Parlament: Kein Überblick über Flüchtlingskosten

Flüchtlinge in der "Nova Rock" Halle in Nickelsdorf
Der Budgetdienst antwortete vage. 9.000 Asylanträge im September.

Der Budgetdienst des Parlaments hat es nicht geschafft, einen "einigermaßen vollständigen Überblick" über die Gesamtkosten der steigenden Flüchtlingszahlen zu bekommen. In der am Dienstag veröffentlichten Beantwortung der Anfrage des Team Stronach wurde gefordert, dass die Verwaltung verpflichtet wird, die notwendigen Informationen bereitzustellen.

Kern der Anfrage war eigentlich, wie hoch der voraussichtliche Mehrbedarf wegen der Flüchtlingskrise ist. Die Beantwortung sei "aus mehreren Gründen sehr schwierig" gewesen, hält der Budgetdienst in dem Papier, das der APA vorliegt, gleich eingangs fest. Zunächst seien mehrere Ministerien und alle Gebietskörperschaften betroffen, ortete der Budgetdienst "diverse Abgrenzungsprobleme in den Zuständigkeiten". Die aktuellen Entwicklungen mit anhaltenden Flüchtlingsströmen führten außerdem laufend zu neuen und veränderten Herausforderungen mit entsprechenden budgetären Auswirkungen, "die auch für die Bundesministerien teilweise noch nicht exakt bekannt oder abschätzbar waren".

Auch waren diverse Verhandlungen noch nicht abgeschlossen, weshalb man mehrmals auf die Vorlage des Budgetentwurfs am Mittwoch verwiesen worden sei. Mit der Kooperationsbereitschaft der Ressorts ist man offensichtlich generell nicht zufrieden: "Einige Bundesministerien verwiesen trotz grundsätzlicher Hilfestellung und Auskunftsbereitschaft bei konkreten Budgetinformationen auf das parlamentarische Interpellationsrecht" - wobei der Budgetdienst darauf aufmerksam macht, dass es derzeit eine Reihe von parlamentarischen Anfragen zur Flüchtlingsproblematik gebe, diese "aber großteils noch nicht beantwortet" seien.

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Beratungsleistungen für die Abgeordneten könne man nur dann effektiv erbringen, "wenn eine Verpflichtung der Verwaltung zur Bereitstellung von notwendigen Informationen und Unterlagen verbindlich festgelegt wird", forderte man eine "klare Regelung". Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar zeigte sich gegenüber der APA entrüstet: Man habe bereits im August angefragt, "die Antworten sind erst nach der Wien-Wahl gekommen, das ist ein Skandal". Der Budgetdienst müsse als Serviceinstrument für die Abgeordneten aufgewertet werden, "eine verpflichtende Beantwortung ohne Verzögerung durch die Regierung bzw. Ministerien muss gesetzlich verankert werden".

Eine Milliarde "guter Indikator"

Inhaltlich griff der Budgetdienst jedenfalls großteils auf öffentlich bereits verfügbare Informationen zurück. "Für die Schätzung von Gesamtkosten im Jahr 2016 gibt es derzeit noch keine offizielle Übersicht", nähere Informationen erhofft man sich mit den Budgetunterlagen für 2016, wobei man einräumte, dass alle Kostenschätzungen von Annahmen zu den zusätzlichen Asylwerbern abhängen.

Als "guten Indikator" sieht man die von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) genannten Zahlen: Er beziffert die Folgekosten für heuer mit 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung (rund 340 Mio. Euro), 2016 sollen es 0,3 Prozent (also eine Mrd. Euro) sein. Auf das an die Öffentlichkeit gelangte Geheimpapier, wonach die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingsströme und Versorgung von Asylwerbern von 2016 bis 2019 insgesamt bei 6,5 Mrd. Euro liegen sollen, wird in der Beantwortung nicht eingegangen.

9.000 Asylanträge im September

Die aktuellen Flüchtlingsströme lassen auch die Asylanträge in Österreich weiter steigen: 8.790 Anträge waren es laut Innenministerium im August, 9.031 im September (Stand 7. Oktober), wie der Anfragebeantwortung weiter zu entnehmen ist. Einer Hochrechnung zufolge geht das Innenministerium demnach von 82.500 Asylanträgen im Gesamtjahr 2015 aus.

2014 wurden knapp 28.100 Asylanträge verzeichnet, mit Ende September 2015 waren es bereits über 55.200. Im Juli 2015 haben sich die Anträge demnach auf einem hohen Niveau von rund 9.000 Anträgen monatlich stabilisiert. Seit der Einführung der Grenzkontrollen in Deutschland sind die Asylanträge wieder merklich angestiegen, sodass die Bundesregierung derzeit mit einer Gesamtzahl von 80.000 bis 85.000 Asylanträgen im Jahr 2015 rechnet, heißt es in der Anfragebeantwortung.

Im Zuge der aktuellen Flüchtlingswelle haben rund 230.000 Personen die österreichischen Grenzen überschritten. Sie haben zwar überwiegend keinen Asylantrag in Österreich gestellt, ihre Betreuung und ihr Transport hätten jedoch ebenfalls "erhebliche Kosten" verursacht - "die teilweise durch die Spenden- und Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft getragen werden", wie der Budgetdienst betont. aufgrund der steigenden Asylanträge eine Personalaufstockung erforderlich sein könnte. Die Ausgaben des AMS für die Arbeitsmarktförderung anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte betrugen 2014 rund 43 Mio. Euro und bis August 2015 rund 32 Mio. Euro. 2016 soll es für entsprechende Maßnahmen für diese Personengruppe 70 Mio. Euro geben. Im Bildungsbereich verweist der Budgetdienst auf einen nicht budgetierten und vom Finanzministerium nicht dotierten Mehrbedarf von 3,5 Mio. Euro für 2014 und 24 Mio. Euro für 2015.

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