Flüchtlinge werden künftig fair aufgeteilt

Die Landeshauptmänner Wallner, Platter, Niessl, Voves, Kaiser, Pröll, Haslauer und Pühringer (v.l.)
Länder legen sich fest. Bis Ende Jänner werde es genügend Quartiere geben, um die Asyl-Quoten zu erfüllen.

Bundesland gegen Bundesland – und alle Länder gegen den Bund: Das ist aus Sicht der Landeshauptleute zumindest in Sachen Asyl Geschichte. In Klagenfurt haben sie sich am Dienstag auf zweierlei verständigt: Bis 31. Jänner 2015 werden sie so viele Flüchtlinge beherbergen, wie die Innenministerin vorgegeben hat. Bisher haben nur Wien, Niederösterreich und das Burgenland die Quote erfüllt.

Zudem sollen die Erstaufnahmezentren Traiskirchen (NÖ) und Thalham (OÖ) entlastet werden. Der Erstantrag auf Asyl wird fortan im jeweiligen Bundesland gestellt. Dann kommen die Flüchtlinge in „Verteilerquartiere“ (wie sie Politiker nennen, obwohl es um Menschen geht). Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wollte ein solches Quartier in jedem Bundesland. Tatsächlich werden Länder auch kooperieren, etwa das Burgenland und Wien. Tirol und Vorarlberg wollen sich ebenfalls zusammentun.
Peter Kaiser, Frontmann der Landeshauptleute, sagt: „Verteilerzentren“ solle es „primär dort geben, wo die Quote nicht erfüllt wird – und wo verstärkt Flüchtlingsströme zu verzeichnen sind“. In Kärnten werde „mittelfristig“ eines errichtet. Weil diese Erstaufnahmequartiere „Einrichtungen des Bundes“ seien, müsse sie der Bund auch finanzieren, sagt Kaiser. Dennoch sollen die dort untergebrachten Flüchtlinge in die jeweilige Länderquote „eingerechnet“ werden.

Wenige Tage werden Asylwerber in diesen Zentren sein, dann in Privatunterkünfte kommen – auch in einem anderen Bundesland, wenn dort die 100 Prozent-Quote nicht erfüllt ist.

Sanktionslos

„Mitte 2015“ würden die ersten Asylwerber in die „Verteilerzentren“ aufgenommen, sagt Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. Wie viele pro Quartier, ist offen. Was passiert, wenn Länder – trotz jetziger Festlegung – weiter säumig sind? Wird es, wie von Mikl-Leitner und Wiens Michael Häupl angeregt, Sanktionen geben? „Falls die Quoten bis 31. Jänner nicht erfüllt sind, wird eine außerordentliche Landeshauptleutekonferenz einberufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen“, sagt Pröll, der Kaiser am 1. Jänner als Vorsitzender der Landeshauptleute ablöst.

Steiermarks Franz Voves und Häupl können sich vorstellen, dass bei Quoten-Sündern die Innenministerin „durchgreift“. Wie in der geltenden Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vorgesehen, solle dann der Bund Quartiere in den Ländern installieren, sagt Häupl. Wobei: „Man sollte kein Quartier mit 500 Asylwerbern in eine kleine Gemeinde stellen.“

Mikl-Leitner spricht jedenfalls von einer „historischen Neuausrichtung“. Für Caritas-Präsident Landau ist die Zusage, die Quote nun zu erfüllen, „ein überfälliger Schritt“.

Im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen sind aktuell 1.618 Asylwerber (Stand 17. November 2014) untergebracht. Vier Bundesländer erfüllen derzeit noch nicht einmal die 88-Prozent-Mindestquote.

Insgesamt werden laut Angaben des Innenministeriums aktuell 3.518 Flüchtlinge vom Bund betreut. Im zweiten Erstaufnahmezentrum, in Thalham, sind es 177. Insgesamt gibt es zwölf Betreuungsstellen des Bundes.

