Nur drei Kandidaten genießen derzeit das Vertrauen der Wähler

Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen
Erster Testlauf: Schaffen alle die Unterschriften-Hürde?

Egal, ob Dialekt-Dichterin, früherer Nationalratspräsident, Baumeister oder Höchstrichterin: Vor der Bundeswahlbehörde sind alle Österreicher gleich, die in die Hofburg gewählt werden wollen. 6000 Unterschriften müssen gesammelt, 3600 Euro vorab auf das Konto der Republik überwiesen werden – erst dann findet sich der Name auf dem Wahlzettel, erst dann besteht überhaupt eine Chance auf das höchste Amt der Republik.

In zehn Tagen, am 23. Februar, beginnt die Frist offiziell zu laufen, innerhalb derer alle Kandidaten die Unterstützungsunterschriften sammeln dürfen. Und mit Stand Freitag ergibt sich bei der Frage, wem die Wahlberechtigten derzeit vertrauen, ein jedenfalls interessantes Bild: Denn nur drei der aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten – Alexander Van der Bellen, Rudolf Hundstorfer und Irmgard Griss – gelten laut APA-OGM-Vertrauensindex als vertrauenswürdig.

Nur drei Kandidaten genießen derzeit das Vertrauen der Wähler

Soviel also zur Sympathie. Das Sammeln der Unterschriften ist zwar für alle Kandidaten gleichermaßen vorgeschrieben, aber nicht gleichermaßen fordernd. Denn während die Kandidaten der etablierten Parteien in Ländern und Gemeinden auf Parteigänger, Funktionäre und vorhandene Strukturen zurückgreifen können, müssen unabhängige Kandidaten und politische Quereinsteiger jede Unterschrift einzeln sammeln.

Von außen betrachtet, ist bei den parteifreien Kandidaten derzeit die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss am besten unterwegs. Sie hat als Einzige eine Kampagnen-Zentrale mit knapp 20 Mitarbeitern eingerichtet und lukriert täglich fünf- bis zehntausend Euro durch Spenden.

Die Unterstützungserklärungen sammeln Griss bzw. ihr Team, indem sie online mobilisieren (Homepage, Soziale Netzwerke, etc.); zusätzlich werden sie in der heißen Phase (23.2. bis 28.3.) österreichweit in der Nähe von Gemeindeämtern vorgefertigte Unterstützungserklärungen verteilen.

Notar reicht nicht

Wider die landläufige Meinung reicht es nicht, wenn Kandidaten in Fußgängerzonen oder Einkaufszentren beglaubigte Unterschriften sammeln. "Diese Bestimmung fiel 1970, nachdem die Nationalratswahl aufgrund des Verdachts gefälschter Unterstützungserklärungen in Wien wiederholt werden musste", sagt Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium.

In der Praxis heißt das: Jeder Unterstützer eines Kandidaten muss am Hauptwohnsitz aufs Gemeindeamt (in Wien: ein Bezirksamt) gehen. Wie macht das Richard Lugner, der als parteifreier Kandidat immerhin schon einmal 9,9 Prozent bei einer Präsidentschaftswahl geschafft hat? "Ganz klassisch, indem ich mich bzw. einige Mitarbeiter vor Gemeindeämter stelle und um die Unterschrift bitte", sagt Lugner.

Und was ist mit der Behauptung, er, Lugner, habe Bürger einst bezahlt, damit sie für ihn zum Unterschreiben gehen?

"Ich habe damals niemandem Geld dafür gegeben, mich zu unterstützen. Die Einzigen, die ich bezahlt habe, waren die, die die Unterschriften gesammelt haben."

Die Wände sind mit Post-its beklebt; an den Tischen sitzen junge Menschen mit Laptop und Smartphone; und die eilends gekauften Bürosesseln und Stehlampen sind stumme Zeugen der Tatsache, dass hier mitunter improvisiert wurde. In einem Loft in Wien-Mariahilf hat Irmgard Griss ihre Wahlkampf-Zentrale eingerichtet, wobei: Das Wort „Wahlkampf“ verwendet man nicht gern, man spricht von „Kampagne“ – Wahlkampf klingt so nach Partei-Sprech, und nichts wäre Griss’ Team ferner, als als Partei wahrgenommen zu werden.

„Wir sind ein bunt zusammengewürfelter, hoch motivierter Haufen“, sagt Wahlkampfleiter Milo Tesselaar. Abgesehen von den zu organisierenden 6000 Unterschriften (siehe links) muss sich Tesselaar vor allem um das Budget sorgen. Im Unterschied zu den Partei-Kandidaten oder Richard Lugner sind für Griss freiwillige Zuwendungen der einzige Weg, überhaupt einen Wahlkampf zu bestreiten. Auf der Homepage ist der tägliche Eingang ablesbar, mit rund 420.000 Euro (Stand: Freitagabend) sind derzeit nur die Fixkosten (Mitarbeiter, Reisespesen, Miete etc.) eingespielt. „Um wirklich wahlzukämpfen, würden wir uns eine Million wünschen“, sagt Tesselaar. Und vielleicht schafft er das sogar – derzeit landen fünf bis zehntausend Euro pro Tag am Konto. Bleibt alles wie gehabt, wären das bis zum Wahlsonntag immerhin zwischen 360.000 und 700.000 Euro zusätzlich.

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