Kopf für strengere Twitter-Regeln im Parlament

Kopf für strengere Twitter-Regeln im Parlament
Wieviel Gezwitscher verträgt das Parlament? Karlheinz Kopf schlägt neue "Geheimschutzordnung" vor.

Während die Regierung die Lockerung des Amtsgeheimnisses plant, diskutiert das Parlament eine Verschärfung seiner Geheimhaltungsregeln. Das geht aus einem der APA vorliegenden Vorschlag des Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) für eine neue "Geheimschutzordnung" hervor. Kopf schlägt darin neben neuen Geheimhaltungsregeln auch die Beschränkung von Twitter in Ausschüssen vor.

Neue Geheimschutzordnung

Kopfs Vorschlag umfasst drei Punkte und wird am Dienstag in der Präsidialkonferenz mit den Klubchefs diskutiert: Den Umgang mit sozialen Medien im Parlament, Datenschutz, sowie eine neue Geheimschutzordnung für das Hohe Haus. Letztere soll für alle "heiklen Informationen" gelten und wäre deutlich strenger als das aktuelle Amtsgeheimnis. Die unterste Geheimhaltungsstufe ("nicht-öffentlich") würde nämlich schon dann schlagend, wenn eine Unterlage "nur für den internen Gebrauch vorgesehen" ist.

Vom Amtsgeheimnis geschützte Unterlagen würden noch höheren Geheimhaltungsstufen unterliegen, je nachdem, welche Konsequenzen im Fall der Weitergabe drohen würden: Die höchste Geheimhaltungsstufe ("streng geheim") würde für Informationen gelten, deren Weitergabe z.b. wirtschaftlichen Interessen des Staates oder überwiegenden Interessen der Verfahrensparteien (also etwa einer Firma bei einer öffentlichen Ausschreibung, Anm.) "äußerst schweren Schaden" zufügen könnte. Droht "schwerer Schaden", dann würde die zweithöchste Stufe "geheim" gelten, bei gewöhnlichem Schaden oder sonstigen Nachteilen wäre die Information "vertraulich" oder "eingeschränkt".

Strafrechtliche Konsequenzen

Ob eine Information als "nicht-öffentlich", "eingeschränkt" oder gar "streng geheim" zu gehalten hat, soll der "Urheber der Unterlage" (also z.B. die Regierung) selbst festlegen. Falsche Einstufungen könnten aber vom Parlament korrigiert werden.

Verboten wäre die Weitergabe aller klassifizierten Informationen, im Fall der zwei höchsten Geheimhaltungsstufen sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen. Auf die aktuellen Pläne zur Reform des Amtsgeheimnisses geht Kopf nicht ein.

Kopf: "Nicht zulässig"

Ob Abgeordnete auf sozialen Medien über eine laufende Ausschusssitzung berichten dürfen oder nicht, würde Kopf von der Art der Sitzung ("öffentlich", "nicht-öffentlich" oder "vertraulich") abhängig machen. "Eine 'Live-Berichterstattung' aus nicht-öffentlichen Sitzungen" über soziale Medien wäre für Kopf daher "nicht zulässig". Er begründet dies damit, dass nicht-öffentliche Sitzungen der "Erzielung von Kompromissen" dienen würden und diese Kompromissfindung durch die Berichterstattung nicht gestört werden dürfe.

Weil die meisten Ausschüsse nicht öffentlich tagen, würde dies auf ein weitgehendes Twitter-Verbot für die Abgeordneten während laufender Sitzung hinauslaufen. "Eine nachträgliche Berichterstattung über Verhandlungspositionen und Ergebnisse ist hingegen nicht ausgeschlossen", heißt es im Papier.

Datenschutzbeauftragte

Vorgesehen ist außerdem ein Datenschutzbeauftragter des Parlaments, bei dem Auskünfte sowie die Richtigstellung oder Löschung von Daten beantragt werden können. Die Nationalratspräsidentin müsste dann entscheiden, ob z.B. eine gegen Persönlichkeitsrechte verstoßende parlamentarische Anfrage (allenfalls anonymisiert) veröffentlicht werden soll oder nicht.

Grüne: "Sonderregeln sind unnötig"

Den Grünen gehen die Ideen des Zweiten Präsidenten für neue Geheimhaltungsregeln im Parlament zu weit. Für den Abgeordneten Dieter Brosz sind insbesondere die fünf Geheimhaltungsstufen „weit überschießend“. „Mehr Vertraulichkeit als vorher, wo man gleichzeitig über das Amtsgeheimnis diskutiert, ist absurd“, so Brosz mit Verweis auf die Geplante Reform des Amtsgeheimnisses.


Für unnötig hält Brosz Sonderregeln für den Umgang mit sozialen Medien in nicht-öffentlichen Ausschüssen - zumal ja auch Presseaussendungen und sonstige Medienarbeit aus einem Ausschuss heraus zulässig seien. Grundsätzlich seien nicht alle Punkte im Kopf-Vorschlag von der Hand zu weisen, „aber das bedeutet, das Kind mit dem Bade auszuschütten“.

