ÖVP: "Auf Dynamik nicht mit Statik antworten"

Reinhold Mitterlehner: „Das Richtige tun und es populär machen“
Rauchen, Schwule, Schule: Reinhold Mitterlehner redet seiner Partei ins Gewissen, überkommene Positionen zu hinterfragen.

Es war lediglich ein halbstündiges Referat, aber es hatte es in sich. Reinhold Mitterlehner nahm sich auf der Klubklausur der ÖVP gestern in der Steiermark kein Blatt vor den Mund. "Wir reden ständig über Wandel, Technologie, gesellschaftliche Entwicklung. Mit all dem ist eine bestimmte Dynamik verbunden. Wir können auf Dynamik nicht mit Statik antworten", redete der ÖVP-Chef seiner Partei ins Gewissen. Und räumte gleich einmal mit ein paar unhaltbaren Positionen auf. "Schützen wir die Nichtraucher oder die Raucher, wenn in einem Landgasthaus auch Kinder zu Gast sind, gegessen wird und es keine Selbstbedienung gibt? Ist das wirklich Wahlfreiheit zwischen Rauchen und Nichtrauchen?"

Auch die Beschwerde, dass der Verfassungsgerichtshof "Politik macht", weil er homosexuellen Paaren die Adoption erlaubt, wischt Mitterlehner vom Tisch: "Wenn wir die Dinge nicht selbst entscheiden, muss ich damit rechnen, von anderen Vorgaben zu bekommen. Wer nicht selbst gestaltet, wird gestaltet."

Die ÖVP sei dem Irrtum erlegen, dass es einen Wettbewerb zwischen Hetero- und Homo-Partnerschaften gäbe. Mitterlehner: "Es gibt da keinen Wettbewerb der Modelle. Es ist einfach so, dass die einen so sind und die anderen so. Das ist zu akzeptieren." Die ÖVP solle sich an ihren Werten orientieren, und der Wert laute in diesem Fall: "Familie".

Die ganze Veranstaltung der ÖVP war – ob Absicht oder nicht – wie ein Kontrapunkt zur SPÖ. Es gab keine Geschlossenheitsappelle, sondern Mitterlehner und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatkaermutigten die Abgeordneten, zu diskutieren, abzuwägen, zu hinterfragen. "Und wenn es bis nach Mitternacht dauert – ich will, dass sich unser Klub dadurch auszeichnet, dass er am längsten und am intensivsten diskutiert, und um die beste Lösung ringt", sagte Lopatka. Die ÖVP habe "nicht nur Berufspolitiker, sondern gestandene Persönlichkeiten aus der Wirtschaft im Klub, die eine eigene Meinung haben", lobte Lopatka.

Mitterlehner beschrieb seinen politischen Stil so: "Es ist besser, ungefähr eine richtige Antwort zu geben als präzise die falsche."

Auch der nächste Leitsatz klingt wie eine Abgrenzung der ÖVP von der SPÖ und ihrem Hang zu Politik mittels Boulevardmedien. "Es gilt in der Politik, das Richtige zu tun, nicht das Populäre, und das Richtige dann populär zu machen", sagte Mitterlehner.

Ohne die SPÖ zu nennen, gab es dann noch eine eindeutige Breitseite gegen den Koalitionspartner. Lopatka lobte, mit Mitterlehner habe die ÖVP wieder jemanden mit Leadership an der Spitze. "Inhalte und Personen passen bei der ÖVP zusammen", so Lopatka. "Es gibt Parteien, da sucht man beides. Da gibt es eine Obmanndebatte und eine Programmdiskussion."

Für das Wahljahr 2015 gibt Mitterlehner der ÖVP vor: "Wir wollen nicht möglichst wenig verlieren, sondern gewinnen."

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