Lopatka: 2,5 Stunden Fahrtzeit "nicht diese Belastung"

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka
ÖVP will die Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose verschärfen. Auch Einsparungen bei der Mindestsicherung bleiben für Klubchef Reinhold Lopatka auf der Tagesordnung.

Die ÖVP will die Regeln, welche Jobs Arbeitslose annehmen müssen, verschärfen. Mit strengeren Zumutbarkeitsgrenzen sollen Arbeitslose und Flüchtlinge schneller einen Job bekommen. Die SPÖ lehnt Verschärfungen der Zumutbarkeitsregelungen und verweist auf den Mangel an Arbeitsplätzen.

Für die ÖVP sei es aber vorrangig, erst einmal die rund 40.000 bestehenden freien Arbeitsplätze zu besetzen, sagt Klubchef Reinhold Lopatka im Ö1-"Morgenjournal". Ein Eckpunkt der Reformvorschläge ist, die zumutbare Fahrzeit für Arbeitslose um eine halbe Stunde auf 2,5 Stunden pro Tag zu erhöhen. Dies beträfe "die tägliche Wegzeit hin und retour", präzisiert Lopatka im ORF-Radio, also eine Stunde und eine Viertelstunde Anfahrtszeit. "Wenn ich in einem öffentlichen Verkehrsmittel unterwegs bin, sehe ich das nicht als diese Belastung", sagt Lopatka. Die verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen sollen aber nur Vollzeitjobs betreffen, erklärt der VP-Klubchef.

Mindestsicherung

Weiterhin beharrt Lopatka auf Einsparungen bei der Mindestsicherung. Diese dürfe nicht als Zahlung verstanden werden, mit der man das Auslangen findet. Lopatka spricht von Bezügen "von netto weit mehr als 1500 Euro", die es zu verhindern gelte. 40 Prozent der Bezieher in Wien seien bereits anerkannte Flüchtlinge, nennt er als Beispiel. "Alle Staaten, wo der Flüchtlingszustrom so stark war, haben das schon vollzogen: Deutschland, Schweden, Dänemark - hier gibt es diese Verschärfungen", sagt Lopatka.

Laut Lopatka gehe der Anstieg der Arbeitslosigkeit hauptsächlich auf Nicht-Österreicher zurück, die zudem in der Mehrzahl unqualifiziert seien. "7000 dieser Ausländer sind unter 25 und können nicht bis zum 60. Lebensjahr in der Mindestsicherung bleiben", sagt er. Die Bundesregierung müsse "alles dafür tun, die Arbeitslosigkeit runterzubringen und freistehende Arbeitsplätze zu besetzen". "Diese Jobs werden nicht gut bezahlt sein, das muss man einfach klar sagen", sagt Lopatka.

Sanktionen

Die ÖVP drängt auch auf strengere Sanktionen bei Arbeitsverweigerung, dann nämlich soll der Entzug des Arbeitslosengeldes von sechs auf acht Wochen ausgedehnt wird. Bei wiederholter Jobverweigerung soll das Arbeitslosengeld komplett gestrichen werden, was derzeit schon möglich ist, aber im vergangenen Jahr nur 225 Mal gemacht wurde. Der Entgeltschutz, eine Orientierung an der Bezahlung der vorherigen Stelle, soll nach Ansicht der ÖVP nur mehr 100 Tage gelten, anstatt derzeit 120 Tage.

Als "zumutbare Beschäftigung" wird im Arbeitslosenversicherungsgesetz ein Job verstanden, der den körperlichen Fähigkeiten entspricht, die Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet und gesetzliche Kinder-Betreuungspflichten ermöglicht. Außerdem ist für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung entscheidend, dass diese in angemessener Zeit erreichbar ist.

SPÖ ablehnend

Die SPÖ lehnt eine Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen ab: "Es handelt sich um eine jährlich wiederkehrende Sommerloch-Debatte", hieß es aus dem Büro von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) zur Presse. Hier werde "versucht, den Arbeitslosen die Schuld am Mangel an Arbeitsplätzen in die Schuhe zu schieben. Vielmehr sollte unser Augenmerk darauf liegen, die Konjunktur zu beleben."

Kopf: Arbeitslose sind "wählerischer"

Die Wirtschaftskammern in Oberösterreich und Tirol haben kürzlich eine Diskussion über die Arbeitsmoral von Arbeitslosen angestoßen. Die Wirtschaftskammer-Tourismus-Spartenobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher wandte sich daraufhin gegen Verallgemeinerungen und eine Neiddebatte. Auch für den AMS-Vorstand Johannes Kopf gibt es kein großes Problem mit kompletter Arbeitsunwilligkeit bei arbeitslosen Personen. "Es sind viel weniger als man glaubt", sagte Kopf kürzlich zur Austria Presse Agentur. Was den Arbeitsort in Österreich und die Arbeitsbedingungen betreffe, seien manche Arbeitslose aber wählerischer geworden, als das Gesetz erlaubt. Es gehe nicht um Arbeitsverweigerung, sondern Unzufriedenheit mit dem konkreten angebotenen Job.

Arbeitsplatzlücke

Am österreichischen Arbeitsmarkt herrscht derzeit ein großer Mangel an Arbeitsplätzen: 379.679 vorgemerkten Arbeitslosen und arbeitslosen Schulungsteilnehmern des AMS stehen 43.800 offene Stellen gegenüber. Demnach kommen auf eine offene Stelle rechnerisch 8,66 Arbeitslose. Die "Arbeitsplatzlücke" liegt bei 335.879 fehlenden Jobs.

Auch bei den Lehrlingen gibt es deutlich mehr Lehrplatzsuchende als Lehrstellen im Angebot. 8.551 Lehrstellensuchenden stehen 3.565 angebotene Lehrstellen gegenüber. Demnach kommen auf eine offene Lehrstelle rechnerisch 2,4 Lehrplatzsuchende. Die "Lehrstellenlücke" liegt demnach bei 4.986 fehlenden Lehrstellen. Alle Zahlen sind von Ende Juli 2016.

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