Lob für Gesetz, Zweifel an besserem Zusammenleben

Symbolbild
Laut einer OGM-Umfrage des KURIER findet die Mehrheit gut, dass mit Auslandsfinanzierung Schluss sein soll.

Die Regierung ringt seit Wochen um den Sanktus der Muslime – zur Reform des Islamgesetzes. Aus dem Jahr 1912 stammt die ursprüngliche Variante. Gegen die jetzige hat sich der Dachverband der rund 570.000 Muslime in Österreich, die Islamische Glaubensgemeinschaft, verwahrt. Der Kern: Der Staat kontrolliert die muslimischen Vereine. Und: Es wird untersagt, dass Prediger, Schulen und Moscheen aus dem Ausland finanziert werden. Die heimischen Muslim-Vertreter fühlen sich gegenüber anderen Religionsgemeinschaften diskriminiert.

Die Minister Josef Ostermayer (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) haben das Gesetz überarbeitet; den Muslim-Vertretern liegt es bereits vor. Ihre Bewertung steht aus.

Wie beurteilen befragte Bürger die Sache? Eine große Mehrheit findet richtig, die Finanzierung aus dem Ausland zu untersagen. Lediglich 15 Prozent der Österreicher qualifizieren das als falsch; das ergibt eine OGM-Umfrage für den KURIER. Am meisten beklatschen FPÖ-Sympathisanten das Verbot (93 %), am wenigsten Grün-Anhänger. Hier halten sich, anders als bei den übrigen Parteien, Befürworter und Gegner beinahe die Waage (45 zu 39 %).

Pessimismus

Lob für Gesetz, Zweifel an besserem Zusammenleben
Wird das neue Islamgesetz auch dazu führen, dass Muslime und Nicht-Muslime einander besser verstehen? Friktionsfreier zusammenleben? Da ist die Einschätzung pessimistisch: Zwei Drittel der Befragten meinen, dass alles wie gehabt bleibt. Nur 13 Prozent gehen davon aus, dass es sich fortan besser miteinander auskommen lässt. Männer sehen es negativer als Frauen: 81 Prozent der Herren sagen "Nein" auf die Frage, ob Verständnis und Zusammenleben besser werden, von den weiblichen Befragten sind 53 Prozent dieser Ansicht.

Extremismus

Wie ist zu erklären, dass 72 Prozent der Österreicher das neue Gesetz gutheißen, aber zwei Drittel nicht davon ausgehen, dass sich im Alltag etwas ändert? "Die Leute denken, durch das Gesetz werde nur die extremistische Komponente reguliert, damit bekommt man vielleicht das Problem mit Religionslehrern und Imamen, die den Koran fundamentalistisch auslegen oder gar zum Dschihad aufrufen, besser in den Griff", sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. "Dass Integration dadurch besser gelingen kann, dass die Integrationswilligkeit von Moslems steigt und sich auch das allgemeine Verhalten und das Wertebild verändern, etwa was die Rolle der Frau betrifft, glaubt der Großteil der Österreicher nicht."

Noch vor Weihnachten soll das neue Gesetz im Ministerrat abgesegnet werden.

Die Debatte um das neue Islamgesetz schlägt hohe Wellen – das ist gut so. Es soll Rechte und Pflichten von Muslimen an die Anforderungen des Alltags anpassen und in die europäische Kultur mit ihrem liberalen Wertesystem einordnen. Dieses Ziel ist nicht irritierend, sondern Basis des Zusammenlebens in einer multiethnischen und multireligiösen Gesellschaft.

Die große Mehrheit der Österreicher will einen liberalen Islam ohne importierte Imame sowie Einfluss und Finanzierung aus dem Ausland. Das ist kein Generalverdacht, von dem Muslime gerne sprechen, die Frage muss diskutiert werden, wie es die Islamische Glaubensgemeinschaft und viele islamische Vereine mit der westlichen Kultur halten. Was tun ihre Repräsentanten oder politischen Mandatare gegen Hassprediger in Moscheen oder gegen Lehrer, die ihren Auftrag fundamentalistisch interpretieren? Warum gibt es das Verwirrspiel um eine private Imame-Ausbildungsstätte in Wien-Simmering, die als Kindergarten angemeldet war? Vielen zweifeln, ob die Distanzierung von islamistischen Terrormilizen, die im Namen der Religion morden, glaubwürdig ist. Aufklärende Antworten fehlen oft.

Das neue Gesetz macht unmissverständlich klar, dass wir in einer säkularen Gesellschaft leben, in der Recht und Ordnung des Staates über innerreligiösen Normen stehen. Diese Maßstäbe gelten auch für Muslime. Umgekehrt muss auch die Mehrheitsbevölkerung begreifen, dass der Islam Teil unserer Kultur ist. Es ist zu hoffen, dass das neue Gesetz dazu beiträgt, das Verhältnis der Österreicher zu der zweitgrößten Religionsgemeinschaft des Landes auf eine neue Basis zu stellen.

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