Zukunftsangst nimmt zu, vor allem bei Jungen

Die Menschen blicken pessimistisch in die Zukunft.
Die Menschen blicken pessimistisch in die Zukunft: geringerer Wohlstand, Politikverdrossenheit, mehr Kriminalität. Positiv-Ausreißer: Die Mehrheit glaubt an den Frieden.

Das neue Jahr hat begonnen, wir sind der Zukunft schon wieder einen großen Schritt nähergekommen.

Die Mehrheit glaubt, dass diese Zukunft nicht besonders rosig sein wird. Vor allem Junge blicken relativ sorgenvoll in das Österreich des Jahres 2020. In einer KURIER-Umfrage, durchgeführt im Dezember vom Meinungsforschungsinstitut OGM, ziehen sich "Sorgen, Ängste und Skepsis" wie ein roter Faden durch fast alle Antworten, erklärt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

Nur zwei Positiv-Ausreißer gibt es im Prinzip: Noch immer glaubt die klare Mehrheit von 61 Prozent, dass sich die nunmehr 70 Jahre dauernde Friedensperiode in Europa bis 2020 fortsetzen werde. Und immerhin noch 52 Prozent glauben, dass es bis 2020 zu keiner Umweltkatastrophe kommen werde, die das Bild Europas wesentlich verändern würde.

Doch ansonsten ist das Bild der Österreicher von ihrer persönlichen Zukunft beziehungsweise von der Zukunft des Landes kaum von Optimismus geprägt. Die Jungen, sie sind alle bis 30 Jahre, stechen negativ hervor.

Auf die Frage, ob das Leben 2020 leichter, schwerer oder gleich sein werde wie heute, antwortet nur ein Prozent der Befragten mit "leichter". 78 Prozent erwarten, dass das Leben schwerer werde, bei den pessimistischen Jungen steigt dieser Wert sogar auf 83 Prozent.

Meinungsforscher Bachmayer erklärt das so: "Hier schwingt alles mit, von der Wirtschaftskrise über die Bildungsmisere und von den Jobsorgen bis zur Pensionsfrage. Der früher typische Optimismus der Jugend ist kaum mehr sichtbar. Hier haben die Zukunftsängste besonders stark zugenommen."

Pensionen Besonders krass: Heute gehen bereits 90 Prozent der Befragten davon aus, dass man 2020 später in Pension gehen werde als heute, bei den Jungen sind es sogar 94 Prozent. Zum Vergleich: 1986, als OGM die Zukunftssicht bezogen auf das Jahr 2000 abfragte, glaubten erst 31 Prozent, dass das Pensionsantrittsalter steigen werde. 47 Prozent glaubten damals noch, dass es künftig "früher" sein werde. Das glaubt heute nur noch ein Prozent.

Steuerlast Wenig optimistischer ist auch die Erwartungshaltung, was die Steuern betrifft – trotz der Regierungspläne zur Entlastung. Immerhin 73 Prozent glauben, dass wir 2020 mehr Steuern zahlen werden als heute, vor allem FPÖ- und Grün-Wähler stechen heraus (85 bzw. 82 Prozent). Dass die Steuerlast tatsächlich sinke, glauben nur drei Prozent.

Politik Den Parteien wird immer weniger zugetraut, ihr Einfluss in allen Lebensbereichen sinkt. Glaubten früher noch fast 30 Prozent, dass der Einfluss der Parteien steige, sagen das heute nur noch 20 Prozent. Für 31 Prozent wird der Einfluss geringer, bei den Jungen glauben sogar 50 Prozent, dass der Einfluss der Parteien sinke.

Rot gegen Blau Schlecht fällt vor allem das Ergebnis für die SPÖ aus. Nur noch 18 Prozent sprechen ihr die führende Rolle im Jahr 2020 zu, 18 Prozent Zuspruch erfährt auch die FPÖ. Abgeschlagen der Rest: ÖVP zehn Prozent, fünf bzw. drei Prozent Grüne und Neos. Die relative Mehrheit von 40 Prozent will oder kann die Frage nicht beantworten, immerhin sieben Prozent glauben an "andere Parteien" als die heute bekannten.

Der Vergleich zur Vergangenheit macht deutlich: 1986 glaubten noch 37 Prozent, dass die SPÖ im Jahr 2000 die führende Rolle spielen werde, 1996 waren es – für 2010 befragt – noch 29 Prozent. Das nunmehrige Abrutschen auf 18 Prozent führt Bachmayer auch auf die aktuelle Debatte seit dem SPÖ-Parteitag und Kanzler Werner Faymann zurück. Demgegenüber sei das Aufholen der FPÖ ein langfristiger Trend.

Krise Die "Rahmenbedingungen" sind für die Regierenden auch alles andere als rosig: So sagen 66 Prozent, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise auch 2020 noch nicht überwunden sein werde. 70 Prozent meinen, dass die Arbeitslosigkeit weiter steigen werde. Und immerhin 63 Prozent glauben, dass die Österreicher in fünf Jahren ärmer geworden sein werden. Nur acht Prozent glauben an einen steigenden Wohlstand.

Integration Ähnlich sorgenvoll wird auch das Thema Integration gesehen. Deutliche 80 Prozent gehen nicht davon aus, dass die Integration und Akzeptanz von Zuwanderern in Österreich bis 2020 gelungen sein werde.

Bedrohungen 75 Prozent meinen, dass die Kriminalität im Lande zunehmen werde. 68 Prozent glauben gar, dass die Zahl von Terroranschlägen in Europa zunehmen werde, wobei FPÖ-Wähler (85 %) traditionell besonders pessimistisch und Grün-Wähler (45 Prozent) wesentlich weniger ängstlich in die Zukunft blicken, was Kriminalität und Terror angehen.

Frauen & Männer Trotz der Fortschritte der vergangenen Jahre geht auch weiterhin eine klare Mehrheit von 83 Prozent davon aus, dass 2020 die berufliche Gleichstellung von Frauen nicht geglückt sein werde. 1986 glaubten das "nur" 61 Prozent.

Österreich & Europa Der allgemeine Pessimismus strahlt auch auf außenpolitische Fragen aus. Dass Österreich 2020 einen größeren Stellenwert in der Welt haben werde, bejahen nur neun Prozent. Als Ausfluss der Kreisky-Ära glaubten das 1986 (befragt nach dem Jahr 2000) immerhin noch 25 Prozent. Detto verweist Bachmayer auf Europa: Im Jahr 1996, nach dem EU-Beitritt Österreichs 1995, glaubten immerhin 30 Prozent, dass es im Jahr 2010 die "Vereinigten Staaten von Europa" geben werde. Heute sind das nur noch 13 Prozent.

Zukunftsangst nimmt zu, vor allem bei Jungen

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