USA geben zu: Daten aus Österreich gesammelt

epa03734698 An undated handout photo by the National Security Agency (NSA) shows the NSA headquarters in Fort Meade, Maryland, USA. According to media reports, a secret intelligence program called 'Prism' run by the US Government's National Security Agency has been collecting data from millions of communication service subscribers through access to many of the top US Internet companies, including Google, Facebook, Apple and Verizon. Reports in the Washington Post and The Guardian state US intelligence services tapped directly in to the servers of these companies and five others to extract emails, voice calls, videos, photos and other information from their customers without the need for a warrant. EPA/NATIONAL SECURITY AGENCY / HANDO EDITORIAL USE ONLY
Wien und Berlin fordern von USA Cyber-Sicherheit und die Einhaltung von Regeln.

Betreiben US-Behörden ein Programm mit dem Namen PRISM? Ja, das tun sie, bestätigte US-Botschafter William C. Eacho. Werden Daten von Unternehmen mit Sitz in Österreich von PRISM erhoben? Ja, und zwar dann, wenn sie über US-Boden laufen.

Das Innenministerium stellte diese und weitere Fragen am 13. Juni der US-Botschaft in Österreich zum NSA-Abhörskandal. Am Dienstag fand im Innenministerium ein persönliches Treffen statt, in dem US-Botschafter Eacho die Antworten mündlich ablieferte.

Meta-Daten

Bei den Datenarten, die durch PRISM erhoben oder verarbeitet werden, handelt es sich laut dem US-Botschafter „nur“ um Meta-Daten, die über den US-amerikanischen Boden laufen. Personenbezogene Daten sollen nicht erhoben oder verarbeitet worden sein. Daher sei auch ausgeschlossen, dass mit PRISM personenbezogene Daten österreichischer Staatsangehöriger erhoben werden. Es sei weiters ausgeschlossen, dass dies auf österreichischem Boden passiere.

US- Rechenzentren

Wenn die Daten über US-Boden laufen, würden sie aber von PRISM erfasst. Das bedeutet: Daten von Österreichern können sehr wohl vom Überwachungsprogramm der NSA und dem Programm PRISM betroffen sein – und zwar auch Daten von Privatpersonen.

Facebook oder Google haben zwar auch Server in Europa stehen, aber die Nutzer- und Meta-Daten werden in der Regel in Rechenzentren in den USA gespiegelt. Das heißt, unsere Kommunikation, die wir über Facebook, Google oder Yahoo führen, ist von PRISM betroffen. Auch sogenannte Meta-Daten haben es nämlich in sich, diese Daten sind Goldes wert.

So stecken beispielsweise viele Informationen in den Meta-Daten, etwa wer wem wann geschrieben hat. Sowohl Absender, Adresse, als auch der Zeitpunkt und über welchen Server die eMails verschickt wurden, lässt sich dadurch ermitteln. Dadurch kann man ganz einfach feststellen, wie oft ein Nutzer mit einem anderen kommuniziert und daraus Schlussfolgerungen ziehen.

Datenspuren

Ein prominentes Beispiel für einen, der durch Meta-Daten entlarvt wurde, ist etwa der US-Armeegeneral David Petraeus, der mit seiner Biografin ein außereheliches Liebesverhältnis unterhielt. Petraeus war zwar beim eMail-Verkehr selbst sehr vorsichtig – seine Liebste und er speicherten eMails nur als „Entwurf“ im eMail-Ordner, doch die Biografin konnte anhand ihrer Spuren, die sie in diversen Hotels der Welt durch das Verwenden von öffentlichen WLAN-Zugängen hinterlassen hat, vom FBI entlarvt werden.

Laut US-Botschafter Eacho seien Überwachungsprogramme wie PRISM völlig legal. Sie würden auf der Grundlage des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) beruhen.

Das Innenministerium in Wien betonte, die Antworten „zur Kenntnis genommen“ zu haben. Der Aufklärungsprozess sei damit allerdings nicht abgeschlossen. „Was bleibt, ist das erschütterte Vertrauen, das langsam wieder aufgebaut werden muss“, sagte Ministerin Mikl-Leitner.

