Wohnpolitik spiegelt Klassenzimmer wider

Wohnpolitik spiegelt Klassenzimmer wider
Der Wiener Stadtschulart fordert mehr Geld und eine Veränderung der Wohnpolitik.

Der am Montag vorgestellte Integrationsbericht 2014 zeigt laut Sebastian Kurz, Minister für Integration, und Uni-Professor Heinz Faßmann, eines ganz deutlich: "Die Integration hat in Österreich Tritt gefasst". Das Klima für Integration ist besser geworden und das Zugehörigkeitsgefühl der Zuwanderer ist gestiegen. Dennoch, so der Vorsitzende des Expertenrates für Integration Faßmann im Ö1-Morgenjournal, gebe es noch genügend Hürden. Problematisch ist es vor allem in Schulen, in denen kaum noch Kinder mit Deutsch als Muttersprache sitzen, wie in einigen Schulen in Wien.

In den Wiener Pflichtschulen haben bereits mehr als die Hälfte der Kinder einen Migrationshintergrund. In den Bezirken Margareten, Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring und Brigittenau sind nach Manfred Pinterits vom Wiener Stadtschulrat die Kinder mit Deutsch als Muttersprache häufig in der Minderheit. Es sei aber keine gezielte Zusammenlegung der Klassen, sondern vielmehr ein Spiegelbild der Wohnsituation in Wien, erklärt Pinterits.

"Wenn in einer Region Menschen wohnen mit anderen Sprachen, aus anderen Kulturen, dann haben die auch das Recht, sie gehen auch dort in die Schule."

Könnte der Stadtschulrat auf eine bessere ethnische Durchmischung der Klassen achten? Für den Sprachförderungsexperten im Wiener Stadtschulrat sei die Wohnpolitik der Stadt Wien für die Situation verantwortlich. Die Schulpolitik könne nur auf das reagieren, was sie in der Region vorfindet und das sei eben eine multikulturelle Umgebung, wobei Kinder mit deutscher Muttersprache in der Unterzahl seien.

Finanzielle Mittel

Es kommt wie es kommen muss: Beim Geld scheiden sich die Geister. Um die Lage verbessern zu können, bräuchte man für die Schulen in den betroffenen Bezirken mehr Kapital. Mehr Lehrkräfte, Personen mit Expertenwissen wie Sozialarbeiter, Psychologen, etc. wären nötig, so Pinterits. Die Schulen könnten mit mehr finanziellen Mitteln zu Schwerpunktschulen für Sprachen aufgewertet werden. Dies würde dazu führen, dass Eltern von Kindern mit deutscher Muttersprache mehr Interesse an diesen Schulen hätten. Als Beispiel erwähnt Pinterits die Europäische Mittelschule: "Da werden Sprachen der Migration, also nicht mehr die traditionellen Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, im Unterricht präsent gemacht, auch als Arbeitssprache."

Aber nicht nur mehr Geld, auch eine Änderung der Politik fordert der Sprachförderungsexperte des Wiener Stadtschulrats. Die Stadt Wien müsse die Wohnpolitik ändern, der Bund das Schulsystem hin zu Gesamtschule und Ganztagsschule reformieren, so Manfred Pinterits.

Strache für "Deutsch-Lernklassen"

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht sich nach der Präsentation des Integrationsberichts bestätigt: Es brauche "Deutsch-Lernklassen" und eine Begrenzung des Ausländeranteils in den Klassen, meinte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Bei fehlender Integration sollten Zuwanderer abgeschoben werden, bekräftigte er.

Positiv am Integrationsbericht seien die empfohlenen Maßnahmen, die die FPÖ seit Jahren fordere, meinte Strache, und diese "erkennt jetzt auch der Expertenrat vom Herrn Kurz". Man müsse vor dem Regelunterricht die deutsche Sprache beherrschen und dazu brauche es gezielte Vorbereitungsklassen - das sei zum Vorteil aller Kinder, betonte Strache.

Auch dass Heinz Faßmann von einem "ethnischen Mix" in Klassenzimmern gesprochen hat, bestärkt Strache: Gerade in Wien gehe der Anteil der Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache oft gegen 100 Prozent. Der FPÖ-Chef erinnerte dazu an die Forderung aus dem Ausländer-Volksbegehren "Österreich zuerst" aus den 19990ern nach einer Begrenzung des Ausländeranteils auf 30 Prozent.

FPÖ: Kurz nicht der Richtige

Der Integrationsbericht sei ein Impuls, diese Maßnahmen im Bildungsbereich "ernsthaft und sachlich" zu diskutieren, hofft Strache. Bei Minister Kurz erkenne er aber nicht die notwendige Entschlossenheit, das umzusetzen.

Dass sich Kurz künftig mehr um EU-Bürger kümmern will, hält der FPÖ-Chef für eine "Vernebelung": Bei diesen Zuwanderern, die aus demselben Kulturraum stammten, gebe es nämlich nach Überwindung der Sprachbarriere eigentlich keine Probleme mehr. Schwierigkeiten gebe es dagegen vorwiegend mit Zuwanderern aus der Türkei, findet Strache.

Zu einem vollständigen Integrationsbericht müssten für Strache deshalb auch Konsequenzen definiert sein, was passiert, wenn sich jemand nicht integriere. Man wolle, dass Zuwanderer erst nach ein paar Jahren, die sie in Österreich gearbeitet haben, Zugang zu allen Sozialleistungen wie Familienbeihilfe haben. Außerdem wünscht sich Strache eine "sektorale Schließung" für Zuwanderer bei Branchen mit hoher Arbeitslosigkeit. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung oder auch bei Langzeitarbeitslosigkeit müssten Zuwanderer die Aufenthaltsberechtigung verlieren, meinte Strache. Solche Abschiebungen forderte er "in erster Linie für Drittstaatsangehörige", aber auch innerhalb der EU solle man zumindest verhandeln, findet er.

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