Die Aufteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer ist nach wie vor sehr unterschiedlich. Übererfüllt wird die Quote von Wien mit 131,86 Prozent und dem Burgenland mit 101 Prozent. Auch Niederösterreich kommt aufgrund des Zentrums in Traiskirchen auf 99,83 Prozent.

Über 90 Prozent Quotenerfüllung schaffen die Steiermark (93,87) und Salzburg (90,52). Nicht einmal die 88 Prozent erfüllen Oberösterreich - trotz der Bundesquartiere Thalham und Bad Kreuzen - (87,25), Kärnten (86,54) und Vorarlberg (85,66). Das Schlusslicht ist Tirol mit 83,97 Prozent.

Flüchtlinge werden künftig fair aufgeteilt

Die Zusage der Länder, die Aufnahmequote bis Ende Jänner 2015 zu 100 Prozent zu erfüllen, begrüßte Caritas-Präsident Michael Landau als "überfälligen Schritt". Positiv wäre es für Landau auch, wenn es durch die bei der Verteilung der Flüchtlinge zu einem Automatismus ohne Bürokratie kommen sollte. Der Caritas-Präsident gab aber zu bedenken, dass die angekündigten Verteilerzentren in den Ländern erst errichtet werden müssen. Unklar ist für Landau auch noch, wo die Flüchtlinge untergebracht werden sollen, wenn das Verteilungsquartier voll belegt ist und das zuständige Bundesland die Quote bereits erfüllt. Und er warnt: "Es darf nicht sein, dass Flüchtlinge auch innerhalb Österreichs wie Pakete hin- und hergeschoben werden." Auch künftig sei nicht sichergestellt, dass jenes Bundesland, in dem die Erstprüfung stattfindet, die Betroffenen danach auch unterbringen kann. Denn so wie bisher müsse ein Wohnplatz in den Gemeinden erst gefunden werden. Außerdem bekräftigte Landau seine Forderungen nach einer besseren Finanzierung und einer Einhaltung einheitlicher Qualitätsstandards in der Unterbringung und Betreuung sowie nach einem Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache begrüßt zwar das gemeinsame Vorgehen der Landeshauptleute, mit der Einigung würden seiner Ansicht nach aber nur die Symptome und nicht die Ursachen bekämpft. Die angekündigte Errichtung von "Verteilerzentren" lasse befürchten, dass man versuche, die Menschen in den davon betroffenen Gemeinden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Verteilerzentren hätten für Strache nur dann Sinn, wenn es keine Grundversorgung mehr von Asylwerbern durch private Unterbringungssteller gebe, sondern nur durch Bundeseinrichtungen. Dies wäre nach Ansicht des FPÖ-Chefs ein Schritt, die "florierende Asylindustrie" einzudämmen. Außerdem müssten die Bürger gefragt werden, ob sie in ihrer Gemeinde ein derartiges Zentrum überhaupt wollen.

Die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun bemängelte, dass weder klar sei, wo die angekündigten Verteilerzentren entstehen sollen, noch, was sie leisten sollen. Produktiver wäre es nach Ansicht Koruns, mit dem dafür notwendigen Geld konkrete neue Unterbringungsplätze in den Bundesländern zu schaffen. Die Ankündigung der Länder, ihre Quoten bis Jänner zu erfüllen begrüßt Korun zwar, sie gibt aber zu bedenken, dass es dabei auch ganz konkret um die Schaffung neuer Betten gehe.

Für die NEOS ist die Einigung der Länder auf ein gemeinsames Vorgehen "ein Schritt in die richtige Richtung". "Jetzt muss nur noch dafür gesorgt werden, dass die Versprechen auch eingehalten werden", meinte Menschenrechtssprecher Niki Scherak. Dass es ohne die von den Ländern abgelehnten Sanktionen funktionieren wird, glaubt Scherak allerdings nicht.

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