"Neuwahl-Start statt Neustart?"

Heinz-Christian Strache vor Christian Kern und Hans Peter Doskozil
Österreicher schreckt vorgezogene Wahl nicht. Derzeit liegt die FPÖ und Blau-Schwarz klar voran.

Rund einen Monat nach dem Kanzlerwechsel und dem Umbau der roten Regierungsmannschaft haben sich die Umfragewerte der SPÖ erwartungsgemäß verbessert. Der neue Bundeskanzler Christian Kern kommt gut an. Über dem "Neustart" der Regierung schwebt aber ein großes Fragezeichen. Das zeigt eine aktuelle KURIER-Umfrage, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut OGM zwischen 14. und 16. Juni. 789 Interviews wurden geführt.

"Neuwahl-Start statt Neustart?"
OGM-Chef Wolfgang Bachmayer sagt zum KURIER: "Der Kanzlerwechsel wird positiv aufgenommen. Die Frage ist, ob Kern künftig auch neue und jüngere Schichten ansprechen kann – über die Pensionisten hinaus. Er hat sich in seiner Antrittsrede die Latte fast übermütig hochgelegt." In der Sonntagsfrage, wenn also am kommenden Sonntag gewählt würde, legt die FPÖ im Vergleich zur April-Umfrage um zwei Prozentpunkte auf 33 Prozent zu. Bachmayer führt das auf das gute Abschneiden von Norbert Hofer bei der Hofburg-Wahl zurück.

SPÖ/ÖVP ohne Mehrheit

Aber auch die SPÖ verbessert sich um zwei Prozentpunkte und liegt mit 25 Prozent klar vor der ÖVP (22 Prozent) auf Platz zwei. Nur zwölf Prozent für die Grünen heißt, der Van-der-Bellen-Bonus ist de facto schon wieder weg. Das bedeutet für Bachmayer unterm Strich: "Es ist keine Mehrheit für Rot und Schwarz in Sicht."

Der Meinungsforscher hat deshalb alle anderen Koalitionsvarianten nach ihrer Beliebtheit abgefragt. Ergebnis: Blau-Schwarz führt mit 25 Prozent vor Rot-Schwarz-Grün (22 Prozent). Das Land ist recht klar in diese beiden Lager gespalten, die Bevölkerung vor allem in der Flüchtlingsfrage polarisiert. Wesentlich: Eine Mehrheit von 47 Prozent der Befragten geht davon aus, dass schon heuer oder spätestens 2017 gewählt wird. Und nicht erst regulär im Herbst 2018 (43 Prozent glauben das).

Das Neuwahl-Gespenst schreckt die Österreicher nicht. Die klare Mehrheit von 57 Prozent der Befragten – hoch ist die Zustimmung vor allem bei ÖVP- und FPÖ-Wählern – würde vorgezogene Wahlen akzeptieren. Bachmayer: "Angesichts der sonst starken Abneigung der Österreicher, was Neuwahlen angeht, sind diese Werte beachtenswert. Vielleicht wird man bald sagen, dass war kein Neustart der Regierung, sondern das war ein Neuwahl-Start."

Arbeit nicht verbessert

Hintergrund dieser Aussage ist: Die Mehrheit von 49 Prozent der Befragten sagt, die Regierungsarbeit sei auch nach dem Kanzlerwechsel "gleich" geblieben, nur 13 Prozent erkennen jetzt eine "bessere" Arbeit der Koalition. Für elf Prozent ist sie sogar "schlechter" geworden. Bachmayer: "Ein gelungener Neustart schaut anders aus." Wenig überraschend sagen 32 Prozent der SPÖ-Wähler, dass die Regierungsarbeit besser geworden ist. Aber nur 14 Prozent der ÖVP- und nur ein Prozent der FPÖ-Wähler teilen diese Meinung.

Die Kanzlerfrage geht dafür ganz klar für Kern aus. Bei einer Direktwahl des Bundeskanzlers würden ihn derzeit 27 Prozent wählen, nur 19 Prozent sind für Heinz Christian Strache. Natürlich hat Kern bei SPÖ-Wählern die meisten Anhänger, aber derzeit auch höhere Werte als alle anderen Chefs bei ihren jeweiligen Parteien.

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