Kurz, Steuern & RH: Regierungsspitze zeigt offen Uneinigkeit

Kern, Mitterlehner: Vom Anfangszauber in die Dissens-Routine
Kurz' Flüchtlingsvorschlag, Maschinensteuer, Rechnungshof sorgen für Dissonanzen im Ministerrat.

"Ich will": Mit diesen Worten hatte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner im Nationalrat die Absicht der ÖVP bekundet, den Personalwechsel an der Regierungsspitze für einen Neustart zu nutzen.

Kaum drei Wochen später ist der "Zauber des Anfangs" (Mitterlehner) verflogen, die Regierung ist in der üblichen rot-schwarzen Routine angekommen. Das Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag geriet erstmals zu einem Streitduell, bei dem sich die Meinungsverschiedenheiten und Sticheleien durch alle Themen zogen.

Beispiel Flüchtlingspolitik. Für Kanzler Christian Kern ist Australiens Umgang mit Flüchtlingen "ganz bestimmt kein Vorbild". Vizekanzler Mitterlehner hingegen nennt den Vorstoß von Außenminister Sebastian Kurz "richtig und notwendig". Kurz will, dass Flüchtlinge im Mittelmeer abgefangen und entweder in Nordafrika oder auf einer Insel interniert werden. Auf diese Weise würde niemand mehr ertrinken, so Kurz. Kern gibt Kurz einen Arbeitsauftrag: Er woll ein "umsetzbares Konzept" für die Internierung und die Rückführung von Flüchtlingen in Nachbarländer sehen.

Sticheln bei Maschinensteuer

Beispiel Maschinensteuer. Kanzler Kern erläuterte vor den Journalisten, dass er es angesichts des zu erwartenden Digitalisierungsschubs für nötig hält, die Finanzierung des Sozialsystems von den Löhnen auf Wertschöpfung zu verlagern. Kern an die Journalisten: "Ich bin neugierig, wie Sie das in eine Schlagzeile bringen. "Ich mache es Ihnen einfacher", stichelt Mitterlehner. "Eine Maschinensteuer ist kein Regierungsthema." Das Argument des ÖVP-Chefs: Damit würden Investitionen in Österreich verhindert beziehungsweise das Auswandern von Betrieben befördert.

Beispiel Rechnungshof. Bekanntlich will ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka gemeinsam mit der FPÖ die Spitze des Rechnungshofs neu besetzen, auch zum Preis, dass die SPÖ überstimmt wird. Im rot-schwarzen Koalitionspakt steht jedoch, dass ein wechselseitiges Überstimmen von SPÖ und ÖVP im Nationalrat einen Koalitionsbruch darstellt. Kern im Pressefoyer: "Wir sind alle gut beraten, die Texte zu lesen." - Mitterlehner: "Ich habe sie schon gelesen."

Einigung

Geeinigt hat sich die Regierung auf eine Arbeitsgruppe: Sebastian Kurz (ÖVP) und Staatssekretärin Munar Duzda (SPÖ) sollen binnen 14 Tagen ein Integrationspaket für Flüchtlinge erarbeiten. Geeinigt hat sich die Regierung auch darauf, dass ausländische Botschaften künftig vom Militär bewacht werden, um die Polizei zu entlasten.

Weiters wurde im Ministerrat die Ausbildungspflicht bis 18 beschlossen.

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