Mehr Schulden für Steuern runter?

Vizekanzler und VP-Obmann Reinhold Mitterlehner äußert sich zum Vorschlag von Reinhold Lopatka skeptisch
ÖVP-Spitze pfeift VP-Klubchef zurück, der kurzfristig auch ein "höheres Defizit" in Kauf nehmen würde.

Eigentlich hätte es eine "Aussprache" geben sollen: über die Situation der Partei. Tirols Landeshauptmann Günther Platter hatte eine solche Ende August für den ÖVP-Vorstand im September begehrt. Ob der 20 Prozent, bei denen die ÖVP in Umfragen "herumgrundle" (Oberösterreichs Josef Pühringer), sei ein "Kurswechsel" vonnöten. Und: In Sachen Steuerreform "nur ,Nein‘ und ,Wir müssen sparen‘ zu sagen, ist zu wenig".

Die Zielscheibe der Kritik, ÖVP-Chef Michael Spindelegger, ist Geschichte, auch als Vizekanzler und Finanzminister. Wirtschaftsressortchef Reinhold Mitterlehner hat ihn als Stellvertreter des roten Regierungschefs Werner Faymann und als schwarzer Frontmann beerbt. Die gestrige ÖVP-Vorstandssitzung stand so nicht nur unter neuer Leitung, sondern auch vor neuen Weichenstellungen.

Eröffnet wurde sie mit Unstimmigkeiten – weil just einer der Bundesparteioberen auch Mitterlehners Credo "Keine neuen Steuern, keine neuen Schulden" öffentlich konterkariert hatte. "Wenn eine Steuerreform der Wunsch der Regierung ist, dann muss man kurzfristig für ein oder zwei Budgets ein höheres Defizit in Kauf nehmen", hatte Klubchef Reinhold Lopatka am Vortag öffentlich proklamiert.

"Das mag seine individuelle Meinung sein, ist aber nicht Parteilinie", tat Neo-Finanzminister Hans Jörg Schelling kund. "Davon halte ich gar nichts", befand Wirtschaftsbundboss Christoph Leitl . Mitterlehner ließ wissen: Eine Steuerreform "auf Pump" sei "nicht die festgelegte Variante". Und so war Lopatka nach der Sitzung kleinlaut: "Es ist Sache des Finanzministers, Vorschläge zu machen."

Tatsächlich erregt nicht der Inhalt, sondern der Zeitpunkt von Lopatkas Aussage. Aus strategischen Gründen wollten die Schwarzen damit zuwarten: bis zu den Verhandlungen mit der SPÖ. Der Vorschlag, die Reform allenfalls auch durch höhere Staatsschulden zu finanzieren (weil Strukturreformen kurzfristig nichts bringen), komme "zu früh", erklärte der neue Parteichef nach seiner ersten regulären Vorstandssitzung.

Was hält der Koalitionspartner von Lopatkas Ansinnen? Faymanns Truppe gibt sich konsensual. "Die SPÖ steht zum vereinbarten Budgetkurs", lässt Staatssekretärin Sonja Steßl verlauten: "Ausgaben- und einnahmenseitige Gegenfinanzierungen der Steuerentlastung sind wesentlicher Teil der Verhandlungen." Schon bei der Regierungsklausur Ende nächster Woche wollen sich Rot und Schwarz auf das Volumen der Steuerreform festlegen. ÖGB und AK begehren sechs Milliarden.

Die ÖVP will eine Lohnsteuersenkung ohne neue Steuern finanzieren. Aber selbst den Schwarzen ist klar, dass durch Reformen in der Verwaltung kurzfristig kein Geld zu holen ist. Das sagte ja selbst Ex-VwGH-Präsident Clemens Jabloner, einer der beiden Leiter der Verwaltungsreformgruppe der Regierung, im KURIER.

Wie also sollen die nötigen Milliarden für die Entlastung aufgebracht werden? Schließlich wollen SPÖ und ÖVP die Steuerreform Mitte 2015 beschließen.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka nennt im Standard eine neue Option: "Wenn eine Steuerreform der Wunsch der Regierung ist, dann muss man kurzfristig für ein oder zwei Budgets ein höheres Defizit in Kauf nehmen." Das sei auch bei der Reform unter Kanzler Schüssel geschehen.

Das müsste freilich auch die EU akzeptieren, sonst drohen Strafzahlungen.

Lopatka drängt natürlich auch auf Einsparungen, etwa im Pensionsbereich. Reformen sollten zudem via Finanzausgleich zu schaffen sein.

Kommentare