Auf Stöger wartet die "Löwengrube"

Große Aufgabe: Der Mühlviertler Alois Stöger soll von Bures das Verkehrsministerium übernehmen
In Sachen Infrastruktur habe der Oberösterreicher zu wenig Expertise, kritisiert die Grüne Moser.

Eigentlich galt Gesundheitsminister Alois Stöger im vergangenen Jahr als fixer Einsparungsposten der roten Regierungsmannschaft. Jetzt soll er das nach dem Kanzleramt wichtigste SPÖ-geführte Ministerium übernehmen.

Wenn in der kommenden Woche am 25. August die SPÖ-Gremien die Pläne von Kanzler Werner Faymann nicht durchkreuzen, wird der gelernte Maschinenschlosser der neue Chef im multi-Milliarden-Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT). Bisher war Stöger nicht in diesem Umfeld tätig. Anzunehmen ist, dass Kanzler Faymann den Oberösterreicher Stöger auswählte, um die Genossen ob der Enns zumindest bis zum Parteitag im November milde zu stimmen. Geholfen hat aber auch sein untadeliges Wirken als sehr leiser Gesundheitsminister. Aber ist Stöger der richtige Mann für das Ressort?

Viele Baustellen

Auf Stöger wartet die "Löwengrube"
Die Ausschussobfrau Gabriela Moser (Gruene) spricht am Montag (03.09.12) in Wien bei einer Pressekonferenz ueber den Korruptions-Untersuchungsausschuss. Moser hatte den Antrag von SPOe, OeVP, FPOe und BZOe ueber den weiteren Zeitplan des Korruptions-Untersuchungsausschusses nicht zugelassen. Foto: Ronald Zak/dapd
"Ich habe Stögers konsequente Rädchen-für-Rädchen-Politik im Gesundheitsministerium durchaus goutiert, er kommt ja aus dem Gesundheitsbereich. Aber für die Infrastruktur hat er keine Fachkompetenz", wundert sich die grüne Rechnungshof-Sprecherin Gabi Moser über den geplanten Regierungswechsel.

Weil das Ministerium Milliardenbeträge verwaltet, erstellt der Rechnungshof regelmäßig Kontrollberichte über das BMVIT, für Moser ein "Mega-Ressort mit Löwengrubencharakter und großen Baustellen". Im Argen liege es für Moser etwa bei Asfinag und ÖBB, die vom "Ballast des Zurufens vom Bund und den Landeshauptstädten" befreit werden müssen – auch weil einige Landeshauptleute gerne ihre Verkehrswünsche als wichtige Bundesprojekte verankern, obwohl sie wenig sinnvoll und oft widersinnig seien. Problematisch sei auch das seit Verkehrsminister Faymann kritisierte Schalten von Inseraten bei der Asfinag, "obwohl die ja überhaupt nicht im Wettbewerb steht".Durchsetzungskraft"Minister Stöger wird auch das Problem haben, nur von externen Expertisen abhängig zu sein, da werden ihn auch die Landeshauptleute leicht über den Tisch ziehen können. Die Infrastruktur-Politik ist ja auf Jahrzehnte angelegt, da müssen dringend Fachleute ran", ärgert sich Moser.

Sie legt Wert darauf, Stöger nicht den Fleiß absprechen zu wollen, sich in die großen Themen einarbeiten zu können. "Aber bis er in der Materie wirklich drinnen ist, ist die Legislaturperiode vorbei."

Auf Stöger wartet die "Löwengrube"
Christoph Leitl & Eva Glawischnig/Streitgespräch 10.4._9:30 Uhr KURIER, 12. Stock
Und was sagt der Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl? "Ich traue es ihm zu, dass er die Probleme rasch erkennt. Wenn er auf den Rat bestens eingearbeiteter Experten hört, dann wird das gut gehen", ist Leitl überzeugt. Aber ist Stöger auch der richtige Mann für den "abgesandelten" Standort Österreich? "Ich sagte, wir laufen Gefahr, in Richtung Mittelmaß abzusandeln, etwa unsere Einrichtungen in der Wissenschaft oder der Forschung. Auch unsere Schulen sind in einem Zustand, die an der Zukunftsfähigkeit zweifeln lassen. Aber das ist nicht die Aufgabe des Infrastrukturministers", betont der Wirtschaftskammer-Boss. Er habe auch keine Sorge, dass Stöger von mächtigen Landeschefs über den Tisch gezogen wird. "Weil das wird man nur dann, wenn man dilettantisch agiert", streut er Stöger Rosen. "Und nicht zuletzt", sagt der Mühlviertler Leitl: "Stöger ist nicht nur Oberösterreicher, sondern auch Mühlviertler."

