Spindelegger: "Wahrheit ist zumutbar"

Finanzminister Michael Spindelegger
Der Finanzminister kündigt im KURIER-Interview ein Budget "mit Ecken und Kanten" an. In Sachen Hypo sagt er: "Ich will mir das Geld durch Einsparungen in der Verwaltung holen".

Herr Vizekanzler, wo immer man hinkommt, hört man die gleichen Klagen: Alles wird teurer, Jobs werden rarer, aber die Hypo kriegt das Geld. Und das Schlimmste sei: Die da oben kriegen das alles gar nicht mit.

Spindelegger: Natürlich höre und spüre ich das auch, beim Einkaufen und auf der Straße. Ich verstehe auch den Unmut. Aber als Finanzminister kann ich die Probleme nicht unter den Teppich kehren, die Wahrheit ist zumutbar. Die Verluste lösen sich ja nicht in Luft auf, wenn wir den Kopf in den Sand stecken.

Hätte Ihre Vorgängerin Maria Fekter uns die Wahrheit früher zumuten sollen?

Fekter hat erste Schritte auf EU-Ebene eingeleitet ...

In Deutschland wurde im vergleichbaren Fall der Real Estate 2009 sofort eine Bad-Bank gegründet, bei uns hat das fünf Jahre gebraucht.

Der Unterschied ist, bei uns hat der Staat nicht alle Risken übernommen. Wir wollen, dass auch Kärnten, die Bayern LB und Nachrang-Gläubiger mitzahlen.

Kärntens Grün-Landesrat Rolf Holub sagte jüngst zum KURIER: Maria Fekter habe 2013 unter vier Augen zu ihm gesagt, vor der Wahl greife sie das Thema Hypo nicht an.

Derartiges aus der Vergangenheit bringt uns keinen Schritt weiter. Ich kümmere mich jetzt um eine Lösung für die Zukunft.

Gibt es schon Signale von den Bayern für einen Vergleich der Rechtsstreitigkeiten?

Mir hat sehr gefallen, was der bayerische Ministerpräsident kürzlich dazu gesagt hat: Wenn man will, dass etwas gelingt, soll man nicht öffentlich darüber reden.

Reden Sie schon miteinander?

Mit dem Satz von Horst Seehofer ist alles gesagt.

Was werden Sie den Österreichern sagen, die für die Hypo zahlen müssen, um deren berechtigten Unmut zu dämpfen?

Spindelegger: "Wahrheit ist zumutbar"
Interview mit BM Michael Spindelegger im Finanzministerium. Wien, 20.03.2014
Ich nehme das sehr ernst. Wir arbeiten die Vergangenheit auf, sorgen für Transparenz und ziehen die Lehren aus diesem blauen Debakel. Ich habe mit der Einsetzung einer Untersuchungskommission bereits ein erstes Signal gesetzt. Auf der Homepage des Finanzministeriums werden die 38 gängigsten Fragen, aber auch persönlich gestellte Fragen zur Hypo beantwortet. Drittens bereiten wir strenge Regeln zu Haftungen vor, damit so etwas nicht mehr vorkommen kann.

Der Vorarlberger Landtag hat mit Stimmen der ÖVP die Einsetzung eines U-Ausschusses zur Hypo gefordert. Werden Sie dem Wunsch nachkommen?

Ja zur Aufarbeitung, aber ein Polit-Spektakel trägt nicht dazu bei: Es braucht daher zuerst eine Reform. Entscheiden wird in diesem Fall letztendlich der Nationalrat.

Auch der Kanzler will nun, dass die Einsetzung eines U-Ausschusses ein Minderheitenrecht wird. Sie auch?

Der Kanzler will auch, dass zuerst die Regeln geändert werden, damit ein U-Ausschuss nicht wieder zum Tribunal wird. Wenn man das tut, kann man auch über ein Minderheitenrecht reden.

Wann wird der U-Ausschuss neu kommen?

Bleiben wir realistisch, aus langjähriger Erfahrung im Parlament weiß ich, dass die Änderung der Verfahrensordnung Monate braucht.

Ende des Jahres will die Untersuchungskommission ihren Bericht vorlegen. Soll es gleich danach einen U-Ausschuss geben?

Das ist Sache des Parlaments.

Das ist eine formale, aber keine politische Antwort.

Ich bin da für eine saubere Trennung der Kompetenzen zwischen Regierung und Parlament.