ÖJC: "Vorschlag schadet Demokratie"

Der Österreichische Journalisten Club - ÖJC lehnt die heute über die APA bekannt gewordenen Überlegungen des Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) für eine neue „Geheimschutzordnung“ im Parlament als Angriff auf die Freiheit der Berichterstattung aus und über das Parlament ab. ÖJC-Präsident Fred Turnheim: „Dieser Widerspruch zu der geplanten Lockerung des Amtsgeheimnisses ist absurd und zeigt deutlich, dass hier die rechte Hand nicht weiß, was die linke will“.


Die Berichterstattung über alle Gremien des National- und Bundesrates muss weiter möglich sein. „Geheimhaltungspolitik“ schadet nur der Demokratie und fördert antidemokratisches Gedankengut. Sonderregelungen für soziale Medien zeigen nur deutlich, dass sich Kopf mit der Dynamik dieser Medien noch nicht ernsthaft auseinander gesetzt hat.

TS: "Nur in Ausnahmefällen"

„Volle Transparenz quer durch alle Bereiche und nicht nur in Ausnahmefällen, wie das die ÖVP gerne hätte“, fordert der stellvertretende Klubobmann des Team Stronach, NAbg Robert Lugar. Ganz im Gegenteil, auch das Amtsgeheimnis gehöre gelockert, das sei schon im Hinblick auf die Hypo-U-Kommission und den U-Ausschuss dringend nötig, erklärt Lugar und fügt hinzu: Nur in Ausnahmefällen - wenn nationale Interessen oder persönliche Sicherheit auf dem Spiel stehen - soll Geheimhaltung gelten!


Dass dieser Vorschlag von der ÖVP komme, sei jedoch nicht verwunderlich, sagt Lugar, „ist es in dieser Partei doch gang und gäbe, dass Bünde und Kammern wichtige Entscheidungen in Hinterzimmern treffen, von denen nicht einmal der Parteiobmann etwas weiß.“ Das Team Stronach wird sich jedenfalls weiterhin dafür einsetzen, mehr Transparenz ins Hohe Haus und in die österreichische Politik zu bringen„, betont der Team Stronach Abgeordnete.

Kopf weist Kritik zurück

Der Zweite Nationratspräsident hat die Kritik an seinem Vorschlag für eine Neuregelung der parlamentarischen Geheimhaltungsregeln zurückgewiesen. Es gehe nicht um eine Verschärfung, sondern um die Regelung von geheim zu haltenden Ausnahmefällen bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses, erklärte Kopf gegenüber der APA.

Er habe das Papier auf Wunsch der Präsidialkonferenz in Zusammenarbeit mit der Parlamentsdirektion als Diskussionsgrundlage für die Präsidialkonferenz am Dienstag erstellt, so Kopf in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Der Nationalratspräsident zeigte sich "enttäuscht" darüber, dass dieses Papier "offenbar von einem Sitzungsteilnehmer noch vor einer ersten Erörterung den Medien zugespielt und von einzelnen Parteienvertretern sogleich auch in seiner Intention bewusst oder unbewusst falsch interpretiert worden sei."

Kopf: Keine Verschärfung

Zu der im Papier beschriebenen "Geheimschutzordnung" merkte der Präsident an, dass diese keinesfalls eine Verschärfung darstelle: "Was hier von Kritikern als Verschärfung dargestellt wird, ist nichts anderes als die Regelung der geheim zu haltenden Ausnahmefälle bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Und wer, wenn nicht der Verfasser, soll ein Dokument klassifizieren?" Er betonte aber, dass das Parlament diese Klassifizierung seiner Vorstellung nach jedoch ändern können sollte, "wenn sie ihm zu streng erscheint".

Kopf verwies gegenüber der APA darauf, dass mit der geplanten Abschaffung des Amtsgeheimnisses die öffentliche Zugänglichkeit von amtlichen Dokumenten künftig als Regelfall gelte. "Daher braucht es nunmehr Regelungen zum Schutz von persönlichen oder wirtschaftlichen Rechten einzelner Staatsbürger oder von staatlichen Geheimnissen, deren Veröffentlichung die wirtschaftlichen Interessen, die äußere oder innere Sicherheit oder eine taktische Position Österreichs gefährden könnte."

"Völlig falsche Behauptung"

Zum Thema Berichterstattung über soziale Medien sagte Kopf, es sei "eine völlig falsche Behauptung", dass er die Verwendung von Twitter oder Facebook in nicht öffentlichen Sitzungen verbieten wolle. Es sei aber ein Faktum, dass gemäß der geltenden Geschäftsordnung Ausschusssitzungen "in der Regel nicht öffentlich sind".

Dieser Umstand verlange nach einer Befassung mit der Frage des Berichtens aus solchen Sitzungen über Soziale Medien. So lange aber Ausschusssitzungen als "nicht öffentlich" eingestuft sind, sei für ihn klar, dass eine detaillierte "Liveberichterstattung" aus solchen Sitzungen über Soziale Medien unzulässig sei.

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