Nationalrat winkte Steuerreform durch

Die SPÖ-Abgeordneten bejubeln die Steuerreform, für die Oppositionellen ist sie kein "Meilenstein", sondern ein "Kieselstein".
Mehr als fünf Milliarden Entlastung - Bankgeheimnis de facto abgeschafft. Große Reformen im Justizbereich.

Der Nationalrat beschert den Österreichern am Dienstag eine Steuerentlastung im Volumen von rund 5,2 Milliarden Euro. Gut fanden die Reform nur SPÖ und ÖVP. Die Opposition lehnte sie geschlossen ab. Bezweifelt wurde die Nachhaltigkeit der Entlastung. Zudem kritisiert wurden Belastungen für die Wirtschaft sowie, dass Mindestrentner von der Reform nichts hätten.

Grundsätzlich vorgesehen ist eine große Tarifreform, die einen deutlich niedrigeren Eingangssteuersatz von 25 Prozent bringt und mit der die Zahl der Lohnsteuerstufen auf sechs verdoppelt wird. Für all jene, die unter der Steuerfreigrenze von 11.000 Euro verdienen, wird die Negativsteuer von derzeit 110 auf maximal 400 Euro ausgeweitet, auch Kleinpensionisten profitieren, nicht aber Bezieher der Ausgleichszulage, einer Defacto-Mindestpension.

Gegenfinanzierung

Für die Gegenfinanzierung sorgen unter anderem eine Anhebung derzeit begünstigter Mehrwertsteuersätze, eine System-Umstellung bei der Grunderwerbssteuer sowie ein Betrugsbekämpfungspaket, das etwa in der Gastronomie eine Registrierkassenpflicht ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro bringt. Zudem wurde dank der Unterstützung der Grünen auch noch das Bankgeheimnis mittels Verfassungsmehrheit de facto abgeschafft.

Damit hatte es sich mit der oppositionellen Unterstützung für die Koalitionspläne auch schon wieder. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache prangerte an, dass man die Mindestpensionisten in Stich lasse, würden diese doch als einzige nicht entlastet. Und jene, die profitierten, würden das durch die "kalte Progression" bald wieder verloren haben. Mit der Registrierkassen-Pflicht würden alle Unternehmer unter Generalverdacht gestellt und der "größte Sündenfall" überhaupt sei, dass "das gute, österreichische Bankgeheimnis" abgeschafft werde.

Diese störte die Grünen logischerweise nicht, sonst konnten sie mit der Steuerreform aber auch nicht viel mehr anfangen als die Freiheitlichen. Kein Meilen- sondern ein Kieselstein sei die Entlastung, befand Parteivize Werner Kogler, der vor einem wirtschaftlichen Zurückfallen Österreichs warnte. Die höchsten Einkommen profitieren prozentuell stärker als die niedrigsten, kritisierte Budgetsprecher Bruno Rossmann.

NEOS: Neue Belastungen

NEOS-Chef Matthias Strolz glaubt, dass die Steuerreform die Arbeitslosigkeit noch weiter befeuert und zwar weil die Unternehmer nicht entlastet würden sondern mit neuen Belastungen konfrontiert seien. Den Österreichern werde die Tarifsenkung auch nichts bringen. Schon 2019 werde der Abgabendruck höher sein als zu Beginn der Steuerreform, prophezeit Strolz.

Team Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich sieht das alles ähnlich. Mit der Reform würden Unternehmer demoralisiert und kriminalisiert, Arbeitsplätze entstünden so nicht. Das Bankgeheimnis aufgeben wollte das Team Stronach auch nicht: "Ich misstraue dem Staat und will nicht, dass er alles über mich weiß", argumentierte Mandatar Robert Lugar.

Letzte Plenarwoche vor der Sommerpause

Zwar weit von den Eigenhuldigungen der Ära Grasser entfernt, aber doch ziemlich selbstbewusst erfreute sich die Koalition an der größten Entlastung der Zweiten Republik. Relativ bescheiden gab sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), der von einem ausgewogenen balancierten Paket sprach und versicherte, dass fünf Milliarden ein Volumen seien, das nachhaltig wirke. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) war überzeugt, dass mit der Reform jedenfalls die richtigen Maßnahmen gesetzt würden: "Beschäftigung schaffen, Arbeitslosigkeit senken, Österreich voranbringen."

