Oskar Deutsch: "Akademikerball hat in der Hofburg nichts verloren"

Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, tritt für einen Passentzug für Dschihadisten ein.
Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde ortet zunehmenden Antisemitismus und plädiert für Passentzug für Dschihadisten.

Der Akademikerball ist vorüber, die Diskussion darüber nicht: Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, hat in der ORF-Pressestunde deutlich gemacht, dass er für eine Verlegung der Veranstaltung eintritt. Er will nicht, dass „Burschenschafter, die sich nicht vom deutschnationalen und antisemitischen Gedankengut abgrenzen, in der Hofburg herumtanzen“ - die Veranstaltung dürfe nicht in der „Visitenkarte der Republik“ stattfinden.

Die Gegenfrage der beiden Interviewerinnen Petra Stuiber (Standard) und Julia Ortner (ORF), ob die Republik sowas nicht aushalte, verneint er dezidiert: „Dort ist so viel Geschichte geschrieben worden. Und Österreich hat diese Geschichte dort nicht notwendig.“

Auch zur FPÖ fand er klare Worte. „Seit Jörg Haider und unter Strache hat sich die Partei in ihren Grundfesten nicht geändert. Auch wenn in den letzten Monaten Meldungen pro Israel und gegen Antisemitismus kamen – wenn ich mir die Struktur anschaue, dann sind noch viele Leute, die sich nicht vom Deutschnationalen abgrenzen.“ Kommunikation mit den Freiheitlichen finde deshalb keine statt. „Es gibt keine Gesprächsbasis mit der FPÖ.“

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Reiberei mit Fischer

Eine bessere Basis hat die Kultusgemeinde traditionell mit dem Bundespräsidenten – allein, zuletzt stieß Deutsch sauer auf, dass Fischer in einem Interview die Zunahme antisemitischer Übergriffe der „gewachsenen Sensibilität“ zugeschrieben hatte. Er warf dem Bundespräsidenten „Verdrängung“ und „Vogelstraußpolitik“ vor. Dies wiederholte er auch in der Pressestunde erneut: „Ich verstehe seine Motivation wirklich nicht. Dass er antisemitische Übergriffe relativiert, ist für mich unverständlich. Das habe ich ihm auch gesagt.“

"Ignoranz gegenüber Antisemitismus ist ja kein österreichisches Phänomen"

Ebenso unverständlich findet er die internationale Ignoranz gegenüber dem wachsenden Antisemitismus – „das ist ja kein österreichisches Phänomen“, meint Deutsch. „Wenn es nur den Anschlag im jüdischen Supermarkt gegeben hätte, dann wäre es den meisten Politikern einen Zweizeiler wert gewesen.“

In Wien habe er zwar „keine Angst“, das sei das falsche Wort. Aber die Kultusgemeinde sei in Sorge. „Terroranschläge können überall in Europa passieren. Es ist nicht die Frage, ob, sondern wann und wo es zu einem Anschlag kommen wird.“

Passentzug für Dschihadisten

Besonderes Augenmerk sei deshalb auf den islamistischen Antisemitismus zu werfen – den hält Deutsch für besonders gefährlich. Er plädiert deshalb dafür, Heimkehrern aus dem Dschihad die Staatsbürgerschaft zu entziehen. „Die haben hier in Österreich nichts verloren“. Dafür erntete er von der Grünen Sigi Maurer Widerspruch:

Zum schwelenden Thema der Integration wollte sich Deutsch hingegen nicht konkret äußern – ob gegen „Integrationsunwillige“ Strafen verhängt werden sollten, wollte er nicht sagen. Ebensowenig wollte er sich dazu äußern, ob das umstrittene Abdullah-Zentrum geschlossen werden soll: „Das ist nicht meine Aufgabe.“

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