Neuer Präsident will seine Macht reduzieren lassen

Schieder und Lopatka sind zu einer Befugnis-Debatte bereit.
Van der Bellen stellt umstrittene Hofburg-Rechte infrage – Rot-Schwarz offen für Debatte, Neos warnen vor Schnellschuss.

Norbert Hofer hatte im Hofburg-Wahlkampf kein Hehl daraus gemacht, dass er Kompetenzen eines Bundespräsidenten als solcher auch nützen würde. Mehrmals ließ der FPÖ-Mann wissen, die Regierung gegebenenfalls auch zu entlassen. Seinem Grün-Konkurrenten Alexander Van der Bellen hatte das missfallen; er ortete Nationalratswahlgelüste der Blauen – mit dem Ziel einer "blauen Republik".

Nun zieht Van der Bellen in die Präsidentschaftskanzlei ein. Mit der Ansage, die Machtbefugnisse des Staatsoberhaupts einschränken zu wollen. Schon kurz vor der Wahl hat er eine Reform angeregt. Nun tut er das wieder.

Viele Menschen, etwa Ex-Höchstgerichtspräsident Clemens Jabloner meinten, "dass die Verfassung von 1929 dem Bundespräsidenten Rechte einräumt, die unter bestimmten Umständen problematisch sein können. Sie wurden halt noch nie ausgenützt", befand Van der Bellen im ORF-Report. Was er wie ändern will, lässt er offen. Fachleute sollten in einem Konvent darüber reden.

Um die Verfassung zu ändern, wäre im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit nötig; damit auch die Zustimmung einer Oppositionspartei. Was halten die Regierungsfraktionen von einem dahingehenden Verfassungslifting? SPÖ-Klubchef Andreas Schieder reagiert via KURIER zurückhaltend: "Das ist eine sensible Thematik, die umfassend im Parlament diskutiert werden muss, weil nicht zuletzt eine Verfassungsänderung nötig wäre."

Unzeitgemäß

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ist reformwillig. "Es ist vorstellbar, über die Kompetenzen des Bundespräsidenten neu nachzudenken. Nicht mehr zeitgemäße Rechte wie die Gewährung finanzieller Zuwendungen oder die Ehelicherklärung von Kindern könnten beispielsweise entfallen", befindet er gegenüber dem KURIER. Die Zuständigkeit des Bundespräsidenten, den neu gewählten Nationalrat sowie Nationalratstagungen einzuberufen oder sie für beendet zu erklären, "könnten als Organisationsrecht des Nationalrates von diesem vorgenommen werden. Es wäre sinnvoll, dass Experten hier einen neuen Kompetenzkatalog erstellen."

Und wie steht es mit der Opposition? Grünen-Chefin Eva Glawischnig ist einer Präsidentenkompetenz-Debatte nicht abgeneigt. Neos-Boss Matthias Strolz will eine solche nicht. "Ein neuer Konvent ist hoch an der Zeit. Themen wie Föderalismus, Rolle des Bundesrats oder Wahlrechtsreform müssen endlich diskutiert werden. Die Kompetenzen des Bundespräsidenten zählen aus unserer Sicht nicht dazu", befindet er im KURIER-Gespräch. "Ich warne davor, dem Bundespräsidenten Notkompetenzen zu nehmen. Das Recht, die Regierung notfalls entlassen zu können, wurde in der Verfassung nicht ohne Grund eingeräumt. Es braucht ein Zusammenspiel zwischen Regierung, Parlament und Bundespräsident – um gegenseitige Kontrolle der Macht gewährleisten zu können. Dieses Gleichgewicht sollte nicht nach Diskussionen im Rahmen eines Wahlkampfes aufs Spiel gesetzt werden."

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