Asyl-Streit: "Stammtisch-Thema offensiv angehen"

Bürgermeister Dieter Posch
In Gemeinden gibt es Vorbehalte. Einige zeigen aber vor, dass die Ressentiments unberechtigt sind.

Caritas-Präsident Michael Landau hat in der ZiB2 das ausgesprochen, was wohl viele gedacht haben, nachdem die Landeshauptleute eine Einigung in der Asyl-Causa verkündet hatten: "Das Treffen der Landeshauptleute alleine schafft noch keinen einzigen Quartier-Platz."

Die Länderchefs haben ja am Dienstag bei einem Treffen in Klagenfurt vereinbart, bis Ende Jänner ihre Flüchtlingsquoten zu 100 Prozent zu erfüllen. Zudem sollen in (fast) allen Bundesländern "Verteilerzentren" geschaffen werden, um Traiskirchen zu entlasten. Wo diese Erstaufnahme-Zentren eingerichtet werden, ist offen.

Auch die fehlenden Plätze für Asylwerber müssen erst gefunden werden – kein einfaches Unterfangen, zumal es in vielen Regionen Vorbehalte gibt. Doch einige zeigen vor, dass die Ressentiments zu Unrecht bestehen, etwa Neudörfl im Burgenland.

In der 5000-Einwohner-Gemeinde sind 56 Flüchtlinge in einem Haus untergebracht, betreut werden sie von der Caritas. SPÖ-Mann Dieter Posch ist 2012 mit 59 Prozent zum Bürgermeister gewählt worden – "trotz 25 Jahre Asylheim. Das Heim ist kein Problem." Der Kommunalpolitiker meint, dass die Gemeinde "nicht wirklich Großartiges" geleistet hätte. "Wir haben unseren Bürgern nur vermittelt, dass wir Menschen, die auf der Flucht sind, nicht als Feinde sehen dürfen." Die Neudörfler stünden den Flüchtlingen "nicht abwehrend", sondern "offen gegenüber".

"Kein Problem mit den Flüchtlingen"

Mittlerweile haben Ex-Bewohner des Heimes einen fixen Arbeitsplatz in der Gemeinde gefunden. Selbst FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Bußlehner verliert keine bösen Worte über das Caritas-Heim: "Ich hab’ kein Problem mit den Flüchtlingen. Und seitens der Bevölkerung habe ich auch noch keine negativen Bemerkungen gehört. Das passt schon."

Caritas-Chef Landau lobt Neudörfl. Der Bürgermeister und die Bewohner des Ortes würden vorzeigen, "dass Integration funktionieren kann – auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt".

Einen couragierten Bürgermeister gibt es auch in Klosterneuburg. Stefan Schmuckenschlager (ÖVP) hat vorgeschlagen, in der örtlichen Magdeburg-Kaserne 150 Flüchtlinge unterzubringen – trotz Gemeinderatswahl im kommenden Jahr. Sein Bruder Johannes Schmuckenschlager, ÖVP-Nationalratsabgeordneter und ebenfalls aus Klosterneuburg, spricht von einer "politisch gewagten Sache, aber man muss dieses Stammtisch-Thema offensiv angehen". Vorbehalte und Vorurteile müssten ausgeräumt werden. "Man muss den Bürgern erklären, dass die Flüchtlinge Menschen sind, die aus Ländern kommen, in denen ihnen die Köpfe abgeschlagen werden."

Viel Engagement

In Klosterneuburg gebe es auch "viel positive Resonanz", erzählt der Mandatar. Ärzte hätten sich bereit erklärt, zu helfen. Einige Bürger hätten angekündigt, Geld spenden zu wollen, andere hätten Spielzeug offeriert. Schmuckenschlager freut sich über das humanitäre Engagement der Bewohner – und hofft, "dass das Projekt viele Nachahmer findet".

Am Dienstag wurde die von der Innenministerin als „historisch“ bezeichnete Übereinkunft erzielt, dass Asylwerber künftig über neue Zentren auf alle Länder aufgeteilt werden sollen (siehe unten)– die Auffanglager Traiskirchen und Thalham werden in ihrer jetzigen Form aufgelöst. Wie viele solcher neuer Verteilerzentren aber nun errichtet werden, ist aber noch offen.

Burgenland kooperiert mit Wien

Sechs is acht sollen es sein, hat der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser am Dienstag gesagt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will sich da nicht so genau festlegen - sie verwies im Ö1 Morgenjournal darauf, dass „die kleineren Bundesländer mit den größeren kooperieren sollen. In den großen Ländern wird es ein solches Quartier brauchen.“ Konkretes „werden wir im gemeinsamen Miteinander“ entscheiden, so Mikl-Leitner. Fix ist derzeit nur, dass das Burgenland keinen Verteilerzentrum-Standort bekommen wird, sondern mit der Bundeshauptstadt kooperieren wird. Mikl-Leitner stimmte dieser Vereinbarung bereits zu und sagte am Mittwoch in Eisenstadt, dass eine Kooperation bei einer kleinen Größe - es geht im Burgenland um 40 Plätze - sinnvoll sei.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), für den dies eine "ganz einfache Sache" ist, verwies darauf, dass Wien die entsprechenden infrastrukturellen Einrichtungen habe, "die eben vorgesehen sind." Er will vorsorgen und weitere Plätze im Burgenland schaffen und alle Pfarrhöfe und alle Gemeinden im Burgenland einschreiben, um so kleine Einheiten zu schaffen. "Und das wird jetzt in den nächsten Tagen aus meiner Sicht auch passieren müssen, weil wir vorplanen müssen. Wir dürfen nicht hinterherhinken, sondern Wien hat das Verteilerzentrum und hat die Aufgabe entsprechend auch zu verteilen", erläuterte Niessl.

