Asyl: "Der Kanzler muss koordinieren"

„Die Zelte zeigen, dass man sich nicht mehr zu helfen weiß“, befindet Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer. Dabei gebe es genügend leer stehende Bundesgebäude
Bürgermeister-Sprecher Mödlhammer fordert Bund auf, nach leeren Gebäuden für Flüchtlinge zu suchen.

Die Zelte haben eine schlechte Optik und zeigen, dass man sich nicht mehr zu helfen weiß. Man vermittelt den Bürgern das Gefühl, dass die Flüchtlinge nirgendwo mehr untergebracht werden können." Helmut Mödlhammer ist verärgert.

Das, was die Bundesregierung in Sachen Flüchtlinge tut – oder nicht tut –, missfällt dem Sprecher der heimischen Bürgermeister. "Die Bundespolitik vermittelt den Eindruck, dass sie nicht gewillt ist, Probleme gemeinsam zu lösen. Der Regierungschef muss das Heft in die Hand nehmen. Für die Probleme, die es zu lösen gilt, sind die politischen Repräsentanten gewählt worden", urteilt der Präsident des Gemeindebundes im KURIER-Interview.

Verärgerte Akteure

Asyl: "Der Kanzler muss koordinieren"
Von einer "Schattenregierung" oder eigens bestellten Koordinatoren, wie jüngst vom Traiskirchner SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler vorgeschlagen, hält er nichts. Dessen lautstark artikulierten Unmut über ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kann er aber nachvollziehen: "Über die Medien zu erfahren, was der Bund plant, verärgert alle Akteure auf Landes- und Gemeindeebene. Wir müssen miteinander reden, anstatt sich ständig über die Öffentlichkeit etwas auszurichten."

Schon vor Tagen habe er Werner Faymann aufgefordert, aktiv zu werden; passiert sei nichts, klagt ÖVP-Mann Mödlhammer. Was er vom roten Regierungschef fordert? "Er muss die Unterbringung von Flüchtlingen koordinieren. Das ist unabdingbar." Der Kanzler hätte längst alle Minister an einen Tisch holen müssen, um zu klären: Welche Bundesimmobilien sind nicht ausgelastet? Was kann der Bund bereitstellen?" Es gebe genug leer stehende Bundesgebäude, sagt Mödlhammer, und erinnert an die Jugoslawien-Krise, "während der Österreich bewiesen hat, was alles möglich ist". Deshalb gehe es nicht an, "dass die Innenministerin sagt: ,Wir stellen noch ein paar Zelte auf‘, und Verteidigungsminister Klug sagt: ,Wir haben keine Kasernen‘".

Konsequenzen

Dass sich viele Bürgermeister gegen Flüchtlinge in ihrem Ort verwahren, ist aber nicht zu bestreiten, oder? "Die Bürgermeister denken schon weiter. An die Konsequenzen. Der Bund tut das nicht." Man dürfe die Ortschefs nicht überfordern: "Eine Gemeinde mit etwa 2000 Einwohnern kann aufgrund der Infrastruktur etwa 20 Flüchtlinge aufnehmen. Die Menschen müssen untergebracht, verpflegt werden. Kindern muss ein Kindergarten- und Schulplatz zur Verfügung gestellt werden. Das bedenkt der Bund nicht. Die Kosten gehen zulasten der Mindestsicherung, 50 Prozent trägt das Land, 50 die Gemeinde. Das geht sich auf Dauer mit mehr Menschen nicht aus." Für den Gemeindebundchef sind "kleine Einheiten das Erfolgsrezept. Alles andere ist nicht machbar, eine Zumutung für Bevölkerung wie Flüchtlinge."

Mödlhammer appelliert an den Gesetzgeber, Asylwerbern die Möglichkeit zu gemeinnütziger Arbeit zu erleichtern. "Die Flüchtlinge sind den ganzen Tag zum Nichtstun verdammt, dabei gibt es in jeder Gemeinde etwas zu tun, etwa Straßenkehren, Essensaugabe in Kindergärten oder Pflegeheimen. Doch der Gesetzgeber macht das kleinen Gemeinden quasi unmöglich. Das ist ein unglaublicher Hürdenlauf, die Bürokratie ist ein Hund."

Zudem müssten die Tagsätze für die Beherbergung von Asylwerbern flexibel werden. "In kleineren Einheiten wird man mehr Geld pro Flüchtling brauchen."

Generell gilt für Mödlhammer: "Menschen müssen dort untergebracht werden, wo sie die Chance haben, die Sprache zu erlernen, langfristig Arbeit und eine Wohnung zu finden."

Karriere

Helmut Mödlhammer, geboren 1951 in Salzburg, begann 1972 als Redakteur bei der Salzburger Volkszeitung (SVZ), deren Chefredakteur er von 1978 mit Unterbrechungen bis 2004 war. Er gründete die Junge ÖVP Koppl, zog 1984 in den Gemeinderat von Hallwang ein und stand von 1986 bis 2014 Hallwang als Bürgermeister vor.

Von 1994 bis 1999 war er Abgeordneter im Salzburger Landtag, von 1996 bis 2001 ORF-Kurator. Seit 1999 und bis einschließlich 2017 ist Mödlhammer Präsident des österreichischen Gemeindebundes und damit Sprecher von 2100 Gemeinden. Zudem ist der 63-Jährige stellvertretender Obmann der Salzburger ÖVP.

Privat

Helmut Mödlhammer ist verheiratet, er hat drei Kinder (Petra, Manuela, Helmut).

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