Sie planen, nicht nur die Hypo bei der ÖIAG anzusiedeln, sondern sie gänzlich umzukrempeln. Wird die ÖIAG für 2,6 Milliarden die Anteile der Republik am Verbund ankaufen?

Wir wollen das Beteiligungsmanagement des Bundes neu aufstellen. Dazu laufen Gespräche mit dem Koalitionspartner über viele Fragen, entschieden ist aber noch nichts. Fix ist, dass ich will, dass die ÖIAG auch Risikokapital für Unternehmensgründungen erhält. Weil die Banken mit immer strengeren Vorgaben wie Basel III zu kämpfen haben, soll hier die ÖIAG zusätzlich einspringen.

Heißt ÖIAG neu auch ein neues Management?

Wenn diese Aufgaben so kommen wie geplant, brauchen wir eine breitere Managementebene, das heißt aber nicht Rückkehr zum Proporz, sondern professionelle Suche nach dem Besten.

Am Freitag haben die letzten Minister die Zahlen fürs Budget abgeliefert. Der prominente Wissenschaftler Anton Zeilinger befürchtet eine Kürzung der Forschungsausgaben. Zu Recht?

Die Wissenschaftsszene muss sich keine Sorgen machen. Wir werden eine ausreichende Finanzierung der Forschung und Universitäten sicherstellen. Mehr werde ich vor der Budgetrede am 29. April noch nicht sagen.

Wann kommt die versprochene Verwaltungseinsparung – und das Amt der Bunderregierung, das leichtere Versetzung von Beamten möglich macht?

Das wird wie geplant 2016 kommen. Die Vorbereitungen laufen schon.

Sie haben ein Sparpaket nicht ausgeschlossen, schließen Sie, so wie Wilfried Haslauer auch, die Erbschaftssteuer nicht aus?

Ich werde in meinem Budget zeigen, dass wir die Lasten, die durch das blaue Hypo-Debakel entstanden sind, so aufteilen, dass wir nicht Leistungen für die Bürger streichen, sondern uns das Geld durch Einsparungen in der Verwaltung holen. Da wird es quietschen und krachen, es wird Ecken und Kanten auch in den einzelnen Ressorts geben. Wenn der Staat mit weniger Geld auskommen muss, muss ich auch Strukturreformen machen.

Kommt statt eines Sparpakets ein Ersparpaket?

Das ist der Grundsatz, nach dem ich das Budget angelegt habe.

Warum wehren Sie sich so sehr dagegen, eine Erbschaftssteuer einzuführen, die auch in Ländern wie der Schweiz oder den USA selbstverständlich ist, die nicht unter Sozialismus­verdacht stehen?

Weil ich Österreich kenne: Wenn eine neue Steuer eingeführt wird, ist das die beste Ausrede, um nicht einzusparen. Ich will die Steuerlast nicht erhöhen.

Eine grundsätzliche Diskussion über eine Steuerreform ohne Tabus ist für Sie vorstellbar?

Ich will eine Steuerstrukturreform, dazu braucht es eine breite Diskussion. Momentan kann ich keine Steuersenkung versprechen, da wir nicht das Geld dafür haben. Aber am Ende einer solchen Debatte sollte eine Entlastung bei den Einkommenssteuern stehen.

Frage an den Parteichef: Wie geht es der ÖVP?

Wir haben schon bessere Zeiten erlebt. Ich sehe, dass es eine inhaltliche Weiterentwicklung und eine bessere interne Kommunikation braucht. Schritte in diese Richtung sind bereits eingeleitet, das werden wir jetzt breit in der Partei diskutieren. Das Ergebnis werden wir am Parteitag 2015 vorstellen.

Inklusive einer Strategie über den Umgang mit dem neuen Herausforderer Neos?

Auch die Frage der Neos müssen wir angehen, weder mit hinprügeln noch umarmen, sondern mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung. Im EU-Wahlkampf machen wir den Anfang: Wir haben klare Positionen, nicht wie die Neos, die wollen, dass Russland oder Türkei Mitglied der EU werden.

Egal wie die Europawahlen ausgehen, Sie bleiben Finanzminister, Vizekanzler und ÖVP-Chef ?

Ich bin das gerne und weiß um die Herausforderung.

Mit der Dreifachbelastung wollen und werden Sie weiterleben?

Ich sehe, dass es notwendig ist, diese drei Funktionen miteinander zu verbinden. Wer glaubt, das kann man so einfach trennen, der irrt sich. Entscheidend ist, dass wir als ÖVP etwas weiterbringen.

Kommentare