"Nicht genügend" für Umsetzung der Zentralmatura

Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ)
Bevor sie erstmals an BHS und AHS Pflicht ist, orten Schüler und Lehrer gravierende Mängel.

Das Sommersemester, das an den Schulen in wenigen Tagen beginnt, komplettiert eine Wende im heimischen Schulsystem: Erstmals wird auch an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) flächendeckend die Zentralmatura durchgeführt. Im Vorfeld gibt es für die neue Reifeprüfung, die im Vorjahr zum ersten Mal an allen allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) Pflicht war, ein vernichtendes Zeugnis von Lehrern und Schülern.

Der wichtigste Grund, weshalb die Zentralmatura durchfällt: Standardisierung und Zentralisierung wurden nicht konsequent umgesetzt.

So bekommen beim schriftlichen Teil zwar alle Schüler dieselben Aufgaben gestellt. Diese werden für viel Geld entwickelt und im Vorfeld geprüft. Korrigiert wird aber nach wie vor von den Lehrern an der Schule selbst.

Nur zum Teil zentral

"Eine Zentralmatura, die zentral vorgegeben wird und österreichweit das gleiche Format hat, nicht zentral zu benoten, ist ein Widerspruch in sich", sagt Bundesschulsprecher Maximilian Gnesda.

Eckehard Quin, Vorsitzender der AHS-Lehrergewerkschaft, ist zwar grundsätzlich kein Freund davon, möglichst viel zu zentralisieren – aber wenn, dann ordentlich: "Es ist nicht schlüssig, zentrale Aufgaben nicht zentral auszuwerten", sagt Quin zum KURIER. Er vermutet finanzielle Gründe: Lehrer erhalten für die Korrektur einer schriftlichen Matura 13,50 Euro – eine zentrale Auswertung würde wohl mehr kosten.

Im Büro von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) heißt es, es wäre "ein ziemlicher Verwaltungsaufwand, alles einzusammeln, auszuwerten und zurückzuschicken". Das wäre auch "kostenintensiv". Eine zentrale Auswertung könne daher nur "das Ende eines Prozesses" sein – kurzfristig ist sie kein Thema. Im Ministerium ortet man aber ohnehin kein Problem: Schließlich gebe es eine "Korrektur- und Beurteilungsanleitung".

Gerade die Beurteilung wirft jedoch Fragen auf: Teils gab es im Vorjahr auffallend große Differenzen zwischen den Bundesländern – und den Geschlechtern. So gab es etwa österreichweit für 6,9 Prozent der Mädchen ein "Nicht genügend", aber nur für 4,3 Prozent der Burschen – und das, obwohl diese bei den Bildungsstandards eher schlechter abschneiden.

Noch ein Beispiel, das stutzig macht: In Mathematik gab es bei den schriftlichen Prüfungen 10,5 Prozent "Fleck" – und nach den Kompensationsprüfungen nur 4,1 Prozent. Der Verdacht: Die "Ausbesserungs-Prüfungen" seien leicht gestaltet worden.

"Gewisse Skurrilität"

Lehrervertreter Quin hält es grundsätzlich für eine "gewisse Skurrilität", dass der zweite Versuch mündlich abgehalten wird: Bei der schriftlichen Prüfung würden andere Kompetenzen abgefragt als beim mündlichen Teil der Matura. "Logisch wäre gewesen, einen zweiten schriftlichen Termin einzuziehen. Das ist eine reine Kostenfrage." In Mathematik führe das zu einer "völlig skurrilen Prüfungssituation": Weil die Kompensationsprüfung aus einfachen Fragestellungen bestehe, müsse der Lehrer quasi verstummen. Sobald man mit dem Prüfling kommuniziere, wie bei einer mündlichen Prüfung üblich, "wird es trivial, weil sie praktisch die Lösung verraten".

Im Ministerium sieht man in den mündlichen Prüfungen – erraten – kein Problem: Auch hier gebe es ja einen standardisierten Leitfaden für Prüfung und Beurteilung.

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