Niessl: "Wir haben das Ohr bei den Menschen"

Wein und nette Worte von Niessl für Hundstorfer und Ehefrau Karin Risser.
SPÖ-Landesparteitag ohne offene Kritik an Wien, aber mit Betonung eigener Stärke.

Kein Misston sollte die Harmonie im Lisztzentrum Raiding stören, wo die burgenländische Sozialdemokratie am Samstagvormittag – zeitgleich mit den Wiener Genossen – einen außerordentlichen Landesparteitag abhielt. Schließlich stehe man eine Woche vor einer "wichtigen Wahl", rief Landeshauptmann Hans Niessl der "sozialdemokratischen Familie" in Erinnerung. Da gelte es, den "guten" SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfer in die Stichwahl zu hieven – und "wie üblich" das beste rote Länder-Ergebnis beizusteuern.

"Steuerflüchtlinge sind das Problem"

Diese Mahnung des roten "Familienoberhauptes" nahmen sich die rund 600 Delegierten und Gäste im voll besetzten Konzertsaal zu Herzen, selbst der anderswo als besonders aufmüpfig geltende Nachwuchs. SJ-Landesvorsitzende Silvia Czech redete lieber über die Panama Papers als über Rot-Blau. Leise Kritik am Kurs der Mutterpartei war allenfalls an fünf Gegenstimmen beim Antrag für verschärfte Grenzkontrollen und am fast flehentlichen Hinweis ablesbar, es seien doch "nicht Kriegsflüchtlinge, sondern Steuerflüchtlinge" das Problem. Am Rande des Parteitags war von bekennenden Linken zwar offene Kritik zu hören, zu zitieren sei das aber nicht.

Auch der mit Gattin Karin Risser vom Wiener Parteitag ins Mittelburgenland angereiste Bundespräsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer weiß, wie man sich als Gast benimmt. "Aber nein", sagte er auf die KURIER-Frage, ob es ein Kulturschock sei, vom rot-grünen Wien ins rot-blaue Burgenland zu kommen. Immerhin war der Ex-Sozialminister nach Angelobung der rot-blauen Landesregierung wenig erfreut, weil die FPÖ eine "trennende und ausgrenzende Partei" sei. Dass er Probleme mit den Blauen habe, sei "ja amtsbekannt", gibt der aus der Wiener SPÖ kommende Hundstorfer zu, aber er respektiere die Entscheidung.

Bessere SPÖ

Was blieb ihm auch anderes übrig? Hatten die burgenländischen Parteifreunde Niessl und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil doch zuvor einmal mehr deutlich gemacht, dass sie sich ohnehin nichts dreinreden lassen – ohne freilich Kritik an der "Wiener Willkommenskultur" zu üben. Es reichte, dass Niessl selbstbewusst betonte, Burgenlands SPÖ sei die "stärkste sozialdemokratische Landesorganisation" geworden, weil sie das Ohr bei den Menschen habe und sich bemühe, die "Mehrheit der Bevölkerung zu vertreten", Arbeitnehmer sowie kleine und mittlere Unternehmer. Diese Kernklientel würde besonders unter offenen Grenzen am Arbeitsmarkt leiden, verteidigte der Landeschef den vom Parteitag einstimmig angenommenen Antrag auf "Schutz des burgenländischen Arbeitsmarkts" vor ausländischer Billig-Konkurrenz. Dazu käme die Integration anerkannter Flüchtlinge. Das seien "Riesen-Probleme", sagte Niessl, und wenn die Sozialdemokratie diese nicht löse, "werden das andere für uns tun. Das möchte ich nicht."

Pragmatischer Heeresminister

Der von Niessl ob seines "Pragmatismus‘" hochgelobte Minister Doskozil warnte, die SPÖ könnte sich in diesen Fragen selbst "aufreiben". Man solle diskutieren, "aber am Ende müssen wir geschlossen auftreten" – sonst bestehe die Gefahr, in der nächsten Regierung "nicht mehr an Bord" zu sein. Ob der Applaus für Niessl oder Doskozil frenetischer war, ließ sich kaum ausmachen.

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