ÖVP: Versuch der Profilierung mit altem Konfliktthema

Generalsekretär Gernot Blümel, Parteichef Reinhold Mitterlehner und Minister Sebastian Kurz sehen "Potenzial nach oben für die ÖVP.
Die Vizekanzlerpartei will den Scharfmacher bei der Mindestsicherung machen.

Auch wenn sich manche Schwarze freuen, dass – entgegen der ÖVP-Tradition – nicht über ihren Vormann, sondern über jenen der Roten debattiert wird: Rund läuft es für die Vizekanzlerpartei ebenfalls nicht. Der Mitterlehner-Effekt, den es durch den Obmannwechsel gegeben hat, ist großteils verpufft; der Zwist mit dem Koalitionspartner in Sachen Asyl schadet beiden Parteien; in den Umfragen liegt auch die ÖVP bei nur 24 Prozent. Dass es da "Potenzial nach oben" gibt, gesteht Reinhold Mitterlehner ein.

Am Sonntag haben die ÖVP-Vorständler die Lage von Partei und Koalition bei einem Grinzinger Nobel-Heurigen beraten, gestern tagte die Bundesparteileitung. Strategien wurden erörtert. Hernach tat Mitterlehner kund: "Entscheidend ist, wie wir in die nächsten Monate gehen." Die Regierung habe ja da und dort Schwierigkeiten gehabt. "Wir wollen nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein."

"Fitnessprogramm"

Inhaltlich möchten sich die Schwarzen profilieren. Mit einem wirtschafts- und sozialpolitischen "Fitness-Programm". Mehr als den Gemeinplatz, dass es "weitere Impulse zur Konjunkturbelebung" geben soll, gibt es von Mitterlehner vorerst nicht. Und in Sachen Sozialpolitik? Da seien "Fairness und Transparenz zu präzisieren". Die Mindestsicherung für Bürger thematisieren die ÖVP-Oberen erneut. Eine Online-Umfrage haben sie gemacht. Ob es "strenge Regeln und verschärfte Kontrollen" geben soll, wollten sie wissen. 88,7 Prozent der Befragten (1475 Votings) seien dafür, sagt ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel. Was hat die ÖVP ob dieses Ergebnisses vor? Mitterlehner vage: "Es geht nicht darum, jemandem, der das braucht, etwas wegzunehmen." Um "Fehlentwicklungen" gehe es.

Dass die – von der SPÖ forcierte – Mindestsicherung wieder auf der Agenda steht, kommt nicht von ungefähr. In Wien, wo viele Menschen diese Sozialleistung bekommen, wird im Oktober gewählt. Die ÖVP ist in der Bundeshauptstadt schwach, hofft, mit dieser polarisierenden Causa zu punkten. Auch innert der Regierung wird der ÖVP-Vorstoß für Konflikte sorgen.

Keine Keilerei, aber …

Argwöhnisch verfolgt die SPÖ personelle Umtriebe beim Koalitionspartner. Zwei Nationalratsabgeordnete des polit-maroden Team Stronach sind Anfang Juni in den ÖVP-Klub gewechselt, womit die ÖVP nun 49 Mandatare hat (die SPÖ 52). Rote glauben, Fraktionschef Reinhold Lopatka versuche, weitere Stronachianer anzuheuern. "Wir machen keine aktive Keilaktion, das haben wir nicht nötig", sagt Mitterlehner auf die Frage des KURIER, ob mit weiteren Überläufern zu rechnen ist. Auszuschließen sei aber nicht, dass es zusätzliche Abgeordnete zur ÖVP ziehe – wegen "Unruhe in der eigenen Partei".

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