"Volksgruppe muss innovative Schritte setzen"

Ortstafelfrage gelöst: Marjan Sturm (li.) und Josef Ostermayer.
Interview. Marjan Sturm, Vorsitzender des Beirates beim Bundeskanzleramt, über die Zukunft der Kärntner Slowenen.

Marjan Sturm (62), Obmann des Zentralrates slowenischer Organisationen, ist als Vorsitzender des Beirates für die slowenische Volksgruppe im Bundeskanzleramt der ranghöchste Minderheitenvertreter in Kärnten und hatte maßgeblichen Anteil an der Lösung der Ortstafelfrage. Im KURIER-Interview nimmt er zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Stellung.

KURIER: Von den Ortstafeln spricht kaum jemand mehr. Herrscht bei der Volksgruppe Zufriedenheit oder ist das die Ruhe vor dem Sturm?

Marjan Sturm: Ich bin überzeugt, dass die überwiegende Mehrheit mit dem am 1. April 2011 erreichten Kompromiss einverstanden sind. Das bewiesen auch zwei positive Trends: Die Anmeldungen zum slowenischen Unterricht steigern ständig und der inner-Kärntner Kulturaustausch wird immer größer. Es gibt keine starren Fronten mehr.

Sind eigentlich bereits alle 164 zweisprachigen Ortstafeln aufgestellt?

Ja. Es fehlen nur noch ein paar Hinweisschilder.

Die Vereinbarung lässt über die Öffnungsklausel zusätzliche Ortstafeln zu.

Das Recht steht den Gemeinden zu. Aber das wird noch dauern. Man muss berücksichtigen, dass noch vor zehn Jahren jede Ortstafel eine Entrüstung ausgelöst hatte. Die Idee der Öffnungsklausel ist es, dass die Menschen auf einander zugehen.

Erübrigen sich damit die Volksgruppenvertretungen?

Im Gegenteil, das Modell des politischen Pluralismus hat sich durchgesetzt. Wenn wir auch keine Parteien sind.

Wäre es nicht sinnvoller, statt drei Organisationen (neben Zentralverband noch Rat der Kärntner Slowenen und Skupnost) nur noch eine, dafür starke Vertretung zu haben?

Innerhalb der Mehrheitsbevölkerung gibt es sechs Parteien im Landtag, das ist legitim. Bei der Volksgruppe wird das negativ gesehen. Aber ich gebe zu: Es wird zu überlegen sein, wie wir uns modernisieren und besser präsentieren.

Eine langjährige Forderung der Volksgruppe ist eine Vertretung im Landtag. Wie sie etwa Italiener und Ungarn im slowenischen Parlament haben.

Das slowenische Modell ist kein Vorbild, weil Minderheitenrechte abgeschafft wurden. In Südtirol wiederum sind die Deutschsprachigen die Mehrheit, vom Landeshauptmann bis zur Putzfrau. So gesehen ist in Kärnten der jetzige Weg mit Angehörigen der Minderheit auf Parteilisten der bessere (Ana Blatnik, SPÖ, Zalka Kuchling, Grüne, im Bundesrat bzw. Landtag).

Und ein so genanntes Viril-Mandat?

Dazu bedarf es einer Gesetzesänderung auf Bundesebene. Machbar aber wäre ein Rederecht für den Vorsitzenden des Beirates im Landtag zu Volksgruppenthemen.

Welche Rolle spielt die Einheitsliste (Enotna Lista)?

Das ist Bürgernähe, bewährt sich in den Gemeinden. Aber auf Landesebene ist sie zu schwach, um die Prozenthürde zu schaffen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Volksgruppe?

Wir müssen über innovative Schritte Geld einsparen, denn die Förderungen werden immer geringer. Daher gilt es, unsere Strukturen zu evaluieren, um uns neuen Herausforderungen stellen zu können. Wenn das gelingt, ziehe ich mich 2015 zurück.

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