Lehrer-Arbeitszeit: Aus zwei mach’ fünf

Lehrer-Arbeitszeit: Aus zwei mach’ fünf
Lehrervertreter kritisieren die Regierenden scharf.

Die Lehrer werden mehr bei den Kindern sein" – so erläuterte die damalige Unterrichtsministerin Claudia Schmied 2009, warum sie die Lehrer zu zwei Stunden mehr Unterricht pro Woche verpflichten will. "Es geht nicht um eine längere Arbeitszeit, sondern um zwei Stunden mehr Anwesenheit in der Klasse" – so erläutert nun Kanzler Werner Faymann, warum die jetzige Regierung Lehrer zu zwei Stunden mehr Unterricht verpflichten will.

Pädagogenvertreter toben. AHS-Gewerkschaftschef Eckehard Quin: "Das bedeutet Krieg." Nicht nur ob der martialischen Diktion missfällt vielen der Aufstand gegen den rot-schwarzen Plan. "Zwei Stunden mehr bei den Kindern" seien sinnvoll.

Was bedeutet eine höhere Unterrichtspflicht tatsächlich? Nicht das, was die Regierenden suggerierten, befinden Standesvertreter und der Direktor des Linzer Peuerbach-Gymnasiums, Christian Schacherreiter. "Zu sagen, zwei Stunden mehr Unterricht bedeutet, mehr Zeit bei den Kindern zu verbringen, ist eine Lüge. Jedes Kind wird weniger Zeit zur Verfügung haben von jedem Lehrer, weil sich der eine Klasse dazu nehmen muss", sagt Pflichtschullehrergewerkschaftsboss Paul Kimberger.

"Entweder ist das, was Politiker sagen, bewusst manipulativ – oder es zeigt völlige Ignoranz und Unkenntnis vom Schulgeschehen", urteilt Quin. Schacherreiter geht nicht von "Unwissenheit" aus: "So dumm stelle ich mir Politiker nicht vor." Deren Befund, zwei Stunden mehr seien "pädagogisch wertvoll", ist für ihn "Zynismus. Es geht nicht um mehr Unterrichtsqualität, sondern um Sparzwang, zu dem die Regierung nicht stehen will."

Die beiden erläutern das anhand eines Beispiels: Eine Englisch- und Geschichtelehrerin an einem Gymnasium wäre nicht länger bei den Kindern in jenen Klassen, die sie schon hat. Um auf zwei Stunden mehr zu kommen, müsse sie eine weitere Klasse in Geschichte übernehmen. Möglicherweise sind es auch zwei – weil es seit der Ära von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer in einigen Jahrgängen auch Fächer mit nur einer Wochenstunde gibt. Damit hätte ein Lehrer 25 oder 50 Kinder mehr zu unterrichten. Quin: "Da soll mir die individuelle Betreuung einer vorhüpfen." Inklusive Vorbereitung, Testkorrekturen etc. kämen Pädagogen damit nicht auf zwei Stunden, sondern auf fünf Stunden Mehrarbeit pro Woche. "Und da redet der Kanzler davon, dass die Arbeitszeit nicht erhöht werde", echauffiert sich Schacherreiter.

Die Folge: Überstunden fielen weg. Und rund 12.000 Pädagogen weniger seien vonnöten, sagt Quin. "In den meisten Fällen ginge das ohne Kündigungen. Junglehrer haben befristete Verträge, bis zu fünf Jahre, für jeweils ein Schuljahr. Diese Verträge würden nicht verlängert." An Schacherreiters Schule mit derzeit 80 Pädagogen hieße das: "Ich habe für sieben bis acht Lehrer keine Stunden mehr. Junge zu verlieren, wäre sehr schade, weil eine altersmäßige Durchmischung wichtig ist."

Nur ein paar Rechenstunden der Koalitionäre haben ergeben: Mit der höheren Lehrpflicht würden 360 Millionen Euro eingespart.

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