Während sich Wien mit den Antworten des US-Botschafters auf den österreichischen Fragenkatalog zum NSA-Abhörskandal auseinandersetzt – auch österreichische Daten waren betroffen (Bericht unten), ist der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich auf dem Weg in die USA. Und zwar mit einem konkreten deutsch-österreichischen Forderungskatalog im Gepäck. Den Endschliff bekam das Papier Mittwoch bei einem Vierländertreffen in Nürnberg.

Bei dem Treffen der Innenminister aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein ging es um das Thema Sicherheit und Wirtschaftsstandort. Die Arbeitsthese: Nur in einem sicheren Umfeld sei es möglich, Investoren zu gewinnen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Ganz vorne auf der Prioritätenskala der Länder, die sehr viele Gemeinsamkeiten haben, steht Cyber-Security als enormer Standort- und Wirtschaftsfaktor. Damit kommt auch der US-Geheimdienst NSA ins Spiel.

An Regeln halten

Am Rande des Gipfels gelang es dem KURIER, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Friedrich die Eckpunkte des Forderungskatalogs zu entlocken. Die Position der Minister: Für die Wiederherstellung des Vertrauens sei es nötig, dass sich künftig auch US-Dienste an die Regeln des Rechtsstaaten halten und nur im Rahmen von Gesetzen tätig werden. Das schließe auch bei der Terrorbekämpfung die Wahrung der Verhältnismäßigkeit gegenüber der persönlichen Freiheit der Bürger ein. Es sollten von den USA und der EU gemeinsame und verbindliche Datenschutzrichtlinien geschaffen werden.

Mit einer gemeinsamen Cyber-Plattform wollen die Innenminister die eigenen Abwehrmechanismen stärken. In diese Kerbe schlägt auch Reinhard Posch, Chief Information Officer des Bundes. Er erklärte, dass es etwa im Bereich des Cloud Computing keinen europäischen Provider gibt, auf denen Firmen ihre Daten auslagern können. Aufgrund der US-Dominanz bestehe die Gefahr, in diesem Bereich ins Hintertreffen zu geraten.

Deutschlands Innenminister wird die Forderungen US-Justizminister Eric Holder und der für die Terrorabwehr zuständigen Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Lisa Monaco, übergeben.

Zuwanderung

Als weitere wesentliche Wirtschaftsfaktoren sehen die vier Innenminister die verbesserte Abwehr von Wirtschaftsspionage und den Schutz kritischer Infrastruktur. Wesentlich sei auch die Weiterentwicklung des Schengenraumes und vor allem eine geregelte Zuwanderung. So meinte Liechtensteins Innenminister Thomas Zwiefelhofer, dass der Bedarf an Fachkräften aufgrund der demografischen Entwicklung enorm steigen werde und Integration zu einer „Willkommenskultur“ weiterentwickelt werden müsse. Als gravierendes Problem wird aber der Menschenhandel über die Balkanstaaten erkannt. Alle diese Problemfelder sollen durch eigene, gemeinsam Initiativen gemeistert werden – dafür werden die Amerikaner nicht gebraucht.

Mit dem Fall Edward J. Snowdens ist auch WikiLeaks wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Von Beginn an unterstützte die Enthüllungsplattform den NSA-Whistleblower. Nun kündigte WikiLeaks eine Kampagne für den Informanten an, der noch immer auf dem Flughafen in Moskau festsitzt. „Flight of Liberty“ (Flug der Freiheit) soll die Kampagne heißen; WikiLeaks lässt mit näheren Angaben dazu auf sich warten.

Snowden hat angeblich in Venezuela um Asyl angesucht, nachdem dies Caracas angeboten hatte. Snowden muss überlegen, wie er nach Venezuela gelangt, ohne in von den USA beeinflussten Luftraum zu geraten. Ein Flug von Moskau nach Caracas, der nur über Wasser geht, ist teuer: 200.000 Dollar.

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