ÖVP: Drei Jahre Wartefrist für Sozialhilfe

Regeln in NÖ wurden geändert
Wien und NÖ fordern: Erst einzahlen, dann kassieren. Zuvorderst würde das Flüchtlinge treffen.

Gernot Blümel und Barbara Schwarz haben die Bevölkerung hinter sich, zumindest sind sie selbst davon überzeugt. Und weil sich der Wiener ÖVP-Chef und die niederösterreichische ÖVP-Landesrätin ihrer Sache so verdammt sicher sind, verwenden sie bei einem der emotionalsten und politisch heikelsten Themen, der "Bedarfsorientierten Mindestsicherung", vulgo Sozialhilfe, besonders grimmige Formulierungen.

Österreich erlebe eine "Ausbeutung des Mittelstandes", konstatiert Blümel. Und diese besteht zusammengefasst darin, dass die, die "jeden Tag frühmorgens aufstehen und arbeiten" krass gegenüber jenen im Nachteil sind, die in "Sozial-Oasen" (Schwarz) wie Wien "viel Geld fürs Nichtstun bekommen" (Blümel).

ÖVP: Drei Jahre Wartefrist für Sozialhilfe

Schwarzer Vorstoß

Am Montag unternahmen Blümel und Schwarz einen neuerlichen Versuch, die bundesweite Debatte um die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, kurz BMS, wieder anzustoßen – oder genauer: Sie redeten wieder einer Verschärfung das Wort.

In der Theorie macht das insofern Sinn, als die Regelungen nicht nur regional höchst unterschiedlich sind, sondern in absoluten Zahlen bisweilen auch beachtliche Netto-Transfer-Summen ermöglichen. So sind etwa in Wien für eine Familie mit vier Kindern theoretisch bis zu 2160 Euro im Monat möglich, wobei die Familienbeihilfe für jedes Kind noch hinzukommt. In der Realität erhalten in Wien lebende Familien mit vier Kindern im Schnitt nur 1152 Euro (Details siehe rechts bzw. Grafik)

Seit geraumer Zeit fordern ÖVP-Politiker im Bund (z.B. Reinhold Lopatka) sowie in den Ländern (OÖ, NÖ und jetzt Wien) eine Verschärfung der BMS. Greifbarste Maßnahme ist dabei eine Deckelung der Geld-Leistungen für Mehrkind-Familien bei 1500 Euro.

Darüber hinaus liegt Blümel noch eine weitere Verschärfung am Herzen: Wer auch immer Mindestsicherung beziehen will, soll einer Einschränkung unterliegen: "Man sollte zumindest drei Jahre einbezahlt haben, ehe man Anspruch auf eine derartige Versicherungsleistung erhält." Anerkannte Flüchtlinge oder Schüler, die nahtlos in die Arbeitslose wechseln, sollen keinen Anspruch auf finanzielle Hilfe haben.

Blümel weiß, dass dieser Vorschlag ausnehmend hart klingt. Wie Parteifreundin Schwarz argumentiert er aber mit der "sozialen Frage unserer Zeit". Und die bestehe eben darin, dass die arbeitende Bevölkerung frustriert sei, weil ihr "am Ende des Monats gleich viel bleibe wie jenen, die sich nur auf den Staat verlassen".

Abgesehen von der Frage, was jemand "geleistet" haben muss, um Mindestsicherung beziehen zu können, problematisiert Schwarz gegenüber dem KURIER auch ein administratives Problem der Mindestsicherung. Formal darf nur der um Hilfe ansuchen, der kaum Ersparnisse und Einkünfte hat. In der Realität ist das für die Behörden aber kaum machbar. Schwarz: "Die Behörde kann und darf zwar ins Grundbuch schauen und sich im Falle eintragen lassen. Immobilienvermögen können wir kontrollieren." Bei Barvermögen sei die Sache gänzlich anders: "Ich sehe als Behörde nicht, was auf Sparbüchern oder Konten liegt, die nicht angegeben werden." Und gerade das sei in Wien, wo nur ein kleiner Teil der Menschen Eigentumswohnungen oder -häuser hätte, durchaus problematisch.

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