Kaum Beifall für Mikl-Leitners Asyl-Ideen

Johanna Mikl-Leitner
Innenministerin will Erstaufnahmezentren entlasten: Lob aus NÖ, andere Länder skeptisch bis ablehnend.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will das Asylwesen reformieren, bekommt dafür aber wenig Applaus aus den Bundesländern. Denn ihr Vorschlag sieht im Wesentlichen vor, die Flüchtlinge von Anfang an in den Ländern zu belassen, anstatt sie in Erstaufnahmezentren zu schicken. In den Bundesländern hält man, außer in Niederösterreich, davon wenig, will aber reden.

Asyl-Anträge sollen künftig in allen Bundesländern mittels "erster Schnellprüfung" durch die Regionalstellen des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen eingeordnet werden, schwebt Mikl-Leitner vor. Somit würden die Antragsteller "nicht ungeprüft in die derzeit chronisch überfüllten Aufnahmezentren überstellt werden". In Traiskirchen und Thalham würden nur noch Fälle landen, für die Österreich gemäß Dublin-Kriterien nicht zuständig ist. So würde man sich und den Flüchtlingen den "unnötige Transfers" - nämlich vom Land hin zu den Aufnahmestellen und dann wieder zurück in die Länder - ersparen, argumentiert die Ministerin.

Quartiere fehlen

Derzeit allerdings werden Asylwerber ohnehin seltener als eigentlich vorgesehen von Traiskirchen woanders hin transferiert. Es fehlt in etlichen Ländern an Quartieren, die deshalb auch ihre vereinbarten Unterbringungsquoten nicht erfüllen. Die Innenministerin will daher auch gemeinsam mit Ländern und Gemeinden ein "bundesweites stabiles Versorgungsnetz an Unterbringungen" ausarbeiten. Darunter versteht man im Ministerium "fixe Quartiere" und ein "fixes, automatisches System der Verteilung". Und der Bund soll diese Verteilung "bei einem Ungleichgewicht der Quotenerfüllung zwischen den Bundesländern" steuern. All das könnte bereits im Sommer 2015 stehen, hoffte Mikl-Leitner.

Die Reaktionen aus den Ländern klangen aber wenig begeistert. Einzig aus Niederösterreich kam dezidiertes Lob. Der dortige Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) begrüßte den Vorstoß, "weil er die absolute Chance birgt, mittelfristig eine vernünftige Lösung zustande zu bringen". Es sei besser, die Asylsuchenden in überschaubaren Bereichen unterzubringen als in großen Erstaufnahmezentren. Auch der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) freute sich, die Ministerin habe ihre "Blockadehaltung" aufgegeben.

Kaiser zurückhaltend

Zurückhaltend reagierte dagegen Peter Kaiser (SPÖ), Landeshauptmann von Kärnten und derzeitiger Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz: "Wir werden uns die Vorschläge ansehen; Faktum ist aber, es gibt eine aufrechte 15a-Vereinbarung", sagte er, zeigte sich zugleich aber gesprächsbereit: "Es ist klar, dass man in der Causa Traiskirchen etwas machen muss", erklärte der Landeshauptmann. Er will das Thema Asylwesen auch nicht nur innerösterreichisch diskutiert wissen: "Wir müssen auch auf EU-Ebene aktiv werden."

Kaiser plädierte auch dafür, diese "sehr humanitäre Frage" nicht für die Tagespolitik heranzuziehen. "Ich halte nicht viel von einer zu großen öffentlichen Debatte", so der SPÖ-Politiker. Es gehe viel mehr um eine "vernünftige Akkordierung" zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Er verwies in dem Zusammenhang auch auf eine Tagung der Asyl- und Flüchtlingsreferenten der Länder, die am 24. September in Kärnten stattfinden wird.

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) wollte auch gar nicht erst in eine öffentliche Debatte einsteigen: "Dieses höchst sensible Thema ist mit Sicherheit kein Sommerloch-Füller, das ist eine klassische Thematik für die Landeshauptleutekonferenz und sollte dort ausführlich diskutiert werden", hieß es in seinem Büro auf Anfrage der APA.

Absage

Auch der für Asylfragen zuständige Vorarlberger Landesrat Erich Schwärzler sieht eine klare gesamteuropäische Lösung vonnöten. Einer zentralen Verteilung von Asylwerbern auf die einzelnen Bundesländer erteilte er eine klare Absage. Für ihn stelle sich dabei immer noch die Frage nach den Quartieren. Wie der Bund eine fixe Liste erstellen wolle, könne er sich nicht vorstellen. Große Chancen räumte er dieser Absicht auf jeden Fall nicht ein. "Sollte die Innenministerin einen Weg gehen wollen, der Länder und Gemeinden überfährt, wünsche ich ihr viel Glück", sagte Schwärzler, in dessen Bundesland im September gewählt wird.

Auch im Burgenland stießen Mikl-Leitners Pläne auf erste ablehnende Reaktionen: Das Vorhaben sei "ungerecht" gegenüber den östlichen Bundesländern, hieß es aus dem Büro von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). Das Burgenland müsste in Krisenfällen eine nicht zu bewältigende Anzahl an Asylwerbern aufnehmen und versorgen, fürchtet er. Bevor über neue Regelungen diskutiert werde, solle zunächst die bestehende Vereinbarung zur Grundversorgung eingehalten werden.

Kritik

Kritik kam am Sonntag auch von FPÖ und Grünen. Der freiheitliche Parteichef Heinz-Christian Strache forderte, die "Ursache des Problems" sei zu bekämpfen. Die liegt seiner Ansicht nach im "Missbrauch des Asylrechts für die Einwanderung". Die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun sieht ebenfalls ein Grundproblem nicht gelöst, nämlich die ihrer Ansicht nach zu niedrigen Tagsätze für die Flüchtlingsbetreuung. So lange diese nicht "lebensnah" ausgestaltet seien, werde man sich schwertun, genügend und menschenwürdige Quartiere zu schaffen.

Aktuell ist das Ministerium nach eigenen Aussagen übrigens dabei, die Schaffung mehrerer Bundesquartiere in den Ländern vorzubereiten - "für den inzwischen sehr wahrscheinlichen Fall, dass die Bundesländer auch bin Ende Juli nicht aus eigener Kraft eine deutliche Entlastung Traiskirchens herbeiführen können". Auf EU-Ebene dränge sie weiterhin auf die Umsetzung des "Save Live"-Projektes.

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