Kurz: Fünf Maßnahmen für "Integrationsunwillige"

Integrationsminister Kurz, Vizekanzler Mitterlehner und Kanzler Faymann präsentieren neue Integrationsmaßnahmen
Klausur geht in die zweite Runde. 17. November als Zieldatum für Bildungsreform.

Zweiter Tag der Regierungsklausur in Krems. Die wichtigsten Beschlüsse behandeln Bildung und Integration: Als wichtiger Tag wird sich dabei der 17. November entpuppen: Er ist als Zieldatum für die Bildungsreform festgelegt. Bis zum Sommer sollen die Verhandlungen mit den Ländern über die neuen Verwaltungsstrukturen abgeschlossen sein. Gesetzgebung, Zieldefinition und Kontrolle liegen beim Bund. Im Herbst folgen weitere Anpassungen wie das Lehrerdienstrecht. Alles zusammen soll am 17. November fertig sein.

Zur Ankurbelung des Wohnbaus übernimmt der Bund zudem 500 Millionen Haftung für Mittel aus der EIB, der europäischen Investitionsbank. Damit sollen 5,5 Milliarden Investitionen in den Wohnbau ausgelöst werden.

Heute hat Integrationsminister Sebastian Kurz auch seinen Entwurf eines Integrationspakets präsentiert. SPÖ und ÖVP haben sich im Vorfeld der Klausur auf Maßnahmen gegen "Integrationsunwilligkeit" geeinigt. Das Paket ist das Ergebnis jener Debatte, die die SPÖ-Landeshauptleute Franz Voves und Hans Niessl vor einigen Wochen ausgelöst hatten.

Der Maßnahmen-Katalog umfasst fünf Punkte:

1. Mittel für Sprachförderung im Kindergarten werden ver-3-facht: von 30 auf 90 Mio. €

• Die 15a-Vereinbarung (Vertrag des Bundes mit den Bundesländern) wurde vom Integrationsministerium mit den Ländern fertig verhandelt.
• Die Vereinbarung soll beim Ministerrat im Zuge der Klausur beschlossen werden. Damit kann die 15a-Vereinbarung von den Ländern ratifiziert werden und in Kraft treten. Insgesamt werden für diesen Posten 90 Millionen in den kommenden drei Jahren aufgewendet. Zwei Drittel davon kommen seitens des Bundes. Bisher hatten Bund und Länder je fünf Millionen pro Jahr aufgebracht.

2. Deutsch vor Schuleintritt

• Die Idee der Regierung dahinter: Bildung sichert Chancen im Berufs- und Arbeitsleben und ermöglicht, Teil der Gesellschaft zu sein. Daher sollen Kinder und Jugendliche in der Unterrichtssprache Deutsch gezielt gefördert werden. Schülerinnen und Schüler mit Sprachdefiziten, sind in vorbereitenden Klassen in der Sprache fit zu machen, damit der schnellstmögliche Eintritt in das Regelschulsystem gewährleistet werden kann. Hierbei wird schulautonom auf das Umfeld (Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, Bildungsverbünde von mehreren Schulen in Ballungsräumen etc.) Bedacht genommen.

• Diese Maßnahme wird in die Bildungsreform aufgenommen. Diese soll legistisch innerhalb der nächsten zwölf monate fixiert werden, der Gesamtumbau soll in drei Etappen erfolgen, Zieldatum ist 2025.

3. Stärkung politische Bildung und Wertevermittlung

• Die Vermittlung von allgemein gültigen Werten und Prinzipienals eine der zentralen gesellschafts- und bildungspolitischen Aufgaben.
• Auch diese Maßnahme wird in die Bildungsreform aufgenommen.
• Verankerung der Politischen Bildung als Pflichtmodul ab der 6. Schulstufe (etwa ab zwölf Jahren) im Rahmen des Unterrichtsgegenstandes Geschichte und Sozialkunde / politische Bildung.

4. Verpflichtende Mitwirkung der Eltern (auch Strafen)

• Ziel ist der weitere Ausbau der verpflichtenden Mitwirkung der Eltern/Erziehungsberechtigten. In letzter Konsequenz geht es auch um die Möglichkeit von Strafen durch die Jugendwohlfahrtsbehörden.

5. Anerkennungsgesetz kommt

• Für die Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse werden vereinheitlichte oder aufeinander abgestimmte Verfahren gesetzlich geregelt.
• Das soll noch 2015 erfolgen.

Inhaltlich war am Montag nicht allzu viel weiter gegangen (siehe unten). Wie berichtet hat die Regierung bei den Pensionen mehr Punkte verschoben als abgehakt. Das Klima zwischen den Koalitionspartnern ist dennoch gut, von Streit keine Spur. Beim Abendessen gesellte sich Landeshauptmann Erwin Pröll zur Regierungsrunde, er saß flankiert von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an der Dinner-Tafel. Bei Beiriedschnitte, Zander oder Spargelg'röstl wurde über aktuelle Themen diskutiert. Außenminister Kurz und Sozialminister Hundstorfer etwa vertieften sich in Finessen der Verwaltungsreform, bis Hundstorfer zum ZiB 2- Interview ins TV-Studio musste. Nach dem Abendessen besuchten Pröll und die Regierung noch eine Lokaleröffnung in Krems.

