Landtagswahlen: Die Erde bebt, Faymann bleibt

„Wenn er etwas kann, dann Machterhalt“: Werner Faymann hat sich gegen Fährnisse abgesichert
Trotz Platz 3 in Oberösterreich und Absturz in Wien wird sich der Kanzler halten.

Selten ist die Anspannung in den Staatskanzleien derart groß gewesen wie diesmal. Die Meinungsforscher prophezeien ein Erdbeben, das der FPÖ Erdrutsch-Gewinne bringen und Krater in die rot-schwarze Parteienlandschaft reißen werde.

In Oberösterreich wird sich heute zeigen, ob die Meinungsforscher Recht haben – oder ob es noch schlimmer kommt als angenommen. In zwei Wochen schlägt dann in Wien die Stunde der Wahrheit.

In beiden Ländern werden der FPÖ ein Anwachsen über 30 Prozent und den Landeshauptmann-Parteien ein Absturz unter 40 Prozent vorher gesagt. Zusätzlich wird die SPÖ im Industrieland Oberösterreich auf den peinlichen dritten Platz hinter die FPÖ und unter 20 Prozent fallen. Die ÖVP wiederum dürfte in der Bundeshauptstadt mit unter zehn Prozent zum Restposten schrumpeln.

Abgerundet wird das Drama durch Bundesumfragen, in denen SPÖ und ÖVP bis zu zehn Prozent hinter der FPÖ liegen. Selbst in der Kanzlerfrage hat Heinz Christian Strache mehr Zustimmung als der Amtsinhaber.

Man möchte meinen, dass solche tektonischen Verschiebungen auch in der Bundespolitik nicht folgenlos bleiben. Es werden auch heftige Debatten erwartet – in beiden Koalitionsparteien. Aber ändern – so sieht es derzeit aus – wird sich nichts.

In der SPÖ heißt es reihum: "Wenn Werner Faymann etwas kann, dann Machterhalt."

Der Kanzler, so wird erzählt, soll in den letzten Wochen parteiintern sehr umtriebig gewesen sein. Er habe sich der Unterstützung des letzten verbleibenden Machtblocks in der SPÖ – der Gewerkschaft – versichert, um zu verhindern, dass er als Konsequenz aus vier verlorenen Landtagswahlen abgelöst wird. Immerhin hat die SPÖ im Frühjahr schon den Landeshauptmannposten in der Steiermark und eine historische Niederlage samt rot-blauer Koalition im Burgenland verdauen müssen.

Auch Michael Häuplwerde, sollte er seine Wahl halbwegs überstehen, keine Obmann-Debatte anstoßen, raunen Vertraute des Bürgermeisters. Häupl interessiere sich für die Bundespolitik nur mehr am Rande, er konzentriere sich voll auf Wien, heißt es.

Außerdem: Mit der Gewerkschaft und den Faymann-freundlichen Wiener Bezirken entlang der Südosttangente im Rücken ist der Kanzler nicht so leicht auszuhebeln – schon gar nicht von einem durch Wahlverlust geschwächten Bürgermeister.

In der ÖVP ist der Effekt durch den Wechsel zu Reinhold Mitterlehnerschon wieder verpufft, und so mancher Beobachter glaubt, dass in der undisziplinierten ÖVP bald wieder eine Obmanndebatte ausbrechen könnte. Allerdings: Mitterlehners potenzieller Nachfolger, Sebastian Kurz,hat sich durch sein selbstsüchtiges Fernhalten aus dem Wiener Wahlkampf, um nur ja nicht durch eine Niederlage bekleckert zu werden, parteiintern wenig Sympathien geholt.

Ein langgedienter Koalitionär fasst die Situation der Regierung so zusammen: "Beide Wahlen werden für beide Koalitionsparteien so ausgehen, dass wir sie so schnell wie möglich vergessen machen müssen. Wir werden die Flüchtlinge zum Sündenbock für die FPÖ-Gewinne machen. Danach wird die Debatte über die Bundespräsidentschaftskandidaten los gehen. Und ab Jänner werden die Leute die Steuersenkung spüren – das erste Positive seit Langem von dieser Regierung."

Für die Regierungsarbeit an sich bedeutet die Abhängigkeit des Kanzlers von der Gewerkschaft jedoch nichts Gutes. Die Regierung wird noch weniger kompromissfähig, SPÖ und ÖVP reduzieren sich auf verlängerte Arme ihrer Lobbygruppen. Jüngstes Beispiel: Seit Monaten ist eine Arbeitsmarktreform angekündigt. Eine möglicher Kompromiss – 12-Stunden-Tag, abgetauscht gegen die sechste Urlaubswoche – flog diese Woche im Zuge der ersten Metaller-Lohnrunde mit Getöse in die Luft.

Im Herbst 2016 findet der nächste SPÖ-Parteitag statt. Da will Faymann wieder gewählt werden. Bis dahin wird er nichts tun, was ihn Delegiertenstimmen kosten könnte.

Landtagswahlen: Die Erde bebt, Faymann bleibt

Mehr zum Thema:

Kommentare