Lopatka: "Kein fliegender Wechsel" zu Schwarz-Blau

Reinhold Lopatka mit ÖVÜ-Neuzugängen Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger.
ÖVP-Klubobmann schließt Regierungswechsel dezidiert aus. Schieder kritisiert "schlechteste Form von Politik".

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka hat am Montag im Ö1-"Morgenjournal" einen fliegenden Regierungswechsel zu Schwarz-Blau ausgeschlossen. Entsprechende Warnungen von den Grünen waren nach den jüngsten Fraktionswechseln vom Team Stronach zur ÖVP ergangen. Scharfe Kritik kam auch vom derzeitigen Koalitionspartner SPÖ. Äußerst kritisch sieht die Neuzugänge auch die JVP Vorarlberg.

"Nein, das ist absurd, jetzt zu glauben, dass es einen fliegenden Wechsel geben könnte", meinte Lopatka auf die entsprechende Frage nach Schwarz-Blau. Für die Zukunft schließe er nach Wahlen aber keine Koalitionsform aus. Eine Neuwahl will er jetzt allerdings nicht: "Was soll besser werden, wenn wir wählen gehen?"

Grundsätzlich gehe es nicht um das "Abwerben", sondern darum dass das Grundsatzprogramm zu 100 Prozent der ÖVP unterstützt werde und wie jemand im Parlament agiert habe. Außerdem hätten die nun neu dazugestoßenen Abgeordneten keine Zukunft mehr beim Team Stronach gesehen. Lopatka schloss aus, dass etwa Robert Lugar oder Leo Steinbichler vom Team Stronach in den ÖVP-Klub aufgenommen würden.

Unverständnis für Empörung

Die Empörung in anderen Parteien wollte Lopatka nicht verstehen und verwies auf Parteiwechsel etwa bei der SPÖ oder den Grünen. Diese sollen nicht mit zweierlei Maß messen, forderte er. Der ÖVP-Klubobmann räumte aber ein, dass ein derartiger Wechsel "nur der Ausnahmefall" sein könne. Laut Lopatka sollen übrigens auch SPÖ-Mandatare bei Rouven Ertlschweiger angefragt, ob er Interesse habe, zur SPÖ zu wechseln.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kritisierte die Vorgänge bei der ÖVP im ORF-Radio jedenfalls scharf: "Ich halte das für die schlechteste Form von Politik." Dies würde lediglich die "negativen Vorurteile" mancher gegenüber der Politik bestätigen.

Schwarz-Blau begrüßen würde hingegen Marcus Franz, erst Anfang Juni vom Team Stronach zur ÖVP übergelaufen. Gegenüber der Tageszeitung "heute" erklärte er am Montag: "Ich persönlich finde, Schwarz-Blau hätte Charme." Er geht aber davon aus, dass SPÖ und ÖVP bis zur Wahl 2018 an der Regierung bleiben. Darauf angesprochen meinte Lopatka: "Franz sagt aber, nicht in dieser Legislaturperiode."

Klubzwang hinterfragt

Kathrin Nachbaur, deren Wechsel am Samstag bekannt gegeben wurde, sei nicht die Erste, die die Sinnhaftigkeit des Klubzwangs infrage stellt, so Lopatka im Radio-Interview weiter. Zwar habe er als Klubchef dafür zu sorgen, dass alle gemeinsam abstimmen. Ein "starker Klub" halte aber einmalige Abweichungen aus, so Lopatka.

Nicht glücklich mit dem "Klub-Import" von Team-Stronach-Abgeordneten ist hingegen die JVP Vorarlberg. Dieser sei "peinlich und einer bürgerlichen Partei nicht würdig. #beschämend", schrieb die Jugendorganisation auf Twitter.

Rouven Ertlschweiger jedenfalls zeigte sich zufrieden und erklärte in der Zeitung Österreich, Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner habe ihn "angerufen und sich persönlich bei mir bedankt".

Auch Kickl schließt fliegenden Regierungswechsel aus

Nach Lopatka hat am Montag auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl einen fliegenden Regierungswechsel zu Schwarz-Blau "kategorisch" ausgeschlossen. ÖVP-Chef Vizekanzler Reinhold Mitterlehner erteilte "Sommer-Spekulationen" ebenfalls eine Absage.

Die neue "Mandatsstärke" der ÖVP nach den jüngsten Fraktionswechseln vom Team Stronach fuße in keiner Weise auf dem Wählerwillen, erklärte Kickl in einer Aussendung. "Wenn die ÖVP der Rolle des Juniorpartners in der Koalition mit der SPÖ überdrüssig ist, gibt es nur einen demokratischen Weg das zu ändern: Neuwahlen." Eine Regierungsbildung könne nur auf Basis eines Wahlergebnisses stattfinden - "alles andere ist hochgradig undemokratisch". Neuwahlen wären auch im Sinne der Wähler, "die von der jetzigen Regierung und ihrem Versagen auf allen Ebenen ohnehin schon mehr als genug haben", glaubt Kickl.

Mitterlehner positiv eingestellt

ÖVP-Chef Mitterlehner sieht der künftigen Zusammenarbeit mit den übergelaufenen Mandataren Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger im Parlamentsklub indes "positiv entgegen". Er habe mit beiden neuen Abgeordneten ein Gespräch geführt, teilte Mitterlehner in einem schriftlichen Statement auf Anfrage der APA mit. "Wesentlich ist, dass sie mit den Inhalten und Grundsätzen der ÖVP übereinstimmen", betonte der Vizekanzler. "Alle weiteren Sommer-Spekulationen haben keine Grundlage." Zuvor hatte schon Klubchef Lopatka die Variante eines fliegenden Regierungswechsels als "absurd" bezeichnet.

Den Unmut des Regierungspartners zog sich Lopatka mit der Aussage zu, dass auch SPÖ-Mandatare bei Ertlschweiger angefragt haben sollen, ob er Interesse habe, auf die rote Seite zu wechseln. Im SPÖ-Klub wurde das am Montag gegenüber der APA entschieden dementiert: "Das stimmt nicht - im Gegenteil", sowohl Lopatka als auch Ertlschweiger hätten ja kundgetan, dass die Gespräche schon seit Wochen liefen. Es habe seitens des SPÖ-Klubs keine Abwerbeversuche gegeben - auch nicht von einzelnen Abgeordneten, hieß es auf Nachfrage. "Man soll jetzt nicht ein Ablenkungsmanöver starten", richtete man der ÖVP aus.

Weiterführender Links:

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