Kluft zwischen Gut- und Schlechtverdienern wächst

Kluft zwischen Gut- und Schlechtverdienern wächst
Der Reallohn von Arbeitern sinkt zusehends, die Schere zwischen Frauen und Männern schließt sich kaum.

Die Ungleichheit der Einkommen in Österreich wächst – die niedrigen sinken, die hohen steigen. Arbeiter haben seit 1998 einen Reallohnverlust von 14 Prozent hinnehmen müssen. Zu diesem Ergebnis kommt der am Montag vorgelegte Einkommensbericht 2014 des Rechnungshofs (RH). Der umfangreiche Band wertet Datenquellen für 2012 und 2013 aus.

Und, zweiter Befund des Rechnungshofs: Die Schere zwischen Frauen und Männern bewegt sich kaum, Frauen haben weiter in allen Beschäftigtengruppen einen deutlichen "Einkommensnachteil" (mehr dazu siehe Artikelende).

Rund 4,25 Millionen Personen waren 2013 unselbstständig erwerbstätig, das mittlere Bruttojahreseinkommen betrug 25.767 Euro. Bei Arbeitern lag dieses Medianeinkommen bei 18.662 Euro. Das ist zwar auf dem Papier mehr als 1998 (16.100 Euro) und stellt ein durchschnittliches Plus um ein knappes Prozent dar, rechnet der RH vor. Doch um die jährlichen Inflationsraten bereinigt sank das Einkommen in diesen 15 Jahren um 14 Prozent.

Leichtes Plus für Angestellte, großes für Beamte

Ein leichter Anstieg ging sich für die Angestellten inklusive der Vertragsbediensteten aus. Ihr Medianeinkommen betrug 1998 21.933 Euro und 2013 29.690 Euro, ein Zuwachs um im Schnitt 2,04 Prozent. Inflationsbereinigt ist das um ein Prozent mehr.

Bei den Beamten wird ein massives Wachstum von 30.993 Euro auf 51.408 Euro (plus durchschnittlich 3,43 Prozent bzw. um die Teuerung bereinigt plus 23 Prozent) ausgewiesen. Dies hat allerdings damit zu tun, dass die ÖBB-Bediensteten nicht mehr als Beamte gelten. Außerdem hat sich bei dieser Gruppe der Mittelwert verschoben, da - nicht zuletzt durch den Rückgang der Pragmatisierungen - das Durchschnittsalter der Beschäftigten gestiegen ist, womit sie gemäß Gehaltsschema auch mehr verdienen.

Die Kluft zwischen Gut- und Schlechtverdienern wächst, so die Diagnose des Rechnungshofs: Die niedrigen Einkommen fielen "sehr stark ab", die hohen stiegen, wenn auch "real nur leicht". In Zahlen bedeutet das, dass jener Wert, unter dem die niedrigsten zehn Prozent aller Einkommen ("Dezil") liegen, gesunken ist: von 2.761 Euro auf 2.433 Euro (Bruttojahreseinkommen). Inflationsbereinigt beträgt der Wert überhaupt nur mehr 65 Prozent von 1998. Auch für die untersten 25 Prozent zeigt sich dieser Trend: Inflationsbereinigt sank die entsprechende Grenze auf 81 Prozent des Vergleichswerts von 1998.

Bei den obersten zehn Prozent gab es dagegen eine Bewegung nach oben: Um 39,31 Prozent von 42.590 Euro auf 59.334 Euro stieg der Schwellenwert. Inflationsbereinigt betrug das insgesamt vier Prozent. Das "dritte Quartil" (Anm.: die Grenze zwischen drittem und viertem Viertel), also der Wert, über dem die höchsten 25 Prozent liegen, stieg auf 102 Prozent von 1998.

Daten für Selbstständige veröffentlicht der Rechnungshof nur unter Vorbehalt. Zum einen lägen noch keine Zahlen für 2012/2013 vor, zum anderen seien "aufgrund steuerlicher Besonderheiten die Einkommen von Selbstständigen schwer erfassbar". Deswegen würden diese im Vergleich zu den Bezügen Nichtselbstständiger auch "systematisch unterschätzt".

Zum Einkommensbericht des Rechnungshofs

Kluft zwischen Gut- und Schlechtverdienern wächst

Frauen haben weiter in allen Beschäftigtengruppen einen deutlichen "Einkommensnachteil" gegenüber Männern. Zu diesem Schluss kommt der Rechnungshof (RH) in seinem aktuellen Einkommensbericht 2014. Da nützt es auch nichts, die oft als Hauptursache genannte hohe Frauen-Teilzeitquote herauszurechnen. In Vorarlberg ist die Kluft am größten, in Wien am kleinsten.

2013 betrug das mittlere Einkommen der Frauen 61 Prozent vom Männer-Medianeinkommen (ohne Lehrlinge). Vergleicht man nur ganzjährig Vollzeitbeschäftigte, beträgt die Differenz immerhin noch 18 Prozent (also Frauen verdienen 82 Prozent des Männereinkommens).

Einzig im öffentlichen Dienst ist der Einkommensnachteil geringer. Bei Beamten verdienen Frauen 95 Prozent des mittleren Männereinkommens, bei Vertragsbediensteten 77 Prozent; vollzeitbeschäftigte Beamtinnen bekommen sogar "in etwa gleich viel wie ihre männlichen Kollegen". Wirklich schlecht dagegen sieht es für Arbeiterinnen aus, die insgesamt betrachtet gerade einmal 43 Prozent vom Männergehalt kriegen, Angestellte erhalten 51 Prozent. Die Vollzeit-Schere für Angestellte liegt immerhin noch bei 66 Prozent und für Arbeiterinnen bei 69 Prozent.

Schlecht bezahlte Jobs

Kluft zwischen Gut- und Schlechtverdienern wächst
APA8057778-2 - 30052012 - SALZBURG - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Eine Heimpflegerin der Volkshilfe Salzburg, wäscht einem Klienten am 09. Mai 2012, den Rücken. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Frauen sind auch "überproportional in Branchen mit niedrigem Einkommensniveau tätig", so der Rechnungshof weiter. Nach Branchen (Voll- und Teilzeit) reicht das Spektrum von 54 Prozent ("Sonstige Dienstleistungen") bis zu 81 Prozent (Erziehung und Unterricht). Und in der Gruppe der atypischen Beschäftigungen (u.a. geringfügig, befristete Arbeitsverhältnisse oder Leih- und Zeitarbeit) beträgt der Frauenanteil 70 Prozent. Diese Gruppe aber verdient mit einem Bruttojahreseinkommen von 11.922 Euro im Median nur ein Drittel der Personen mit einem "Normalarbeitsverhältnis". Auch bei den Selbstständigen gibt es eine Gehaltsschere, die mitunter drastisch ausfällt. So verdienen Frauen im Sektor Gesundheits- und Sozialwesen nur 12 Prozent vom Männereinkommen.

Nach Bundesländern betrachtet ist Vorarlberg Schlusslicht in Sachen Einkommensgerechtigkeit: Dort verdienen vollzeitbeschäftigte Frauen nur 71 Prozent vom Männermedian. Den besten Wert ermittelte der Rechnungshof mit 90 Prozent für Wien. Maßgeblich war der Wohnsitz, nicht der Arbeitsort der Personen, weshalb in dieser Auswertung auch der Wert für Gesamtösterreich bei 81 Prozent liegt.

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