Nach der Steuerreform ist vor den nächsten großen Reformen. Diese Botschaft will die Regierung bei ihrer zweitägigen Klausur in Krems vermitteln. SPÖ-Kanzler Werner Faymann: "Wir wollen den Schwung der Steuerentlastungseinigung mitnehmen." ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner formuliert es so: "Die Steuerreform ist nur der erste Teil eines Pakets, mit dem Österreich moderner wird." Vorerst ist aber nur klar, wann die restlichen Teile den Bürgern zugestellt werden. Was sie bekommen, ist großteils unklar. Auch weil es sich da und dort zwischen den Koalitionspartnern spießt.

Kurz: Fünf Maßnahmen für "Integrationsunwillige"
ABD0068_20150323 - KREMS - ÖSTERREICH: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Montag, 23. März 2015, anl. einer Regierungsklausur in Krems. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT - Special Instructions
Zur Finanzierung der Fünf-Milliarden-Steuerentlastung haben Rot und Schwarz auch Reformen in der Verwaltung, bei Pensionen und in der Bildung zugesagt. Beamtenstaatssekretärin Sonja Steßl werde 20 Verwaltungsneuerungen präsentieren, hatte es vor der ersten Klausurpressekonferenz geheißen. Diese gab es nicht. Weil SPÖ und ÖVP nicht handelseins geworden seien, sagte ein Schwarzer dem KURIER. Die ÖVP würde reformtechnisch viel weiter gehen, die SPÖ wolle das aber nicht, klagen Schwarze. Stimmt nicht, kontern Rote. Die ÖVP blockiere beim Amt der Bundesregierung, mit dem gewisse Dinge (Personal, IT, Fuhrpark) gebündelt werden sollen.

Und so taten die Koalitionsspitzen nur kund, dass es am 23. Juni einen "Verwaltungsreformdialog" mit den Ländern geben werde. Zudem das, was schon in Sachen Steuerreform vereinbart ist: Eine "Kostenbremse" in der Verwaltung. Um maximal 1,7 Prozent (statt 2,7) dürfen die Ausgaben in Bund, Ländern und Kommunen steigen. Damit seien zwischen 2016 und 2020 etwa drei Milliarden Euro einzusparen, sagt Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er wird Ressorts und Ländern Sparsummen vorgeben – wie sie diese erreichen, ist ihnen überlassen.

Kurz: Fünf Maßnahmen für "Integrationsunwillige"
ABD0063_20150323 - KREMS - ÖSTERREICH: Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) am Montag, 23. März 2015, vor Beginn einer Regierungsklausur in Krems. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT - Special Instructions
Noch mehr knirscht es nach wie vor beim Thema Pensionen. Einig sind SPÖ und ÖVP darin, eine Teilpension zu gestatten: Ab 62 Jahren und genügend Versicherungsjahren soll sie möglich sein. Man bezieht Pension, darf aber bis zu 50 Prozent weiterarbeiten. Die Firma bekommt die Sozialversicherungsbeiträge ersetzt. Eines Sinnes sind SPÖ und ÖVP auch darin, das Pensionsmonitoring, das es seit Juli 2014 bereits gibt, gesetzlich zu fixieren. Auch für Beamte wird es ein solches etabliert. Es wird geprüft, ob das faktische Antrittsalter mit den Neuerungen, die vereinbart sind, auf 60,1 Jahre steigt. Im Vorjahr ist es (von 58,4) auf 59 Jahre und acht Monate geklettert.

Pensionszwist

Kurz: Fünf Maßnahmen für "Integrationsunwillige"
Mitterlehner, Pröll, Faymann, Regierungsklausur Krems
Für Kanzler Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer ein gutes Zeichen – und der Beleg dafür, dass keine zusätzlichen Reformen nötig sind. Die ÖVP sieht das anders. "Rascher" sollte das alles gehen, meint Mitterlehner. "Im Vorjahr sind wir bei den Pensionskosten 63 Millionen über dem Voranschlag gewesen." Schon jetzt sei über "Kostendämpfungen" nachzudenken, nicht erst Ende Februar kommenden Jahres – wenn eruiert werde, ob sich das Antrittsalter entwickle wie erwünscht. Bis 29. Februar 2016 (Schalttag) soll feststehen, ob Änderungen nötig sind, sagte Hundstorfer.

Unterschiedlich sind nach wie vor auch die Vorstellungen zum Frauenpensionsalter, das derzeit bei 60 Jahren liegt; jenes der Männer bei 65: Die ÖVP möchte es früher anheben als mit der SPÖ paktiert (ab 2024 in Halbjahresschritten). Ein No-go für die Sozialdemokraten.

Kurz: Fünf Maßnahmen für "Integrationsunwillige"
Nach wie vor Ankündigung bleibt das Bonus-Malus-System für Betriebe: Wer über 50-Jährige beschäftigt, wird "belohnt", wer sie kündigt, wird "bestraft". Dagegen verwahren sich die Wirtschaftsvertreter. Angesichts der von ihnen als "Belastungspaket" titulierten Steuerreform jetzt erst recht. Der Wirtschaftsbund lässt Wirtschaftsbündler Mitterlehner abblitzen. Und so werden, wie der ÖVP-Chef wissen ließ, die Sozialpartner die Sache erneut behandeln. Dabei hatte die Regierung Leitl & Co. die Sache schmackhaft gemacht: Mit einer Lohnkostensenkung (via Familienlastenausgleichsfonds).

Zumindest beim Steuerreform-Fahrplan gibt es Konsens: Bereits diese Woche werden Rot und Schwarz mit den Oppositionsparteien verhandeln. Sie brauchen den Sanktus von Grünen oder Blauen für die Konto-Einsicht der Finanz. Das Bankgeheimnis wird für Betriebsprüfungen ja aufgehoben. Im Juli wird die Steuerreform im Parlament beschlossen.

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