Auch Vorarlberg sucht Partner

Auch in Vorarlberg strebt man in Sachen Verteilerquartiere eine Kooperation mit einem anderen Bundesland an. "Eine Kooperation ist gescheiter", verwies Landeshauptmann Wallner gegenüber der APA auf die notwendige Infrastruktur, die ein Verteilerquartier benötigt - angefangen von Gesundheitsuntersuchungen bis hin zu einem Dolmetscher. Bei einer Größe von 30 bis 40 Plätzen für ein Vorarlberger Verteilerquartier mache das keinen Sinn, stellte auch er fest. Man werde nun intern abklären, mit wem und in welcher Form eine Kooperation möglich wäre.

Tirols Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) "fehlen absolut noch Details" zu den geplanten Verteilerquartieren. Es brauche zuerst eine nähere Ausgestaltung, was diese Zentren beinhalten sollen, bevor man über einen Standort und ähnliches nachdenken könne. "Ich stehe jetzt vor einer Idee, an der es aber noch kein Fleisch gibt", meinte Baur. Der Brenner wäre laut der Landesrätin jedenfalls kein sinnvoller Standort, weil "die meisten Flüchtlinge die über den Brenner kommen nicht in Österreich bleiben wollen", sagte Baur.

Salzburg sucht im Zentralraum

Im Bundesland Salzburg ist man noch auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie für ein Verteilerquartier. "Es soll auf jeden Fall im Zentralraum sein", sagte die zuständige Landesrätin Martina Berthold (Grüne) am Mittwoch zur APA. "Hier befindet sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, und hier haben die Menschen auch am leichtesten Zugang zu Gesundheitseinrichtungen." Zurzeit prüfe man gemeinsam mit dem Bund angebotene Gebäude. Eine entscheidende Frage dabei sei auch, welche Umbauten notwendig sind. Diese seien vom Bund zu finanzieren.

Salzburg benötigt eine Unterkunft für ungefähr 70 bis 100 Flüchtlinge. Berthold geht aber davon aus, dass sich nicht durchgängig so viele Menschen dort aufhalten werden. "Die Menschen sollen ja jeweils in dem Bundesland bleiben, in dem sie ins Land gekommen sind." Und da habe etwa Tirol mit dem Brenner deutlich mehr Zustrom. Neben der Suche nach einem Verteilerzentrum ist Salzburg nach Angaben der Landesrätin auch intensiv auf der Suche nach weiteren Quartieren für Asylwerber. "Wir wollen bis Ende Jänner die Quote zu hundert Prozent erfüllen", so Berthold.

Drei-Länder-Idee

In der Steiermark hat man im Büro vom steirischen Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) noch keine konkreten Pläne für Verteilerzentren. Sollte man sich mit anderen Bundesländern zusammentun und eines in die Steiermark kommen, so komme aber nur der Großraum Graz infrage und zwar wegen der kurzen Wege, etwa zu Behörden, ärztlicher Versorgung oder Dolmetschern. Außerdem seien nun vor allem jene Bundesländer gefordert, die mit der Quote weit zurückliegen. Da müsse sich die Steiermark nicht angesprochen fühlen. LH Franz Voves (SPÖ) erklärte in einem Bericht des ORF Radio Steiermark, dass es ein Verteilerzentrum Südost mit Kärnten und dem Burgenland geben könne, dies müsse aber auch nicht sein: "Vielleicht kommen wir doch drauf, dass wir jeder ein kleineres Verteilerzentrum haben sollten."

In Oberösterreich wird das Verteilerquartier im derzeitigen Erstaufnahmezentrum Thalham oder in der bereits bestehenden Bundesbetreuungsstelle für Dublin-II-Fälle Bad Kreuzen - eventuell auch an beiden Standorten - sein.

Entgegenkommen bei Kosten

Umgesetzt werde das neue System mit 1. Juli 2015, so Mikl-Leitner. Dass die Methodik, die die automatische Aufteilung der Asylwerber über diese Zentren auf die Bundesländer vorsieht, also erst in mehr als eineinhalb Jahren greifen wird, ist für sie kein Problem – es brauche so lange, um die gesetzlichen Grundlagen zu erfüllen.

Was die Erfüllung der Quote bis Ende Jänner angeht, ist die Innenministerin optimistisch, dass die Länder ihre Zusage einhalten. Neue Plätze für Asylwerber gebe es aber keine - auf die darauf basierende Forderung der Länder, wenigstens die Tagsätze zu erhöhen, werde sie aber eingehen: „Hier kann ich mir ab 2016 eine Änderung vorstellen.“ Auch der Finanzminister sei hier mit im Boot, sie habe bereits mit ihrem Parteikollegen Schelling über eine leichte Erhöhung gesprochen. "Wir werden für die Länder diesbezüglich eine Lösung finden. Hier gibt es eine konkrete Zusage. Aber die Versorgungsproblematik hat nichts mit den finanziellen Mitteln zu tun - das hat immer nur mit dem guten Willen zu tun", so die Innenministerin.

Kommentare