Sommershow: Sticheln auf offener Bühne

APA13807634 - 22072013 - WIEN - ÖSTERREICH: VK Michael Spindelegger (l.) und BK Werner Faymann während des Pressefoyers nach Ende einer Sitzung des Ministerrates am Montag, 22. Juli 2013, in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Für die ÖVP ist der Kanzler ein Jobvernichter. Die SPÖ propagiert, Frauen müssten sich vor Spindeleggers Plänen fürchten.

Psychologisch war es herausfordernd: Wie gehen die Spitzen zweier Parteien miteinander um, die getrennt um Wählerstimmen kämpfen, aber noch miteinander regieren? Den anderen madig zu machen, ist nicht gut – weil man damit auch sich selbst kritisiert. Ihn zu loben, ist auch schlecht – im Wahlkampf. Und so wurde beim gestrigen Sommer-Ministerrat dort mehr, da weniger subtil gestichelt.

Die ÖVP hat der Krone am Wochenende eine „Expertise aus dem Finanzministerium“ gesteckt: „Abwanderung von Firmen kostete bereits 70.000 Jobs“. Den Schwarzen kommt das zupass; sie kampagnisieren ja gegen „Faymann-Steuern“, mit denen Betriebe, damit Jobs vernichtet würden.

SPÖ-Kanzler Werner Faymann äußerte sich am Montag zum Thema „Wirtschaftsstandort“ – ungefragt, ohne die Fekter-Studie zu nennen. Er präsentierte eine Erfolgsbilanz: „Ich bin stolz darauf, dass zwischen 2009 und 2013 insgesamt 113.533 Arbeitsplätze geschaffen worden sind.“ Als Kronzeuge musste ein der ÖVP nicht Ferner herhalten. „Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung hat am 18. Juli gesagt, dass es 14 neue regionale Headquarter gibt.“

Das konnte Spindelegger nicht so stehen lassen. Puncto Jobs und Unternehmen seien schon „mehr Ambition, mehr Drive“ vonnöten. Das hörte Parteifreund Reinhold Mitterlehner wohl nicht gern; der ist Wirtschaftsminister. Also zitierte Faymann ihn genüsslich: „Von Mitterlehner weiß ich, dass es im Vorjahr um zehn Prozent mehr Neuansiedlungen gegeben hat. Die Studie aus dem Finanzministerium kenne ich nicht.“ Selbiges sagte auch Mitterlehner, vom KURIER dazu befragt.

Auch anderweitig hatten Rot und Schwarz einander am Wochenende ein Fernduell geliefert. Der ÖVP-Frontmann hatte beiläufig in einem Interview kundgetan: Im nächsten Koalitionspakt sollte festgeschrieben werden, das Pensionsalter der Frauen früher als beschlossen an jenes der Männer anzugleichen: nicht ab dem Jahr 2024, sondern bereits ab 2014. SPÖ-Obere machten den „Nebenschauplatz“ (Spindelegger) zum Wahlkampf-Schauplatz des Tages. „Ungeheuerlich“ sei dieses Begehren, echauffierte sich ein roter Minister nach dem anderen. Der Kanzler wollte da nicht nachstehen. Er machte die Causa beim gemeinsamen Auftritt nach dem Ministerrat neuerlich zum Thema: „Mit mir wird es da keine Änderung geben. Was wir den Frauen zugesichert haben, müssen wir einhalten.“ Spindelegger replizierte spitz: „Ich habe kein Datum genannt, lediglich gesagt, dass das auf der Tagesordnung bleibt.“

Drohung als Druckmittel

Endlich von der Tagesordnung soll die Lehrerdienstrechtsreform (siehe rechts). Da sind sich der Kanzler und sein Vize mittlerweile einig. Beide möchten „das vor der Wahl abschließen“.

Faymann versuchte es einmal mehr mit Druck: „Es gibt die Möglichkeit, das dem Parlament ohne Zustimmung der Gewerkschaft zuzuleiten.“ Spindelegger widersprach nicht offen, er stichelte aber unverhohlen: „Ich weiß, der Herr Foglar (roter ÖGB-Boss) wird da anderer Meinung sein.“

Kein Blatt Papier passte zwischen Faymann und Spindelegger lediglich, als es darum ging, sich gegen den Vorhalt der rot-schwarzen Freunderlwirtschaft zu verwahren. Die Regierung hat gestern eine Liste mit 80 Richtern für das neue Bundesverwaltungsgericht abgesegnet. Rechtsexperten haben sich bereits gegen Polit-Schacher in Landesverwaltungsgerichten verwahrt; etwa gegen jenen in der Steiermark, wo SPÖ, ÖVP und FPÖ zugegriffen haben.

Es würden keine Günstlinge versorgt, beteuerten Kanzler und Vizekanzler: „Es gab ein objektives Auswahlverfahren und Hearings vor einer Kommission.“ Spindelegger kann „parteipolitischen Einfluss nicht erkennen. Ich habe für niemanden interveniert“. Im Übrigen, ergänzte Faymann, habe „der Bundespräsident das letzte Wort“; der muss die Liste genehmigen. Präsident des Bundesverwaltungsgerichts wird der SPÖ-nahe Harald Perl, bisher Chef des Asylgerichtshofs. Vizepräsident wird der ÖVP-nahe Michael Sachs. Er ist bis dato dem Bundesvergabeamt vorgestanden.

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