Bures verteidigt Kampagne "Alkohol im Straßenverkehr"

Bures auf dem Balkon ihres Präsidentschaftsbüros
"Rechtlich korrekt abgewickelt", weist die Nationalratspräsidentin die Kritik des Rechnungshofs an der teuren Kampagne zurück.

KURIER: Der Nationalrat stimmte am Freitag in einer Sondersitzung über die Verhandlungen für ein drittes Griechenland-Hilfspaket ab. Können Sie nachvollziehen, dass Parteien, Teile der Bevölkerung und einzelne Länder dagegen sind?

Doris Bures: Wenn man in Europa von einer Gemeinschaft spricht, in der Solidarität einer der maßgeblichen Werte ist, dann muss jede Chance ergriffen werden, um zu verhindern, dass dieses Land in das wirtschaftliche und soziale Nichts fällt. Ich mache kein Hehl daraus, dass ich es schön gefunden hätte, wenn es bei der Griechenland-Hilfe zu einer breiteren parlamentarischen Zustimmung gekommen wäre.

Im Zuge des Griechenland-Referendums und des Anti-EU-Volksbegehrens, das über eine Viertelmillion Österreicher unterzeichnet haben, wird der Ruf nach direkter Demokratie in Österreich lauter. Erfolgreiche Volksbefragungen sollten zu Volksabstimmungen führen ...

Ich glaube, es geht um ein gutes Zusammenspiel zwischen direkter und repräsentativer Demokratie. Nicht um ein Entweder-Oder. Im Parlament beschäftigt sich seit einem halben Jahr eine Enquete-Kommission mit Möglichkeiten zur Stärkung der Demokratie. Was das Griechenland-Hilfspaket anbelangt, habe ich ganz bewusst dafür plädiert, diese Frage nicht nur im Unterausschuss für ESM-Angelegenheiten zu diskutieren, sondern sie in einer eigenen Sondersitzung des Nationalrates einer Abstimmung zuzuführen. Mir war es wichtig, diese Entscheidung demokratisch breit zu legitimieren.

Ein Diskussionsthema dieser Woche waren die vermeintlich illegale Parteienfinanzierung der FPÖ und die parlamentarische Immunität von FP-Generalsekretär Kickl. Ist eine generelle Aufhebung der Immunität denkbar?

Die parlamentarische Immunität begründet sich historisch. Sie sichert die Unabhängigkeit des Parlaments gegenüber der Exekutive und der Judikative und damit das freie Mandat. Aber es gibt eine Weiterentwicklung: Sie wurde Ende der 70er-Jahre gelockert. Die heutige Form der Immunität heißt nicht, dass sich Abgeordnete ihrer Verantwortung entziehen können. Im Gegenteil: Den meisten Auslieferungsbegehren der Justiz wird stattgegeben. Ein Abgeordneter ist wie jeder andere Staatsbürger für sein Tun und Handeln verantwortlich. Über Veränderungen müssen wir intensiv, aber nicht anlassbezogen diskutieren.

Wenig vorbildlich waren jüngst Wortmeldungen im Parlament. FPÖ-Mandatarin Belakowitsch-Jenewein wollte Flüchtlinge in Herkules-Maschinen abschieben, Neos-Abgeordneter Schellhorn replizierte auf Maria Fekters Bikini-Figur.

Es ist möglich, harte und pointierte Diskussionen zu führen. Es ist aber nicht notwendig, andere Menschen zu beleidigen und damit die Würde des Hohen Hauses zu verletzen. Jeder Abgeordnete muss ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass er eine Verantwortung und Vorbildwirkung hat, das ist wichtiger als Ordnungsrufe oder Bußgelder.

Stichwort: Hypo-Untersuchungsausschuss. Sind Sie als Vorsitzende mit dem Verlauf zufrieden? Die geschwärzten Akten haben anfänglich für Argwohn gesorgt.

Wir sind mit dem neuen Instrument bisher gut gefahren. Da wir völlig neue Wege begehen, haben wir natürlich auch den einen oder anderen Stein beiseiteschieben müssen, etwa die von Ihnen angesprochenen Schwärzungen. Aber eines ist ganz klar: Der neue U-Ausschuss stärkt das Parlament in seiner Kontrollfunktion. Wir arbeiten an politischer Aufklärung und daran, die richtigen Schlüsse aus dem Hypo-Skandal zu ziehen. Damit so etwas nie mehr passieren kann.

Wie zuversichtlich sind Sie diesbezüglich?

Vieles von dem, was bei der Hypo passiert ist, wäre schon heute nicht mehr möglich. Auch auf europäischer Ebene hat man dazugelernt, Aufsichts- und Kontrollorgane wurden gestärkt und arbeiten heute grenzüberschreitend zusammen. Eines wird man allerdings niemals ausschließen können: Kriminelle Handlungen, wie sie leider auch Teil des Hypo-Skandals waren. Dagegen helfen auch die strengsten Gesetze nicht.

Zu Ihrem Amtsantritt sagten Sie, die Person prägt das Amt – und das Amt prägt die Person. Wie wurden Sie geprägt?

Ich glaube, meine Kompromiss- und Konsensfähigkeit wurde gestärkt.

Unterschiedlicher Auffassung waren viele, als Sie sagten, ÖBB-Chef Christian Kern sei ein hervorragender Manager, aber Politik sei nicht seine Stärke.

Journalisten nehmen jeden Tag Bewertungen vor. Ich nehme dieses Recht auch für mich in Anspruch.

Der Rechnungshof kritisiert die Kosten der Werbekampagne "Alkohol am Steuer", die Sie als Verkehrsministerin verantworteten.

Das war eine überaus erfolgreiche Kampagne. Es gibt einen Verkehrssicherheitsfonds, der auch dazu da ist, regelmäßig eine große Kampagne zur Reduzierung von Verkehrsunfällen zu machen. Das haben wir geschafft. Die Kampagne ist rechtlich korrekt abgewickelt und hat zur Bewusstseinsbildung beigetragen. Sie hat nachweislich zu einer Reduktion der alkoholbedingten Verkehrsunfälle geführt.

Die Kritik, Boulevardmedien hätten maßgeblich profitiert, geht ins Leere?

Bei Kampagnen muss ein Ministerium, wie ein Konzern, überlegen, wen es zu erreichen gilt. Es ging nicht um KURIER, Presse oder Boulevard, sondern darum, möglichst viele Menschen zu erreichen, um menschliches Leid zu verhindern.

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