredit gewährt, ist nun Verhandlungsgegenstand in Wien. Die Landeshaftungen sollen heute kein Thema sein.

Hierzu hat Schelling am Wochenende noch einmal klargestellt, dass nicht mehr das Finanzministerium sondern die weisungsfreie Finanzmarktaufsicht (FMA) Herrin des Verfahrens sei.

Schelling: "Was alle übersehen ist, wir (der Bund, Anm.) haben gar keinen Handlungsspielraum." Die Entscheidung, wie es mit den Hypo-Anleihen weitergehe, "hat allein die FMA" zu treffen. Dort wird wie berichtet ein Schuldenschnitt für diese Anleihen vorbereitet. Die Strategie des Finanzministeriums ist es dennoch, dass Kärnten – vorfinanziert durch den Bund – die Anleihen auf dem Markt günstig zurückkauft und so den kommenden Schuldenschnitt vorwegnimmt beziehungsweise das eigene Haftungs- und Klagsrisiko möglichst minimiert. Der Bund kann das selbst nicht mehr tun, hat er ja Anfang März einen Zahlungsstopp über die Hypo-Nachfolgegesellschaft HETA verhängt.

Um die Anleihegläubiger zu einem solchen Schritt zu bewegen, muss aber als "Drohkulisse und Druckmittel", wie ein Insider sagt, das Insolvenzszenario für Kärnten aufrecht erhalten werden.

Fast 80 Milliarden Euro an Steuereinnahmen werden in Österreich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt. Wer in welchem Ausmaß profitiert, und wer durch die Steuerreform wie viel verliert, klärt der Finanzausgleich und der wird jetzt nach fast zehn Jahren erneuert – für den Zeitraum ab 2017.

Gestartet wird der Verhandlungsprozess Montagnachmittag im Finanzministerium, wohin Hausherr Hans Jörg Schelling (ÖVP) die Landesfinanzreferenten sowie Vertreter von Städten und Gemeinden bittet. Gabriele Schaunig aus Kärnten ist bereits zuvor im Ministerium, geht es doch am späten Vormittag um die Verhandlungen zum dringend benötigten Millionenkredit durch den Bund (siehe oben).

Schelling will eine grundlegende Reform des Finanzausgleichs schaffen. Die Gelder sollen verstärkt nach den zu erfüllenden Aufgaben verteilt werden. Das würde eine Verwaltungs- bzw. Föderalismusreform voraussetzen.

Die Themenpalette reicht dabei von der Pflegefinanzierung, über den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und die Landeslehrer bis hin zur Spitalsfinanzierung. Dazu kommt die Wohnbau-Förderung, die nach Geschmack des Bundes – wie früher – wieder zweckgewidmet werden soll. Auch eine Steuerautonomie für die Länder wird diskutiert.

Die gute Nachricht vorweg: Kärnten wird nicht fallen gelassen und in die Pleite geschickt. Dieses Szenario dient nur als Druckmittel gegenüber den Gläubigern der alten Hypo-Anleihen. Die Logik dahinter ist simpel: Wenn diese Gläubiger – das sind vor allem deutsche Großbanken – davon ausgehen müssen, dass Kärnten demnächst zahlungsunfähig sein könnte, verkaufen sie jetzt umso eher ihre Anleihen günstig zurück. Und Kärnten kommt – wenn alles gut geht – relativ elegant aus seiner Haftungsfalle. So weit, so schlau.

Die schlechte Nachricht ist: Der Bund, vertreten durch Finanzminister Schelling, putzt sich gewissermaßen ab und will das Klagenfurt alleine ausfechten lassen. Auch die bisher mit dem roten Kärnten solidarische Bundes-SPÖ schaut zu und hüllt sich in auffälliges Schweigen.

Rein formal hat der Bund ja recht. Nach dem von ihm verhängten Zahlungsstopp gehen Schelling die alten Hypo-Anleihen – elf Milliarden Euro – de facto nichts mehr an. Politisch ist das zu kurz gedacht. Kärnten braucht jede erdenkliche Hilfe, denn das Bundesland dürfte bei Verhandlungen mit den Großkalibern der internationalen Finanzmarktszene einigermaßen überfordert sein. Und scheitert Kärnten, zahlt am Ende wieder der Steuerzahler, vor den sich Schelling so gerne schützend stellt.

All das wird im Hintergrund auch über den heute startenden Finanzausgleichsverhandlungen schweben. Schelling wird viel Fingerspitzengefühl beweisen müssen. Fast alle Bundesländer leiden über ihre Landes-Hypos unter dem Zahlungsstopp bei der Hypo-Nachfolgegesellschaft HETA. Verbünden sich die mächtigen Landeschefs aber gegen den Finanzminister, kann es rasch vorbei sein mit Schellings Höhenflug.

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