Was Alois Stöger erwartet

Das Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) ist unter anderem zuständig für: Die Bundesbahnen (ÖBB) samt einiger regionaler Bahnen, den Straßenbau (Asfinag), die Regulierung von Post und Telekom, die großen Forschungsprogramme, die Forschungsförderungsgesellschaft, Austro Control, via donau, als auch mehrheitlich die Elite-Uni AIT und die Austria Wirtschaftsservice GmbH.

Kärntens SPÖ-Chef Peter Kaiser bedauert den bevorstehenden Wechsel von Doris Bures vom Infrastrukturministerium an die Spitze des Nationalrates. "Sie hat für Kärnten sehr viel getan, hatte für unsere Anliegen immer ein offenes Ohr", sagte er zum KURIER.

Kaiser erhofft sich, bei Nachfolger Alois Stöger ähnliche Unterstützung zu finden. Doch es gibt einen zweiten, vielleicht sogar wichtigeren Grund, warum im südlichsten Bundesland Bures’ Wechsel nicht von allen goutiert wird. Denn mit der Wahl von Sabine Oberhauser als Gesundheitsministerin wurde Kärnten erneut übergangen. "Dass wir für eines halbes Jahr Ana Blatnik als Vorsitzende des Bundesrates haben, darf doch nicht alles sein", heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Auch Kaiser verhehlt nicht, dass ihm ein Wechsel von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek in den Nationalrat lieber gewesen wäre. Denn mit Christine Muttonen hätten die Kärntner Roten eine engagierte Frau, die aus ihrer Sicht längst ministrabel ist. "Sie würde als Bildungs- und Frauenministerin sicherlich ihren Mann stellen", ist man bei der SPÖ-Kärnten überzeugt.

Die als neue Nationalratspräsidentin gehandelte Verkehrsministerin Doris Bures von der SPÖ hat am Montag zu den anstehenden Personalentscheidungen innerhalb der SPÖ auf die Parteigremien verwiesen. Auch auf die Frage, ob sie gerne die Nachfolge der verstorbenen Barbara Prammer antreten wolle, reagierte sie am Rande einer Pressekonferenz zurückhaltend.

"Sie wissen, dass heute in einer Woche eine Gruppe von Menschen (...) in den Gremien eine Entscheidung treffen wird. Sie wolle nicht vorgreifen, so Bures. "Daher tut es mir leid, aber ich kann und will heute dazu nicht mehr sagen." Auf die Frage, ob sie denn gerne Nationalratspräsidentin werden würde, sagte Bures lediglich: "Ich mache vielleicht nächste Woche Montag eine Pressekonferenz."

Offenherziger zeigte sich hingegen Parteikollege Michael Ritsch: Vorarlbergs Parteichef bestätigte in einer Pressekonferenz Montagvormittag, bereits vergangene Woche über die entsprechenden Pläne der Parteispitze informiert worden zu sein. Das Besuchsprogramm des künftigen Infrastrukturministers Alois Stöger in Vorarlberg wurde schon angepasst.

Andere Parteien reagieren zurückhaltend und teils positiv

Zurückhaltend, aber teilweise auch eher positiv haben die anderen Parteien auf die geplanten Rochaden in der SPÖ reagiert. "Das ist Sache der SPÖ", lautete am Montag der einzige Kommentar aus der ÖVP-Parteizentrale auf Anfrage der APA. Dem schwarzen Klubobmann Reinhold Lopatka war über seinen Sprecher lediglich zu entlocken, dass er Bures seit Jahren als "Kämpferin in der Sache" kenne. Keine Stellungnahme wollte am Montag der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) abgeben.

Auch vom von der FPÖ nominierten Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer gab es noch kein Statement zu Bures, er will sich laut einer Sprecherin erst äußern, wenn die SPÖ-Gremien entschieden haben. FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein hatte am Wochenende erfreut reagiert, dass mit Sabine Oberhauser nun wieder eine Ärztin dem Gesundheitsressort vorstehen wird - ihre Erwartungen seien aber nicht hoch, denn in der Zeit als Gesundheitssprecherin der SPÖ sei Oberhauser eher dadurch aufgefallen, dass sie dem Gesundheitsminister "nach dem Mund geredet hat".

Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur hofft, dass mit Bures als Nationalratspräsidentin der Stil von Barbara Prammer zum Teil weitergeführt werde. Es sei aber zu bemerken, dass SPÖ-Chef Werner Faymann der Partei gehorchen und die Gewerkschaft stärken müsse, sagte Nachbaur zur APA im Hinblick auf Oberhausers Aufstieg. Sie freue sich aber, dass endlich eine Ärztin und damit "jemand vom Fach" Gesundheitsministerin wird.

Kommentare