750 Steuermillionen von "Reichen"

Symbolbild
Koalition sucht dringend Ersatz für von Häupl abgesagte Millionärssteuer.

Schon bei der ersten Steuerreform-Verhandlungsrunde am 17. Dezember hatte sich VP-Chef Reinhold Mitterlehner kompromissbereit gezeigt. "Wir bleiben, was die konventionellen Steuern bei Vermögen, Erbschaft, Schenkung angeht, bei unserer Linie, aber wir brauchen auch Spielraum für Neues", sagte er damals. Das "Neue" scheint jetzt gefunden:

KeSt steigt Die 25 Prozent auf Dividenden sowie Erträge aus Aktien- und Immobilienverkäufen könnten auf 30 Prozent steigen. Das zeigen regierungsinterne Pläne. Nach diesen Informationen bringt das 750 Millionen Euro und hat das Potenzial den gordischen Knoten zwischen Rot und Schwarz zu zerschlagen.

Zwei Gewinner Denn: Die höhere Kapitalertragssteuer (KeSt) auf Dividenden hat die SPÖ selbst ins Spiel gebracht. So können die Sozialdemokraten einen "gerechten Beitrag der Reichen" zur Entlastung argumentieren. Dass damit auch geringer Aktienbesitz bestraft wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Volkspartei wiederum kann ihrer Linie treu bleiben, dass mit ihr keine neuen Steuern eingeführt werden. Schließlich gibt es die Kapitalertragssteuer auf Dividenden seit 1993 und jene auf Aktienkursgewinne bzw. Immobilienerträge seit 2012.

Zinsen unangetastet Bei dieser Vermögenszuwachssteuern dürfte nur die Kapitalertragssteuer auf Zinsen nicht erhöht werden. Ihre Erhöhung würde nicht nur wenig einbringen, weil das Zinsniveau historisch tief ist. Zudem will sich niemand einen Raubzug bei den kleinen Sparern vorwerfen lassen.

Einen Haken hat die Sache noch. Die Kapitalertragssteuer, egal, ob auf Zinsen oder Dividenden, ist verfassungsrechtlich an den Höchststeuersatz gebunden. Die Kest darf nur die Hälfte des Spitzensteuersatzes von 50 Prozent ausmachen.

Zwei Lösungen sind hier denkbar: Entweder bekommt die Regierung im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Änderung der Bestimmung, oder der Höchststeuersatz muss eben auf 60 Prozent steigen.

Top-Verdiener Auch dafür wird eine Lösung ventiliert: Man führt die 60 Prozent erst ab einem Jahreseinkommen von einer Million Euro ein. Diesem Ansatz können der frühere VP-Finanzsprecher Günter Stummvoll wie auch Nationalbank-Präsident Claus Raidl etwas abgewinnen. Raidl jüngst im Format: "Das träfe nicht viele, aber die SPÖ hätte ihre Millionärssteuer."

Stummvoll, Sprecher der Plattform "Der Mittelstand", flankiert von Steuerberater-Präsident Klaus Hübner und Budgetexperte Gerhard Lehner, erneuerte am Freitag vor allem das Nein zu einer Erbschaftssteuer. Die Experten bezweifeln massiv, dass hier 500 Millionen zu holen wären. Auch die Vergleiche mit Deutschland und der Schweiz seien "ärgerlich". Diese Länder hätten zwar Erbschaftssteuern, aber insgesamt viel niedrigere Steuerquoten. Stummvoll: "Hier wird Volksverdummung betrieben."

Hübner und Lehner sekundierten: Nachhaltig könne die Steuersenkung nur durch ausgabenseitige Reformen gelingen. Daher sei eine Etappenlösung wahrscheinlich. Hübner: "Sonst diskutieren wir in zwei Jahren über das nächste Belastungspaket."

Ein Treffen von ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner, Finanzminister Hans Jörg Schelling sowie den Landeshauptleuten Josef Pühringer (OÖ) und Markus Wallner (Vbg) sollte am Freitag den Weg zur Steuerreform ebnen. Nach vier Stunden gingen die ÖVP-Granden auseinander, Details wurden nicht genannt. Für Mitterlehner war das Treffen „sehr konstruktiv“. Die Inhalte bekommt die SPÖ in den nächsten Tagen, „damit wir über die gleichen Grundlagen sprechen“, sagte Mitterlehner. Am 8. März wird in großer Runde zwischen SPÖ und ÖVP „über die Substanz“ weiterverhandelt. Der Steuerreform-Sack soll dann zugemacht werden.

Die ÖVP sucht einen Kompromiss im Streit um die Gegenfinanzierung der Fünf-Milliarden-Entlastung. Als Scharfmacher gegenüber der SPÖ gilt Schelling, er will die Milliarden-Entlastung ohne neue Steuern finanzieren. Nach dem Abrücken der SPÖ von Vermögenssubstanzsteuern (vulgo „Reichensteuer“) werden jetzt die Vermögenszuwachssteuern unter die Lupe genommen, schließlich muss auch die SPÖ einen Erfolg zu verkaufen haben. Die ÖVP verlangt dafür aber Reformzusagen, vor allem bei Pensionen.

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