Pilz: "Neuer Innenminister ein spekulierender Musiklehrer"

Künftiger Innenminister Wolfgang Sobotka
Sobotkas Spuren würden in Off-Shore-Gebiete wie Kanalinseln oder Cayman-Islands führen.

Heftige Kritik an der ÖVP-Personalrochade hat am Montag der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz geübt. Er nannte den designierten Innenminister Wolfgang Sobotka einen "spekulierenden Musikschullehrer" und verlangte ein Hearing im Innenausschuss. Sollte sich Sobotka nicht den Fragen der Abgeordneten stellen, werde man ihn mit einem Misstrauensantrag im Nationalrat empfangen, kündigte Pilz an.

Die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sei mit ihrem Job "- ich sag's freundlich - gefordert gewesen", konstatierte Pilz bei einer Pressekonferenz. Zu Sobotka wisse er eines: "Der Mann kann's mit Sicherheit nicht." Der VP-Landespolitiker habe mindestens "eine Milliarde Euro an Wohnbaugeldern verzockt", Sobotkas Spuren würden in Offshore-Gebiete wie Malta, die Kanalinseln und auf die Cayman-Islands führen.

Wohnbaugelder spekulativ veranlagt

Die Vorwürfe waren erstmals 2008 aufgetaucht und besagten, dass NÖ-Wohnbaugelder hochspekulativ veranlagt worden seien. In der Folge griffen die Grünen die Anschuldigungen auf und kritisierten beispielsweise 2013 in einer Dringlichen Anfrage, dass Landeshauptmann Erwin Pröll und Finanzlandesrat Sobotka im Zusammenhang mit Veranlagungen der Wohnbaugelder die Finanzverwaltung eines der größten Bundesländer "in ein Casino" verwandelt hätten.

Vom großen Einbruch an den Finanzmärkten 2008 hätten sich die niederösterreichischen Veranlagungen bis heute nicht erholt, hieß es damals in der Begründung der Dringlichen. Eine zukünftige Erholung werde auch dadurch beinahe unmöglich gemacht, "dass in immer größerem Ausmaß die verbleibenden Werte zum Stopfen niederösterreichischer Budgetlöcher verwendet wurden". Der Rechnungshof habe einen Fehlbetrag per 31.12.2008 von 996,79 Mio. Euro errechnet.

Als der Milliardenschaden nicht mehr zu leugnen gewesen sei, hätten die Verantwortlichen "durch die Gründung von Offshore-Gesellschaften zur 'Auslagerung' verlustbehafteter Papiere das Desaster zu verschleiern" versucht. Dadurch sei der Schaden noch zusätzlich erhöht worden, betonten die Grünen damals. Die ÖVP hatte die Vorwürfe bisher stets auf das Schärfste zurückgewiesen.

Pilz betonte nun, dass die Vorwürfe längst mit einem Untersuchungsausschuss aufzuklären gewesen wären. Sobotkas Bestellung sei nicht hinzunehmen. Der Grüne Mandatar sprach von einem niederösterreichischen VP-Versorgungssystem: Landeshauptmann Pröll wolle einen "musizierenden Spekulanten" auf eine Deponie verfrachten, habe in Niederösterreich keinen Platz und schicke ihn deshalb in die Bundesregierung. Die Bundes-ÖVP sei "offensichtlich entmündigt".

Bilder: Erwin Pröll und seine ÖVP-Obmänner

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Lob für Doskozil

Der grüne Sicherheitssprecher schlug vor, in Zukunft "keine Minister mehr ins Amt zu lassen", wenn sie nicht öffentliche Hearings absolviert haben. Außerdem machte er sich für einen Ressorttausch zwischen SPÖ und ÖVP stark. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) sei ein "herausragender Sicherheitsexperte". Er sei nicht mit allem einverstanden, was Doskozil macht. "Aber wenn ich die Wahl habe zwischen einem hervorragenden Sicherheitsexperten im Innenministerium und einem spekulierenden Musikschullehrer, ist mir der Sicherheitsexperte tausendmal lieber."

Pilz kündigte darüber hinaus an, die "Casino-Agenden" genau zu untersuchen. "Wir werden auch die Panama-Papers durchforsten", sagte der Sicherheitssprecher der Grünen.

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