Landtagswahlen: Grüne zwischen allen Stühlen

Aggressiver Wahlkampf: Grüne attackieren auf Plakaten ihre Koalitionspartner.
Die Grünen müssen um ihre Regierungsbeteiligungen zittern – auch aus Eigenverschulden.

Alles blickt auf die Landeshauptleute.

Können sich Michael Häupl und Josef Pühringer gegen eine FPÖ stemmen, die schamlos aus der Flüchtlingstragödie Kapital schlägt?

Häupl und Pühringer haben einen gemeinsamen Angst-Gegner. Sie haben aber auch einen gemeinsamen Regierungspartner.

Die Grünen.

Auf sie blickt kaum jemand in diesem heftigen Wahlkampf. Obwohl es um Menschenrechte, ein grünes Leibthema, geht, das in SPÖ und ÖVP gerade wegen des Anwachsens der Blauen seit Jahrzehnten peu à peu Verschütt geht. Und dennoch sind es jetzt der rote Häupl und der schwarze Pühringer, die das böse blaue Krokodil hauen. Und nicht die Grünen, das "gelebte Gegenmodell zur FPÖ", wie Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou formuliert.

Wie konnte den Grünen das passieren? Mehr noch: Wie kann es sein, dass sich Rudolf Anschober in Oberösterreich und Maria Vassilakou in Wien ernsthaft Sorgen machen müssen, aus der Regierung zu fliegen?

Schon im Mai, in der Steiermark und im Burgenland, waren die Zugewinne der Grünen nur mit der Lupe auszumachen, und das trotz Bruchlandungen von SPÖ und ÖVP. Der gesamte Wählerprotest ging an die FPÖ, auch jener, der weniger den Flüchtlingen als der komatösen Bundesregierung galt.

In Oberösterreich rangieren die Grünen in aktuellen Umfragen bei zehn Prozent, exakt auf dem Niveau der letzten Landtagswahl. In Wien schmelzen die ohnehin mageren Zugewinne, die den Grünen bis vor Kurzem noch prophezeit wurden, schon wieder dahin.

Im Klartext: Die grünen Regierungsbeteiligungen in sechs Bundesländern, die Bundesparteichefin Eva Glawischnig bei jeder Gelegenheit stolz vor sich her trägt, könnten in diesem Herbst auf vier (Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten) zusammenschrumpfen. In der Bundeshauptstadt aus der Regierung zu fliegen, wäre ein enormer Prestigeverlust. Und ein Rückschlag wäre es wohl auch, wenn die Grünen ihre Koalitionsbeteiligung in Oberösterreich nach zwölf Jahren einbüßen.

Die Grünen sind – teils aus Eigenverschulden – zwischen alle Stühle geraten. Im Bund sind sie Oppositionspartei, die die Bundesregierung für deren Versäumnisse kritisiert – nicht zuletzt auch für mangelnde Durchsetzungskraft gegenüber den Bundesländern.

In den Ländern sind sie Teil von sechs Regierungen. Nur hat sich bisher bei keinem österreichweit relevantem Thema erschlossen, ob es einen Unterschied macht, wenn Grüne mitregieren. Es herrscht genau derselbe Föderalismus-Dschungel wie eh und je: keine Transparenz bei den Budgets, keine Offenlegung von Haftungen, keine Transparenzdatenbank, kein einheitlicher Jugendschutz, ein kostspieliges Förderdickicht – die ungelösten Bund-Länder-Themen sind sattsam bekannt.

Peinlicherweise haben die "grünen" Länder auch beim grünen Ur-Thema Menschenrechte versagt. Sie sind für das Fiasko bei der Flüchtlingsunterbringung mitverantwortlich, während Häupl in Wien mehr Schutzbedürftige aufnimmt, als er müsste.

Wozu braucht man dann die Grünen? Wenn sich eh nichts ändert?

Die Grünen hätten etwa die Zustimmung zu den jeweiligen Landesbudgets mit der Einführung von Transparenzregeln verknüpfen können. Ihre Landesräte hätten sich als "Flüchtlingsbeauftragte" hervortun können. Sie hätten zumindest einen Versuch unternehmen können, irgendwas zu ändern.

Stattdessen haben sie sich in den jeweiligen Ländern um Tempolimits, Energiesparmaßnahmen, Verkehrsbeschränkungen und Ampelpärchen gekümmert. Damit haben sie sich auf Nice-to-have-Themen reduziert, die in Krisenzeiten schnell in die Bedeutungslosigkeit rutschen. Die ohnehin grassierende Ansicht, Grün sei "Luxus", haben sie damit erneut bestätigt.

Leuten, die "Systemveränderung" wollen, erscheinen die Grünen als Werkzeug der (föderalen) Systemerhaltung. Und die können jetzt auch Neos wählen.

Leute, die sich ein Bollwerk gegen eine skrupellos-ausländerfeindliche FPÖ wünschen, trauen dem grünen Regional-Biedermeier nicht die nötige politische Durchschlagskraft zu.

Die Grünen wissen das selbstverständlich, manche geben es im kleinen Kreis auch zu. Mit aggressiven Wahlplakaten gegen ihre Koalitionspartner versuchen sie nun, sich zwischen den oppositionellen Neos und der Landeshauptmann-Partei zu behaupten. Doch beim "Horror, Sepp" und der "Bonzen"-SPÖ wird das die Lust, gemeinsam mit den Grünen weiter zu regieren, nicht gerade steigern.

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