Gedenken an Synagogen in Flammen

Nationalsozialisten verwüsteten Geschäfte und Synagogen.
Am Samstag jährt sich die Nacht zum 75. Mal.

Sie gingen von Tür zu Tür und holten die Männer raus", berichtete die Holocaust-Überlebende Esther Gever der amerikanischen Shoah Foundation über die Reichspogromnacht am 9. November 1938. Auch ihr Vater sollte mitkommen, doch das damals achtjährige Mädchen hielt ihn fest und protestierte. "Er ist ein Saujude", hätten die Nazis gebrüllt und ihr Vater habe sie weggestoßen, um sie zu schützen. "Ich fiel gegen eine Wand und verlor das Bewusstsein."

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 setzten Nationalsozialisten im Großdeutschen Reich 1.574 Synagogen in Brand - davon allein in Wien 42 - oder zerstörten sie, verwüsteten jüdische Geschäfte und Wohnhäuser und ermordeten oder misshandelten Tausende Juden. Mehrere Hundert Juden begingen in ihrer Verzweiflung Selbstmord. In den darauffolgenden Tagen wurden etwa 30.000 jüdische Männer in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald verschleppt.

Gedenken in Jerusalem

In der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erinnern am Sonntag ein Symposium und eine Gedenkveranstaltung an den 75. Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938. Zudem schildert die Gedenkstätten-Homepage Einzelschicksale der Pogrome. Unter anderem zeigen sie Bilder und Dokumente einer jüdischen Schule in Königsberg in den Jahren 1935/36. Zu den Rednern des Symposiums, das in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft "Irgun Jeckes" veranstaltet wird, gehören u.a. Yad-Vashem-Generaldirektor Dorit Novak sowie der "Irgun Jeckes"-Vorsitzende Reuven Merhav.

Ein Beitrag der leitenden Historikerin der Gedenkstätte, Dina Porat, befasst sich mit dem Jahr 1938 als Wendepunkt in der Judenverfolgung während des Nationalsozialismus in Deutschland. Weiters steht die Schilderung der Novemberpogrome durch Überlebende der Shoah auf dem Programm, wie die Kathpress am Freitag mitteilte.

900 Überlebenden-Interviews online

Zeitgleich stellt auch die Hebräische Universität in Jerusalem 900 bisher unveröffentlichte Audiodokumente von Zeitzeugen des Holocaust online. Die Interviews stammen hauptsächlich aus den 1970er- und 1980er-Jahren und decken ebenso Berichte aus Konzentrationslagern wie Bergen-Belsen und Theresienstadt ab wie Schilderungen des Widerstands in polnischen Ghettos oder Rettungsaktionen in Ungarn oder Spanien. Einige der Gespräche wurden bereits Anfang der 1960er Jahre mit Personen geführt, die die NS-Zeit als Erwachsene erlebten.

Die Audiodateien wurden von der "Oral History Division" der Universität zum 75. Jahrestag der Pogrome vom 9. November 1938 veröffentlicht und sind auf der Website abrufbar. Rund 40 der archivierten Interviews wurden auf Deutsch geführt. Jedes der meist halbstündigen, teils aber auch über zwei Stunden langen Tondokumente wird von einem Transkript begleitet. Die Katalogfunktion der "Holocaust Oral History Collection" ermöglicht es, Aufzeichnungen nach Ort, Zeit oder Namen gezielt aufzusuchen.

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