Grüne greifen nach der Zweidrittelmehrheit

Wir können das, wir halten zusammen: Neben Parteichefin Glawischnig (li.) engagierten sich alle Grünen, die derzeit in einer Landesregierung sitzen, im Wahlkampf von Johannes Rauch (3. v. re.). Eine Botschaft, die von den Vorarlbergern offenbar goutiert wurde.
Schafft die Öko-Partei im Ländle den Sprung in die Regierung, regiert sie in sechs von neun Ländern.

Als es ans Feiern ging, als man die glänzenden 17,2 Prozent endgültig genießen durfte, da waren sie alle da, in der Bregenzer Parteizentrale: Der Bundesgeschäftsführer, Parlamentarier aus anderen Bundesländern, selbst der stellvertretende Parteichef Werner Kogler hatte sich nicht lumpen lassen – und stieß mit einem Glas Sekt auf das Ergebnis an.

Dass sich Parteikollegen bei prächtigen Erfolgen gerne an die Seite der Sieger stellen, ist nicht weiter verwunderlich. Das kennt man aus vielen anderen Wahlgängen.

Im Falle der Grünen ist die Sache allerdings anders gelagert.

Wie keine andere Landespartei wurden die Vorarlberger Ökos bereits im Wahlkampf von der Partei-Familie unterstützt; und intern sind sich die Strategen heute sicher, dass genau dieser, nach außen hin auch sichtbare Zusammenhalt ein wesentlicher Grund dafür ist, warum sie bei den letzten sieben Urnengängen teils üppig zulegen konnten.

Hackelschmeißer

Grüne greifen nach der Zweidrittelmehrheit
APA20396250-2_21092014 - BREGENZ - ÖSTERREICH: LANDTAGSWAHL IN VORARLBERG: (v.l.) Die stellvertretende Grünen-Klubobfrau Gabriela Moser gratuliert Grünen-Landessprecher Johannes Rauch am Sonntag, 21. September 2014, in der Wahlzentrale im Bregenzer Landhaus. FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
"Wenn allein die Bundesparteichefin vier Mal zum Wahlkämpfen in den Westen kommt, und wenn Vertreter aller Bundesländer, in denen wir regieren, gemeinsam für eine Regierungsbeteiligung in Vorarlberg werben, dann zeigt das einen Teamgeist, der bei den Wählern offenbar einen Nerv trifft", sagt Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner. "Die Bürger haben das Gegeneinander und die Hackelschmeißereien satt."

Der neue, vergleichsweise unaufgeregte Stil als Regierungspartei, das ist eines der Rezepte für den Wahlerfolg.

In Vorarlberg spielte zudem der Spitzenkandidat eine erhebliche Rolle – Johannes Rauch gilt nicht nur als alter Polit-Hase, sondern auch als beliebt. Wie sonst wäre zu erklären, dass er in seiner Heimatgemeinde Rankweil stattliche 22,6 Prozent eingefahren hat?

Themen-Kanon

Abgesehen davon, dass die Grünen das Image der Umfragen-Kaiser mittlerweile ablegen konnten (siehe Bachmayer-Interview), liegt der grüne Höhenflug noch an einem anderen Faktum: Ihr Themen-Kanon trifft ein Lebensgefühl; und er eignet sich zunehmend für Wahlkämpfe auf allen politischen Ebenen.

"Die Zerstörung der Natur, die Allmacht der Konzerne, Bio-Lebensmittel und eine Bildungsreform – das kann man bei der EU-Wahl genau so gut thematisieren wie bei einer Landtags- oder Gemeinderatswahl", sagt ein Grüner Stratege – die "Erzählung sei "konsistent".

Ungeachtet der geografischen und polit-numerischen Kleinheit des Bundeslandes bietet Vorarlberg für die Grünen nun die Chance für einen großen Sprung: Sollte es gelingen, auch hier eine schwarz-grüne Landesregierung zu etablieren, so hätten die Grünen eine Zweidrittelmehrheit. Soll heißen: Sie würden damit in sechs von neun Bundesländern mitregieren – und damit nicht nur mehr Regierungsmitglieder stellen als die Kanzler-Partei SPÖ: Sie könnten zudem auch Druck auf den Bund ausüben. "Wenn es bei den grünen Umweltlandesräten eine Mehrheit gibt, wird das der für Umwelt- und Energiefragen zuständige Bundesminister künftig ordentlich spüren", sagt Bundesgeschäftsführer Wallner. Vorerst bleibt es freilich bei Wallners "Wenn", denn: Noch sind die Grünen im Ländle nicht in der Regierung.

Mitarbeit: Tobias Schmitzberger

17,2 Prozent reichen den Grünen für sechs von 36 Mandaten im Vorarlberger Landtag. Eine schwarz-grüne Koalition ist möglich. Es wäre die sechste grüne Regierungsbeteiligung auf Länderebene. Am Längsten sind die Grünen in Oberösterreich dabei: Seit 2003 regiert die Partei mit Chef Rudi Anschober an der Seite der ÖVP, damals mit 9,06 % der Stimmen. Auch nach der Wahl 2009 (9,18 Prozent) führte man die Koalition fort.

2010 folgte die zweite Regierungsbeteiligung. In Wien schaffte Grün 12,64 Prozent und die bisher einzige Koalition allein mit der SPÖ. Die nächsten Regierungen mit grüner Beteiligung folgten im Jahr 2013. In Kärnten kamen sie bei der Landtagswahl auf 12,1 Prozent und regieren hier seither mit SPÖ und ÖVP. In Tirol reichten 12,59 Prozent für eine Koalition mit der ÖVP. Und in Salzburg erreichten die Grünen mit 20,18 Prozent Stimmenanteil sogar ein Rekordergebnis. Bei keiner anderen Landtagswahl hatte man jemals mehr Stimmanteile gewinnen können. Interessant auch: In vier von fünf Ländern regiert man gemeinsam mit der ÖVP. Mit Vorarlberg könnte ein weiteres Land dazukommen.


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Quelle: Vorläufiges Endergebnis laut BMI/Land Vorarlberg

Hier geht's zur Detailauswertung mit Bezirks- und Gemeindeergebnissen.

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