Neuer Finanzminister tritt als Reformer an und auf

Er lacht viel, er redet gern, er kündigt viel an – und er will jedes Versprechen halten: Der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling (60).
Hans Jörg Schelling glänzt mit Sachkenntnis und bremst bei Entlastungszeitpunkt.

Am Montag konnte es Hans Jörg Schelling nicht schnell genug gehen: In die Hofburg zur Angelobung und zur Amtsübergabe im Finanzministerium kam er viel zu früh, Journalisten witzelten sogleich über den neuen "Schnelling".

Am Mittwoch wird der neue Ressortchef aber Opfer des Termindrucks: Auf den Beginn seiner ersten offiziellen Pressekonferenz müssen Berichterstatter und Kameraleute mehrere Tassen Kaffee lang warten.

Schelling hat sich viele Gespräche und Telefonate vorgenommen, die Staatsfinanzen dulden keinen Aufschub. Fast ein wenig gehetzt klingt Schelling, wenn er sagt: "Seit Montagmittag bin ich voll im Geschäft, viele Dinge brechen über mich herein. Aber wenn wir die Probleme nicht angehen, werden sie nur größer."

Budgetloch, Konjunkturtief, Steuerreform, Hypo-Debakel, ÖVAG-Kapitalbedarf, Sparpaket, Finanzausgleich, ÖVP, aber auch Privates.

48 Stunden im Amt – und Fragen über Fragen an den neuen Finanzminister.

Er beantwortet sie alle. Klar und strukturiert, Schelling hat sein Tempogefühl wieder. Er redet gerne und viel, ist aber keiner, der harten Fragen neurolinguistisch programmiert ausweicht.

Vor allem seine Sachkenntnis erstaunt. So einen will man als Reinhold Mitterlehner im ÖVP-Neustart-Team haben.

"Einfach Schelling, das passt schon"

Warum er sich eigentlich von Johann Georg auf Hans Jörg Schelling umbenannt habe, fragt einer. Er sei von Kind auf so genannt worden, erst die Behörden hätten ihn zum Johann Georg gemacht. "Aber sagen Sie einfach Schelling, das passt schon."

Seine Frau habe natürlich keine Freude gehabt, dass er das Finanzressort übernimmt, statt mit 60 ans Aufhören zu denken, gibt der Hobby-Koch und -Winzer offen zu. Aber er stelle sich der "sportlichen Herausforderung", seine Frau wisse er jetzt voll hinter sich. Wie auch die ÖVP nach seiner einstimmigen Wahl im Parteivorstand. Selbst mit Niederösterreichs Erwin Pröll habe er ein "gutes Einverständnis", ein Konflikt werde von außen hineininterpretiert.

ÖVP-Mitglied ist Schelling über den Wirtschaftsbund seit 2000 – damals war er noch Chef von XXXLutz und als Marketinggenie bekannt. Beim Cartellverband (CV) sei er nie gewesen, er habe also keinen Spitznamen wie Mitterlehner ("Django") anzubieten. Aber dank seines Schnauzbartes werde er sicher bald einen bekommen, spöttelt er über sich selbst.

Ach ja, die Sachthemen: Die Steuerreform müsse ein Gesamtkunstwerk, eine Strukturreform und Systemvereinfachung werden, die Entlastung könne nur einen Teil ausmachen, spult Schelling routiniert herunter. Dabei gehe es zuerst um den Mittelstand und erst zum Schluss um die Gegenfinanzierung.Bis dahin ist es weit, wegen des Konjunktureinbruchs nimmt Schelling den Fuß vom Gas: "Ich bremse nicht bei der Steuerreform, ich bremse beim Zeitpunkt." Und: "Ich will keine neuen Steuern." Ob der Wunsch in Erfüllung geht, wird von seinem Geschick als Macher abhängen. Dazu bindet er alle ein: Die "gar nicht so reformunwilligen" Länder, Experten, Sozialpartner, alle Ressorts. "Lösungsorientiert" ist eines seiner Lieblingsworte. Und sein Selbstbewusstsein groß genug. Schelling gibt zu, wenn er etwas nicht weiß oder wissen kann. Etwa wie viele Milliarden die Hypo noch kosten wird oder ob die Konjunktur noch schlechter wird. Eines ist fix: Jahrzehntelang versprochene Reformen will er angehen. Schelling: "Ich stehe für Glaubwürdigkeit."

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