Kärntner Finanzloch: Tickende Millionen-Bombe

Peter Kaiser nimmt Bund in die Pflicht: "Muss das Seinige beitragen."
Kärnten braucht dringend frisches Geld und fürchtet Eintreibung alter Steuerschuld. Krisen-Gipfel in Wien.

Am Dienstag traf sich die Kärntner Landesregierung zu einer streng geheimen Sitzung in Klagenfurt. Am Programm stand die Entwicklung einer Strategie, wie man am kommenden Donnerstag beim Canossagang ins Bundeskanzleramt vorgehen soll. Für Kärnten steht viel am Spiel. Am 1. April verhängte Finanzlandesrätin Gaby Schaunig einen Zahlungsstopp, weil Kärntens Landeskassen leer sind. 4,8 Milliarden Euro Schulden hat Kärnten. Wann die dringend benötigten rund 250 Millionen Euro fließen, ist unklar. Bevor die Bundesfinanzierungsagentur den Kredit für Kärnten bewilligt, muss ein knallharter Refinanzierungsplan her. Die endgültigen Konditionen (hier kursieren Gerüchte von sehr hohen Risikoaufschlägen bis zu noch härteren Einschnitten bei den Budgetvorgaben) sollen bei einem Gipfeltreffen am 23. April im Bundeskanzleramt beschlossen werden. Und natürlich liebäugelt Finanzminister Hans Jörg Schelling auch mit den 500 Millionen im Zukunftsfonds.

Harte Konditionen

Ungewöhnlich für dieses Krisentreffen: Neben der Keniakoalition unter Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ, ÖVP und Grüne) sind auch die Landesräte Christian Ragger (FPÖ) und Gerhard Köfer (Team Stronach) geladen, die nur auf Grund des Proporzsystems in der Kärntner Landesregierung sitzen. Für Insider ein deutliches Zeichen, dass von der Landesregierung Kreditkonditionen verlangt werden, die eine breite politische Unterstützung benötigen.

Finanzminister Hans Jörg Schelling verlangte schon mehrmals, dass Kärnten einen Beitrag für das Hypo-Debakel leisten muss. "Dazu sind wir auch bereit und haben es auch schon gezeigt, etwa als wir 77 Millionen für die Haftungen der Pfandbriefstelle beisteuerten", meint Landeshauptmann Peter Kaiser. Doch das, so prognostiziert der Grüne Landesrat Rolf Holub, wird dem Bund nicht genug sein. Holub befürchtet, dass Schelling am Verhandlungstisch ein altes Faustpfand auspacken könnte. Denn seit 2007 schwellt ein Steuerstreit zwischen Kärnten und dem Bund. Es geht wie immer um Kärntens eiserne Geldreserven – die 500 Millionen im Zukunftsfonds. Der Fiskus meint, dass die Landesholding, die den Zukunftsfonds errichtet hat, keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern voll steuerpflichtig ist. Somit würden 25 Prozent Körperschaftsteuer anfallen – macht stolze 123 Millionen Euro.

123 Mio. pfänden?

Das Finanzministerium kann die 123 Millionen mit einem Feststellungsbescheid einfordern, und dann dem Zukunftsfonds den Exekutor ins Haus schicken. "Die Landesholding kann dann nur einen Antrag auf Hemmung oder aufschiebende Wirkung beantragen", sagt Holub. Ob diesem Antrag auch stattgegeben würde, ist aber unsicher.

Rechtlich gesehen, meint Holub, könnte das Finanzministerium damit durchkommen. Denn über den Verkauf der Hypo, die damals eine 100-prozentige Tochter der Landesholding war, wurde im Landtag nie abgestimmt. "Jörg Haider meinte damals, das sei nicht nötig, da die Landesholding nicht dem Land zuzurechnen sei", schildert Holub. Für Kärnten wäre das eine Katastrophe. "Mit diesem Schritt würde der Finanzminister die Negativspirale der Finanzierung noch weiter nach unten treiben. Das Rating von Kärnten würde sich nochmals verschlechtern. Offenbar will man wirklich den Konkurs von Kärnten", befürchtet auch Landesrat Christian Ragger.

Seit Montag liegt die erste Klage gegen das Land Kärnten bzw. die Kärntner Landesholding auf Auszahlung der Bürgschaft für eine Heta-Anleihe vor, die unter das FMA-Moratorium fällt. Die HMLK Rechtsanwälte haben für ein deutsches Finanzinstitut einen einstelligen Millionenbetrag beim Landesgericht Kärnten eingeklagt. Ihr Argument: Das Zahlungsmoratorium für die Heta gilt nicht für den Bürgen.

Basis ist ein Gutachten des Grazer Professors Johannes Zollner, sagte Rechtsanwalt Ingo Kapsch am Freitag im Gespräch mit der APA. Dieses komme zu dem Schluss, dass die Ausfallsbürgschaften unmittelbar geltend gemacht werden können, auch wenn es ein Zahlungsmoratorium der Finanzmarktaufsicht FMA gibt. Haftungsbeschränkungen, die das Vermögen des Hauptschuldners dem Zugriff des Gläubigers entziehen, gelten nicht für den Bürgen, so laut Kapsch die gängige Rechtssprechung in Österreich. Da das Moratorium die Zahlungsverpflichtung der Heta nicht grundsätzlich in Frage stellt sondern nur aufschiebt, sei nun der Bürge in der Ziehung.

Kein Konkursverfahren

Das Bankenabwicklungsgesetz (Basag) schreibe vor, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf als in einem Konkurs. Nach Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) könne man aber auf den Bürgen zugreifen, wenn über den Schuldner ein Konkursverfahren eröffnet wurde. Hätte es also ein Konkursverfahren gegen die Heta gegeben, könnten die Gläubiger auf die Bürgen zurückgreifen - und laut Basag dürfen sie nicht schlechter gestellt werden als in diesem Fall, argumentiert Kapsch weiters. Es gebe auch die Rechtsmeinung, das dies auch im Sanierungsverfahren und bei einem Moratorium gelte. Es gebe auch Entscheidungen, dass man auf Bürgen zurückgreifen kann, wenn ein eigenkapitalersetzendes Darlehen wegen Problemen der Firma gesperrt ist.

Kapsch hat bereits Anfang April vom Land die Rückzahlung der Heta-Anleihe an seine Mandantin gefordert. Im Antwortschreiben argumentiert die Kanzlei Hausmanniger Kletter in Vertretung des Landes, dass die Auszahlung der Anleihe mit dem Moratorium verschoben wurde und damit noch nicht fällig sei. Da es keine Zahlungsverpflichtung der Heta gebe, könne überhaupt keine Zahlungsverpflichtung der Bürgin bestehen.

Kapsch hofft mit seiner Klage in 15 bis 18 Monaten beim Höchstgericht zu landen, da es eine reine Rechtsfrage ohne Beweisverfahren sei. Das FMA-Moratorium läuft zwar am 31.5.2016 aus, aber "es besteht ja die Möglichkeit, dass das Moratium verlängert wird", meint Kapsch. Es geht um eine Hypo-Anleihe, die am 20. März 2015 fällig geworden wäre.

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