Knappe Startaufstellung fürs Finale

FOTOS: Spiel: Franz Gruber 19.08.2008 Würfel: Franz Gruber 19.08.2008 Parlament: Reinhard Vogel 19.08.2008 Himmel: APA 08.06.2005
Werner Faymann liegt vor Michael Spindelegger, das Team Stronach angeschlagen und die große Koalition noch vorn.

Fernseh-Duelle, Betriebsbesuche, Interviews, Gespräche mit Bürgern, Plakate, Inserate – was möglich ist, wird aufgeboten, um in den letzten vier Wochen vor der Wahl für die eigene Sache zu mobilisieren. Erst 57 Prozent der Österreicher wissen, für wen sie stimmen werden. Und so wird um den Rest wild gekämpft.

Aus heutiger Sicht darf sich die SPÖ am 29. September freuen – über den erneuten ersten Platz. In einer OGM-Umfrage für den KURIER werden ihr 27 Prozent bescheinigt (siehe Grafik); die ÖVP landet mit drei Prozentpunkten Abstand auf Platz 2. Der Grünen Wunsch, die Blauen zu überrunden, dürfte sich nicht erfüllen – wenngleich Eva Glawischnigs Partei seit dem Vorjahr Zuspruch gewonnen, Heinz-Christian Straches Truppe solchen verloren hat.

Knappe Startaufstellung fürs Finale
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AuchFrank Stronachhat Sympathien eingebüßt. Sechs Prozent hätten im September 2012 für ihn votiert, im November gar zehn Prozent; nun liegt er bei sieben. „Mit dem Übertritt von BZÖ-Mandataren zu ihm und der Klubgründung war Stronach auf einem Höhenflug. Jetzt ist er im Sinkflug, den er in den restlichen TV-Debatten beenden muss“, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Dennoch käme der Polit-Neuling derzeit auf doppelt so viele Stimmen wie die von ihm personell geplünderten Orangen; nur drei Prozent der Befragten erwärmen sich für sie. Vier Prozent wären vonnöten, um wieder in den Nationalrat einzuziehen. „Neos“ und „Piraten“ werden wohl ebenfalls an dieser Hürde scheitern.Und wer wird sich mit wem nach der Wahl zusammentun? Etwas mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass es SPÖ und ÖVP gemeinsam auf mehr als 50 Prozent, damit auf eine Regierungsmehrheit bringen – und neuerlich koalieren. „Weil es keine andere rechnerische Zweier-Mehrheit gibt. Und weil die beiden Parteien über die Medien Bilder liefern, die vermitteln, dass sie wieder miteinander wollen – auch wenn sie mit Aussagen und gegenseitigen Angriffen Gegenteiliges signalisieren“, analysiert Bachmayer.

Wahl-Qual

Der Österreicher liebstes Bündnis ist weiterhin eines von Rot und Schwarz. Vor allem ÖVP-Fans begehren es (77 %). Wobei: „Die Mehrheit dafür wird geringer.“ Einst bevorzugte zumindest die Hälfte der Befragten eine derartige Koalition, im März waren es 31 Prozent, jetzt sind sind es 29. „Die Dreier-Varianten holen auf.“ Am ehesten erwünscht wäre ein Pakt von Roten, Schwarzen und Grünen, einen von Schwarzen, Blauen und Stronach wollen nur 17 Prozent.

Und wer tät’ den Bürgern als Kanzler konvenieren – hätten sie die direkte Wahl zwischen Werner Faymann und Michael Spindelegger? Da liegt der SPÖ-Chef mit 39 Prozent – wenn auch nicht weit – vor dem ÖVP-Obmann. Bachmayer: „Ein wirklicher Kanzlerbonus ist das nicht.“ Vielleicht tröstet es Faymann: Bei Grün-Anhängern kommt er viel besser an als Spindelegger (57 zu 17 %). Der wiederum wird von Blau-Sympathisanten (34 zu 16 %) lieber als Kanzler gesehen als der derzeitige Amtsinhaber.

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Mit dem Befund, Österreich sei als Wirtschaftsstandort abgesandelt, hat Christoph Leitl den bisherigen Wahlkampf-Aufreger geliefert. Die selbsternannte Wirtschaftspartei ÖVP, die noch dazu mitregiert, war in Erklärungsnot; die SPÖ konnte sich echauffieren. Wie beurteilen die Bürger des Wirtschaftskammer-Chefs Qualifikation? Mehr als der Hälfte missfällt sie; selbst das Gros der ÖVP-Anhänger findet sie nicht gut. „Das spricht Bände“, meint OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. „Leitl hat über das Ziel geschossen. Das war im Wahlkampf nicht hilfreich für die eigene Partei.“ Dabei findet die Mehrheit der Befragten berechtigt, was hinter der Aussage steht: „Dass sich Österreich mehr anstrengen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben“. Nur 26 Prozent denken anders darüber. Für Bachmayer zeigt das: „In der Sache war Leitls Diagnose richtig, von der Form her überzogen.“

Auch mit einem Renten-Thema kann die ÖVP nicht punkten. Vizekanzler Michael Spindelegger hat damit geliebäugelt, das Pensionsalter der Frauen früher als geplant (ab 2014)an jenes der Männer anzugleichen. Er relativierte das zwar, dann hat das aber Leitl begehrt. Nein sagt dazu eine Mehrheit von 45 Prozent. Für die Betroffenen kommt das schon gar nicht in Frage. 60 Prozent der bis zu 50-jährigen Frauen sind dagegen. „Da hat die ÖVP nicht glücklich agiert“, sagt Bachmayer. „Frauen sind neben den Pensionisten jene Gruppe, die die Wahl entscheidet.“

Anderweitig haben die Schwarzen ebenfalls inhaltlich daneben gegriffen – mit dem Ansinnen, die Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren (Stichwort: tägliche Maximal-Arbeitszeit zwölf statt zehn Stunden). Eine satte Mehrheit von 73 Prozent will, dass alles bleibt, wie es ist; selbst das Gros der ÖVP-Fans (48 zu 40 %) möchte nichts ändern. Bachmayer: „Bei diesen drei wichtigen Themen hat die ÖVP der SPÖ den Ball auf den Elf-Meter-Punkt gelegt – und auch noch ihren Tormann herausgenommen.“

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