Die Steuerreform wird am Dienstag nicht der einzige große Beschluss im Nationalrat bleiben. Im Verlauf des Nachmittags und Abends stehen unter anderem noch die Reform der Einlagensicherung, die Erleichterung des Crowdfunding, die Einführung der Speichermedienabgabe und nicht zuletzt die große Reform des Strafgesetzbuchs sowie die Neuordnung des Weisungsrechts auf dem Programm.

Ähnlich dicht gepackt ist das Programm für die beiden weiteren Tage. Differenzen gab es zuletzt noch bei der Grunderwerbssteuer, die ein wichtiger Teil der Steuerreform sein wird. Der ÖAAB forderte hier eine Deckelung. Wenn Kinder gemeinsam mit den Eltern in einem Haus wohnen, das sie erben, sollen nicht mehr als 10.000 Euro Steuer anfallen (mehr dazu lesen Sie hier). Zu einer Änderung im Reformpaket kam es hier nicht.

Die Eckpfeiler des Pakets stehen ja schon lange fest. Im Mittelpunkt steht eine Senkung der Lohnsteuer im Ausmaß von fünf Milliarden Euro. Bis zuletzt wurden allerdings Details neu verhandelt und geändert. So werden Betriebe, die weniger als 7.500 Euro im Jahr bar umsetzen, von der Registrierkassenpflicht ausgenommen.

Die Verpflichtung zur Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems besteht weiterhin ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro, allerdings nur sofern die Barumsätze 7.500 Euro überschreiten (dazuzählen Banknoten, Bankomaten und Kreditkarten).

Erleichterungen bzw. Ausnahmen bei der Registrierkassenpflicht soll es auch für Automaten (für Kaffee, Kaugummi, Getränke und Snacks, etc.) geben. Diese werden aber erst mittels Verordnung geregelt. Es wird auf jeden Fall für alle bestehenden Automaten und jene, die bis Ende des Jahres aufgestellt werden, eine zehnjährige Übergangsregelung geben. Darüber hinaus sind weitere Erleichterung und Ausnahmen geplant, dieses müssen aber erst formuliert werden.

Die Mehrwertsteuererhöhung von zehn auf 13 Prozent für Tourismusbetriebe sowie Theater- und Musikaufführungen wird weiter hinausgezögert - vom 1. April auf den 1. Mai 2016. Alles, was man bis zu diesem Datum bucht, wird nur mit zehn Prozent besteuert. Wenn man sich zum Beispiel heuer im September eine Karte für die Salzburger Festspiele 2016 kauft, ist der ermäßigte Steuersatz gültig. Abos, auch wenn sie erst für 2017 sind, können bis zum 31. Dezember mit dem zehnprozentigen Steuersatz gekauft werden.

Der ermäßigte Steuersatz von zehn Prozent für Studentenheime wird auch für Schüler- und Lehrlingsheime eingeführt.

Änderungen gibt es auch beim sogenannten Bankenpaket. Die Grünen, mit denen die nötige Zweidrittelmehrheit für die Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) erreicht wird, haben eine Regelung ausverhandelt, um jene Steuerhinterzieher (Abschleicher) zu erreichen, die 2012/2013 heimlich ihr Vermögen aus der Schweiz bzw. Liechtenstein nach Österreich zurücktransferiert hatten, um ihr Geld vor Inkrafttreten der Steuerabkommen mit diesen Ländern vor der Finanz in Sicherheit zu bringen. Mit einem rückwirkenden Kapitalzuflussgesetz müssen Banken der Finanz jeden Betrag über 50.000 Euro melden, der vor Inkrafttreten der Abkommen mit diesen Ländern (2012 und 2013) getätigt worden ist.

Die Betroffenen haben allerdings die Möglichkeit der anonymen Einmalzahlung oder einer Selbstanzeige. Bei einer anonymen Einmalzahlung ist der höchste Steuersatz von 38 Prozent auf den meldepflichtigen Betrag zu zahlen. Die Steuerpflichtigen müssen bis zum 31. März 2016 ihrem Kreditinstitut eine entsprechende Meldung machen. In diesem Fall entfällt die Meldeverpflichtung für die Banken. Sie müssen nur die Einmalzahlungen bis spätestens 30. September 2016 abführen. Im Umfang der Abgeltungswirkung tritt für den Steuerpflichtigen Straffreiheit ein.

Als Alternative zur anonymen Einmalzahlung ist auch eine Selbstanzeige möglich. Diese löst allerdings, zusätzlich zur Steuernachzahlung, einen Zuschlag von fünf bis 30 Prozent des hinterzogenen Betrages aus. Diese Alternative ist daher nur bei kleineren Beträgen interessant.

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