Rechte "Leistungsschau" in Linzer Redoutensälen

Einlass zum Kongress der "Verteidiger Europas"
In Linz treffen sich am Wochenende Vertreter der rechten Szene - es geht um die "Verteidigung Europas" sagen die Veranstalter. Gegner sprechen von einer "Schande" für die Landeshauptstadt.

Kopfschütteln. Ein kurzer Auflacher. Aber einen Kommentar, warum er heute hier ist, nein, den will der ältere Herr mit dem Compact-Magazin unterm Arm auf keinen Fall abgeben. Die Eintrittskarte zum Kongress der "Verteidiger Europas" kann er gar nicht schnell genug hervorholen. Die Polizisten an der Sperre winken ihn dann auch schnell durch.

Auch die Kongressbesucher, überwiegend Männer, überwiegend um die 60, die wenig später aus einem eigens angemieteten Bus aussteigen, geben sich wortkarg. Mit den Medien will hier heute niemand reden. Auch die Veranstalter nicht - angemietet wurden die Linzer Redoutensäle von der deutschnationalen Burschenschaft "Arminia Czernowitz zu Linz". "Mainstream-Medien" wurde die Akkreditierung verweigert.

Man will unter sich bleiben - und hat sich dafür die symbolträchtigen Räumlichkeiten inmitten der Linzer Altstadt ausgesucht. Hier wurde 1861 der oberösterreichische Landtag eröffnet. Auch deshalb kam es schon im Vorfeld zu Protesten gegen das "internationale Treffen rechtsextremer Abendlandretter" – so die Einschätzung des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW). Landeshauptmann Pühringer beauftragte eine Prüfung durch den Verfassungsschutz, der zwar die Gefahr einer "möglichen Teilnahme von Personen aus dem rechtsextremen Lager" sah, jedoch keine verbotswidrige Veranstaltung.

Rechter Vordenker

Einer der führenden Köpfe aus diesem rechten Lager ist Götz Kubitschek. Der Duz-Freund Björn Höckes ist inzwischen zum wichtigsten Einsager des rechten Flügels der deutschen AfD mutiert. Jetzt, kurz bevor der Kongress um 9 Uhr startet, steht er mit seinem Auto vor der Polizeisperre und weiß nicht recht, wie er die gut zehn Kisten voll mit Büchern und Zeitschriften aus seinem Verlag in den Redoutensaal bringen soll. Weiterfahren darf er jedenfalls nicht.

Also erstmal warten. Warum er nach Linz gekommen ist? "Weil ich meinen Verlag präsentieren will", sagt Kubitschek. Ganz einfach. Anders als die meisten der 600 Kongressteilnehmer hat der rechte Vordenker kein Problem mit den Medien zu sprechen. Das Misstrauen aber, das teilt er. Dass Mainstream-Medien nicht zugelassen seien, hätten sie sich selbst zuzuschreiben, meint Kubitschek.

Natürlich gehe es auch darum, sich besser mit Österreich zu vernetzen, sagt er. Bisher kenne er nur einige Identitäre. Und Philip Stein. Der stellvertretende Sprecher der Deutschen Burschenschaft, geht Kubitschek auch gleich mit den Kisten zur Hand. Steins Dachverband sorgte zuletzt für Schlagzeilen, als er einen von Kritikern als "Ariernachweis" gebrandmarkten Beleg für die deutsche Abstammung seiner Mitglieder diskutierte.

Als Redner wird Kubitschek, der bei Pegida unter dem Schlagwort "ziviler Ungehorsam" auch schon zur Blockade von Asylwerberheimen aufgerufen hat, heute nicht auftreten. Hier ist er nur einer von 26 "Ausstellern".

Leistungsschau rechter Gegenöffentlichkeit

Es ist eine kleine Leistungsschau der neuen rechten Gegenöffentlichkeit. Auch das islamophobe Compact Magazin ist vertreten, die Identitären sind da, Andreas Mölzers Zur Zeit hat einen Stand und natürlich unzensuriert.at. Die mediale Vorfeldorganisation der FPÖ berichtet im Stundentakt von der Veranstaltung. Auch von der Rede des FP-Generalsekretärs Herbert Kickl, der sich dabei gleich freute, "nicht in die Gesichter mieselsüchtiger roter und grüner Parlamentarier" schauen zu müssen (mehr zur Rede Kickls - und zur Reaktion Van der Bellens lesen Sie hier).

Als weitere Redner sind unter anderem Maram Susli – eine syrische Bloggerin, die Ebola für eine US-amerikanische Biowaffe hält - und Jürgen Elsässer, mit seinem Compact Magazin ein Star der rechten Szene, dabei.

Zu dem Treffen in Linz konnte Letzterer nur kommen, weil die ursprünglich ebenfalls für dieses Wochenende geplante "Compact Konferenz" in Köln abgesagt werden musste, nachdem der Vermieter die Veranstaltung nicht in seinem Haus haben wollte. Die Begründung der Sartory-Säle: "Das Unternehmen hätte durch die Veranstaltung Schaden genommen."

Rechte "Leistungsschau" in Linzer Redoutensälen
ABD0094_20161029 - LINZ - ÖSTERREICH: Der Demonstrationszug "Linz gegen rechts" anl. eines Kongresses der "Verteidiger Europas" am Samstag, 29. Oktober 2016 in Linz. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR

"Schande für Linz und Oberösterreich"

Bei den Redoutensälen, die dem Land Oberösterreich gehören, sah man das bekanntlich anders. Eine Entscheidung, die zwei Kilometer weiter auf Unverständnis stößt - dort sammeln sich am Bahnhofsvorplatz ab 14 Uhr rund 1.800 Gegendemonstranten (das "Bündnis Links gegen Rechts" spricht von 3.500). "Diese Veranstaltung ist eine absolute Schande für Linz und Oberösterreich", sagt Gerhard Elsigan (siehe Video unten). Das SPÖ-Mitglied aus Ansfelden ist extra für die Gegendemonstration angereist. "Ich hätte der ÖVP nicht zugetraut, dass sie sich mit den Freiheitlichen und ihren Rechtsaußen-Freunden so ins Bett legt", sagt er - und mischt sich wieder in die überwiegend jungen Demonstranten, die jetzt Richtung Landhausplatz weiterziehen.

Rechte "Leistungsschau" in Linzer Redoutensälen
ABD0094_20161029 - LINZ - ÖSTERREICH: Der Demonstrationszug "Linz gegen rechts" anl. eines Kongresses der "Verteidiger Europas" am Samstag, 29. Oktober 2016 in Linz. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
Einige Linksextremisten, die im Schwarzen Block marschieren, zünden Bengalen, singen Sprechchöre - von "Nazis raus" über "wer nicht hüpft, der ist ein Nazi." Das war's. Um 18.00 löst sich die Demonstration unweit der Redoutensäle auf. Die Polizei hat das Platzverbot vorsichtshalber bis Mitternacht ausgesprochen. Bereits am Vormittag war es zu einer Störaktion, bei der zwei Stinkbomben in die Kongress-Räumlichkeiten geworfen wurden, gekommen.

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