Mini-Aufstand gegen Faymann

Eine Protestkundgebung gegen die derzeitige Asylpolitik der SPÖ.
Die Wiener Roten sind in der Flüchtlingsfrage weiter gespalten, ein großer Krach blieb aber aus.

Die Parteijugend hatte sich gut vorbereitet. Mit Transparenten und Schildern wurden die rund 900 Delegierten am SPÖ-Landesparteitag "begrüßt". Sie galten allerdings Bundeskanzler Werner Faymann, der im Bund eine Asylnovelle mit Verschärfungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen befürwortet.

"Faymann, du Orban" oder "Werner, rechts der FPÖ ist Überholverbot" stand auf den Transparenten von VSStÖ und Sozialistischer Jugend (SJ) zu lesen. Der Kanzler sah sie nicht, er nahm den Seiteneingang.

Als Faymann an das Rednerpult trat, kam Bewegung in den Saal. Knapp 200 Delegierte verließen den Saal. Es war aber ein stiller Protest. Auch um die Inszenierung des Parteitags, der auch SPÖ-Präsidentschaftskandidat Hundstorfer Rückenwind bringen sollte, nicht völlig auf den Kopf zu stellen, verzichteten die Kritiker auf wortgewaltige Auftritte.

Faymann ließ sich von der Aktion nicht beirren. "Wir haben in der Frage der Flüchtlinge im Vorjahr gezeigt, dass wir ein Land sind, das zuerst einmal die Ärmel aufkrempelt und hilft", betonte der SPÖ-Chef. Er verteidigte allerdings auch einmal mehr den verschärften Flüchtlingskurs der Regierung: "Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren, wenn wir als Sozialdemokraten sagen, wir können nicht alle Menschen in Österreich aufnehmen". Faymann pochte also auf Einigkeit. "Wir brauchen europäische Lösungen und Richtwerte, die aufmerksam machen darauf, dass wir nicht alleine in der Lage sind, alle Flüchtlinge aufzunehmen." Sprach’s und trat ab, der Applaus ebbte rasch wieder ab.

Die Ausgezogenen kehrten rasch zurück, denn jetzt kam Bürgermeister Michael Häupl. Er signalisierte Unterstützung für den Kanzler. Man müsse Menschen in Not helfen, daran habe sich in der SPÖ nichts geändert. Derzeit könne man die Flüchtlinge ordentlich betreuen. "Sollten 100.000 kommen, können wir das nicht leisten. Daher ist es richtig, sich darauf vorzubereiten", sagte Häupl. Allerdings: Von Obergrenzen oder Richtwerten sprach er nicht, auch im Leitantrag, der später beschlossen werden sollte, fehlen diese.

Mit der ÖVP ging Häupl scharf ins Gericht und kritisierte deren Pläne zur Kürzung der Mindestsicherung. Auf den zeitgleich stattfindenden Parteitag der burgenländischen SPÖ ging er wie die Vorredner mit keinem Wort ein. Dass in der SPÖ lange nicht alles eitel Wonne ist, zeigten die vielen Wortmeldungen danach. Bis in den späten Nachmittag hinein wurde vor allem das Asylthema hitzig diskutiert. 49 Delegierte sprachen öffentlich darüber. Etwa SJ-Vorsitzende Marina Hanke. Sie kritisierte Faymann scharf: "Es kann nicht sein, dass Menschen an der Grenze abgeschoben werden." Wenn über 800 Gemeinden in Österreich keinen Flüchtling haben, könne man nicht von Notstand reden.

"Ich kann nicht glauben, dass unter dem Deckmantel der Sorge ein Gesetz mit einer anderen Haltung beschlossen wird, als jener, die wir im Herbst in Wien gezeigt haben", befand Miriam Leitner aus der SPÖ-Alsergrund: "Dann übergeben wir den Schlüssel wirklich an Strache." Gemeinderat Christian Deutsch betonte zwar, dass man legale Wege zur Einreise nach Europa schaffen müsse, kritisierte aber den Protest gegen Werner Faymann: "So setzt man sich nicht mit Argumenten auseinander. Das ist Respektlosigkeit, die mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung verwechselt wird."

"Eine Frechheit"

Der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy wurde emotional: "Wir können nur noch so viele aufnehmen, wie wir verkraften können. Es wird der Zeitpunkt kommen, wo wir dann nicht mehr reagieren können. Und ich halte es für eine Frechheit, dass ich mir sagen lassen muss, dass ich kein echter Sozialdemokrat bin, nur weil ich für einen Außenbezirk zuständig bin."

Der Abschluss war dennoch versöhnlich. Der Leitantrag wurde wie vorgesehen einstimmig angenommen.

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