Nach Bandions Interview: Amnesty will Taten sehen

"Todesstrafen"-Sager: Menschenrechts-Organisation fordert "wirksame Maßnahmen" gegen Abdullah-Zentrum.

Die Aussagen der Vizegeneralsekretärin des Abdullah-Zentrums, Claudia Bandion-Ortner, beschäftigen weiterhin die Öffentlichkeit: Der Generalsekretär von Amnesty International (ai) Österreich, Heinz Patzelt, hat am Mittwoch gegenüber der APA "wirksame Maßnahmen" gegen das Institut gefordert. Ein Zentrum, das zulasse, dass seine Spitzenvertreterin in Österreich sich "dermaßen verharmlosend zu schwersten Menschenrechtsverletzungen im Bereich der Todesstrafe und Frauendiskriminierung" äußere, verliere damit jegliche Legitimation, zu einer besseren und menschenrechtskonformeren Welt beizutragen, erklärte Patzelt. Bandion-Ortner hatte in der jüngsten Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" erklärt, Hinrichtungen in Saudi-Arabien fänden "nicht jeden Freitag" statt.

Nach Bandions Interview: Amnesty will Taten sehen
APA4113690-2 - 18052011 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT AI - Der Generalsekretär von Amnesty International Österreich, Heinz Patzelt, am Dienstag, 17. Mai 2011, während eines Interviews mit der Austria Presse Agentur (APA). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International feiert heuer ihr 50-jähriges Bestehen. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
"Jedenfalls ist von der österreichischen Bundesregierung jegliche rechtliche Privilegierung dieses Vereins zu beenden", forderte der Amnesty-Vertreter weiter. "Wenn es noch eine Steigerung der menschenrechtlichen Barbarei Todesstrafe gibt, dann ist es die öffentliche Zurschaustellung und Demütigung der Opfer vor der versammelten Bevölkerung. Genau das wird in Saudi Arabien insbesondere nach dem Freitagsgebet bis zum Exzess getrieben", so Patzelt weiter. Damit gehöre Saudi-Arabien weltweit zu jener kleinen Gruppe, die Menschenrechte nicht nur bewusst und systematisch schwer verletze, sondern auch noch meine, damit ihr Image stärken und pflegen zu können. Nach Angaben von Amnesty International wurden in Saudi-Arabien 2013 mindestens 79 Todesurteile vollstreckt. 2014 wurden bisher 60 Menschen hingerichtet.

Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner wird die Häme, die über Claudia Bandion-Ortner hereinprasselt, mit Genugtuung registrieren. Er hat es ja schon immer gewusst. Noch in U-Haft provozierte er Bandion-Ortner gerne, indem er die Ex-Justizministerin als „strohdumme Person“ bezeichnete. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder fand am Dienstag ähnlich abwertende Worte. Er zeigte sich „schockiert über den Inhalt und die Blödheit im Interview“, das Claudia Bandion-Ortner dem Wochenmagazin profil gegeben hat. „Wenn schwere Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien derart relativiert werden, ist das untragbar.“

Auch Bundeskanzler Werner Faymann befand nach dem Ministerrat die Aussagen von Bandion-Ortner als „völlig verfehlt“. Er werde sofort nach der Rückkehr von Außenminister Sebastian Kurz aus China mit ihm über den Vertrag, den das Außenministerium mit Saudi-Arabien abgeschlossen hat, über etwaige Kosten und über einen möglichen Vertragsausstieg sprechen.

Keine Kosten

Allerdings: Kosten entstehen der Republik gar keine. Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog, das in einem der schönsten Ringstraßen-Palais residiert, wird in den ersten drei Jahren von Saudi- Arabien finanziert. Das Budget beträgt pro Jahr 17 Millionen Euro. Bandion-Ortner ist als Richterin karenziert und steht als Vizepräsidentin des Zentrums auf der Gehaltsliste der Saudis. Österreich gehört neben Spanien und Saudi-Arabien zu den Gründungsmitgliedern. Der Vatikan hat Beobachtungsstatus. Da das Zentrum eine internationale Organisation ist, genießt es diplomatische Vorteile und ist steuerbefreit.

Das König-Abdullah-Zentrum sollte eine „Plattform für interreligiösen Dialog sein“, betonte Schieder. Und meinte weiter: „So ein Zentrum sollte ein Beitrag zu einem gesellschaftlichen Fortschritt sein. Wenn das Ergebnis dieses Zentrums das Erscheinen eines solchen Interviews von Bandion-Ortner ist – und das besser nicht erschienen wäre – dann brauchen wir so ein Zentrum nicht“.

Eine Kritikerin der ersten Stunde ist die Grünen-Abgeordnete Alev Korun. Ein Rücktritt von Bandion-Ortner ist ihr zu wenig. „Ich finde, das Zentrum ist reif für die Auflösung. Allein in diesem Jahr gab es 60 Hinrichtungen in Saudi-Arabien. Das Land hat die IS-Terroristen finanziert. So einem Land ein Feigenblatt zu geben, ist einfach lachhaft.“ Aber auch in Richtung SPÖ spart Korun nicht mit Kritik: „Die SPÖ hat bei jeder Abstimmung mitgestimmt. Jetzt zu sagen, ich schau mir das an, ist einfach unglaubwürdig.“

Disziplinarverfahren?

Die Causa könnte für die Ex-Justizministerin noch ein unangenehmes Nachspiel haben. Denn das Justizministerium lässt die Aussagen der karenzierten Richterin vom Oberlandesgericht Graz prüfen. Dieses habe über ein etwaiges Disziplinarverfahren zu entscheiden. Der OLG-Präsident muss sich anschauen, ob Bandion-Ortner dem Ansehen des Richterstandes geschadet hat. Kommt er zu dieser Auffassung, kann er ein Disziplinar-Verfahren einleiten. Hier kann das Strafmaß von einer Verwarnung bis zur Entlassung gehen.

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